"Beharrliches Nachstellen" ist strafbar Der Stalker will Macht und Kontrolle

Stalking - das ist das wiederholte Verfolgen und Belästigen eines Menschen. Ein Stalker handelt mit Absicht, bedroht die Sicherheit seines Opfers und beeinträchtigt dessen tägliches Leben schwer. Seit dem Frühjahr 2007 ist das "beharrliche Nachstellen" strafbar. Dennoch sind die Opfer stark gefordert. Und zwar so stark wie bei keinem anderen Gesetz.

 Irmgard Küsters

Irmgard Küsters

Foto: Ronald Friese

Denn die Beweislast liegt erst einmal bei ihnen. Ein weiteres Problem: "Es müssen verschiedene Tatbestandsmerkmale erfüllt werden", erklärt Irmgard Küsters, Opferschützerin bei der Bonner Polizei. Und zwar alle - sonst hat man keinerlei Handhabe.

Zum einen muss der Täter unbefugt vorgehen. Soll heißen, dass die Kontaktaufnahme gegen den Willen des Opfers geschieht. Dafür aber muss es tätig werden: "Es ist wichtig, dass klar ausgesprochen oder schriftlich mitgeteilt wird, dass man keinen Kontakt möchte", erklärt die 51-Jährige. Hinzu kommt die Beharrlichkeit. Nur wenn der Täter dem Opfer wiederholt nachstellt und damit das normale Maß des Erträglichen übersteigt, ist er ein Stalker. Das betrifft sowohl SMS und Briefe als auch Anrufe, Geschenke, Rosen an der Windschutzscheibe oder die Kontaktaufnahme über Freunde und Familie. Auch hier muss das Opfer aktiv werden - und zwar gleich doppelt. Zum einen muss es dem Stalker mitteilen, dass es zu viel ist, dass keine weiteren E-Mails oder ähnliches gewünscht sind. Zum anderen sollte es alles lückenlos dokumentieren. Das heißt, dass alles aufgehoben wird, was geht. Und dass Dinge wie Anrufe, Besuche, Auflauern oder im schlimmsten Fall Todesdrohungen in einen Kalender eingetragen werden.

Trotzdem aber ist dieser Teil nicht das Problem. "Das ist alles relativ leicht nachzuweisen", sagt Küsters. Schwieriger wird es bei der "erheblichen Beeinträchtigung der Lebensführung". Denn nur wer zusätzlich sein Leben verändert, gilt offiziell als Stalkingopfer. Das ist zum Beispiel gegeben, wenn man in eine andere Wohnung zieht, die Telefonnummer ändert oder den Arbeitsplatz wechselt. Wer Angstzustände hat, nachts nicht schlafen kann oder sich ständig belästigt fühlt, gilt hingegen nicht als beeinträchtigt.

Doch es gibt noch einen anderen Weg, gegen die Täter vorzugehen, sagt Küsters. So können Opfer beim Amtsgericht eine Gewaltschutzanordnung beantragen. "Dafür ist es unerheblich, ob die Lebensführung beeinträchtigt wurde", erklärt die Opferschützerin. Wird dem stattgegeben, gilt ein Kontakt- und Annäherungsverbot - befristet oder unbefristet. Damit ist jeder Vorstoß, den der Stalker unternimmt, eine Straftat nach dem Gewaltschutzgesetz. Die Folge: Das Opfer hat die Möglichkeit zur Anzeige. Und sollte das Gericht und die Polizei informieren.

80 Prozent der Stalker sind männlich

80 Prozent der Täter sind männlich, zwölf Prozent der Frauen werden im Lauf ihres Lebens mindestens einmal gestalkt, sagt Küsters. Für sie gilt eine - wenn nicht die wichtigste - Regel: "Der Stalker muss komplett ignoriert werden." Kein abschließendes Gespräch, keine Antwort auf SMS. Hat man mitgeteilt, dass man den Kontakt nicht wünscht, muss der endgültige Schlussstrich gezogen werden. Das sollte auch am Arbeitsplatz, in der Familie, in der Nachbarschaft und im Freundeskreis mitgeteilt werden. Häufig versuchen die Täter, über Dritte Kontakt aufzunehmen. Und: "Sie drehen die Tat um und schmeicheln sich bei den Bekannten ein", warnt Küsters.

Was einfach klingt, ist es nicht immer. Denn der Stalker kann zwar ein völlig Unbekannter sein, meistens aber hat es vorher irgendeine Form der Beziehung gegeben, teilweise sind Kinder im Spiel. Häufig hat das Opfer ihn verlassen oder abgewiesen. Das zieht den Psychoterror nach sich. So will der Verschmähte Macht und Kontrolle über sein Opfer erlangen. "Er möchte entscheiden, wie es seinem Opfer geht", erklärt Küsters. Rache ist ein Motiv, Liebeswahn ein anderes. Schwierig ist es für die Frauen auf jeden Fall. "Oft erhalten sie ambivalente Nachrichten, Liebesschwüre wechseln sich mit Beschimpfungen ab. Das kann sich auch mehrmals am Tag ändern", erzählt Küsters. Gefährlich ist es in jedem Fall: "Bei Stalking besteht immer auch die Gefahr körperlicher und sexueller Angriffe." Dennoch: "Stalker sind nicht pathologisch krank. Sie wissen genau, was sie tun", betont Küsters. Ein wichtiger Aspekt. Wäre der Täter krank, wäre er nicht schuldfähig.

Kontakt zu den Opferschutzbeauftragten der Bonner Polizei, Irmgard Küsters und Klaus Schmitz unter 02 28/15 20 20 oder per Mail an opferschutz.bonn@polizei.nrw.de

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