Interviewreihe "Der Rechtsstaat ist nicht selbstverständlich"

Bonn · Drei Fragen zur Demokratie: Förderer der Bonner Tage der Demokratie antworten. In diesem Teil: Stefan Weismann, Präsident des Bonner Landgerichts.

Warum machen Sie bei den Bonner Tagen der Demokratie mit?

Stefan Weismann: Die Errungenschaft unseres heutigen freiheitlich demokratischen Rechtsstaates wird von vielen als Selbstverständlichkeit wahrgenommen. Das ist ein gefährlicher Irrtum. Denn Demokratie lebt von Beteiligung, ist oft mühsam und langwierig. Deshalb muss man immer wieder für sie werben und an das alte Sprichwort erinnern: „Von allen schlechten Staatsformen ist die Demokratie die beste.“ Gerade in Zeiten von Social Media und Fake News sind Engagement und Interesse der Bürgerinnen und Bürger für ihren Staat und ihre Gesellschaft unabdingbare Voraussetzung für ein Leben in Frieden, Freiheit und sozialer Gerechtigkeit.

Was ist für Sie das Wichtigste beim Thema Demokratie?

Weismann: Mitbestimmen heißt auch Verantwortung übernehmen, sich um seine Angelegenheiten und die der Gesellschaft kümmern. Beteiligung einfordern und sich informieren ist die Grundvoraussetzung für gelebte Demokratie. Dadurch entsteht ein Gefühl für die berechtigten Interessen anderer. Gerade in einer Zeit der Selbstverwirklichung und Selbstoptimierung ist der Perspektivwechsel notwendig. Denn ein funktionierender Staat, in dem sich alle, oder jedenfalls die weit überwiegende Mehrheit, frei und wohl fühlt, kann nur dann dauerhaft bestehen, wenn die Fähigkeit zum Interessenausgleich bei den Bürgern tief verankert ist.

Bonn und Demokratie – was fällt Ihnen dazu ein?

Weismann: In Bonn wurde die Basis für unseren sozialen demokratischen Rechtsstaats nach den furchtbaren Zeiten der Finsternis unter der nationalsozialistischen Schreckensherrschaft geschaffen. In Rhöndorf wurde durch Konrad Adenauer und Charles de Gaulle die deutsch-französische Freundschaft begründet und damit der Grundstein für die – trotz aller Mängel – großartige Europäische Union gelegt.

Für die Veranstaltung „Lebendiges Grundgesetz: Männer und Frauen sind gleichberechtigt“ am 8. Mai stellt das Landgericht die Räumlichkeiten zur Verfügung. Die Veranstaltung ist bereits ausverkauft.

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