"Der Straßenstrich muss endlich weg"

Universität, Telekom und andere Unternehmen fühlen sich massiv vom Rotlichtmilieu belästigt und bedroht - Anlieger werfen Stadt vor, trotz Zusagen keinen alternativen Standort anzubieten

Weststadt. (ga) Gestandene Männer und Frauen haben Angst vor den Zuhältern. Frauen und Mädchen fühlen sich tagtäglich massiv von Freiern und Prostituierten belästigt, Eltern lassen ihre Kinder nur per Fahrdienst zur Stadtbahnhaltestelle bringen.

Diesen emotionalen Schilderungen der Anlieger Am Propsthof und der Gerhard-Domagk-Straße - Geschäftsleute, Vertreter der Universität, der Telekom und des Technischen Hilfswerks (THW) - war am Mittwoch aber vor allem die Wut über die Stadtverwaltung überdeutlich anzumerken: "Die Stadt muss endlich handeln und wie vor Jahren zugesagt den Straßenstrich verlegen", forderte dem GA gegenüber am Mittwoch stellvertretend der Anwalt eines Unternehmers, die beide wie alle Anliegersprecher nicht mit Namen in die Zeitung wollen.

Zu groß ist mittlerweile die Angst, nachdem Zuhälter einzelne von ihnen auch mit Waffengewalt bedroht haben.

Die Stadt hatte den Straßenstrich in diese Gegend gelegt, schon lange bevor die Telekom in den 90er Jahren dorthin zog. Am Propsthof ist der Straßenstrich mittlerweile von 20 bis 6 Uhr, in der Domagk-Straße ganztägig erlaubt - dort, wo die Universität mit ihren chemischen, pharmazeutischen und weiteren Instituten sitzt.

"Bis zu 2 500 Menschen gehen hier täglich ein und aus", sagte eine Chemie-Studentin. Sie selbst hat - wie viele andere Kommilitoninnen - schon erlebt, dass Freier sie aus dem Auto heraus ansprachen, weil sie Sex mit ihr haben wollten.

Die drogenabhängigen Prostituierten würden sich das Heroin auch auf den Toiletten des Instituts spritzen, sagte die Studentin und zeigte ein Foto mit einem Blutfleck an einer Toilettenwand im vierten Stock. "Wir haben Angst um unsere Gesundheit."

Angst hat auch ein Mitarbeiter der Telekom, der unauffällig Beweisfotos für die Stadt von einem Zuhälter und zwei Prostituierten im Sperrbezirk machen wollte. Der Zuhälter verfolgte ihn daraufhin bis in die Tiefgarage der Telekom; dort gelangte er an das Fotohandy des Mannes und somit auch an Daten anderer Anlieger.

Einer von ihnen bekam eine halbe Stunde später einen Drohanruf. "Unter den 2 100 Telekom-Mitarbeitern gab es 2007 eine Unterschriftenaktion gegen den Straßenstrich", der größer als früher und mittlerweile kriminell sei, so der Telekom-Mann. "Doch die Stadt reagierte wieder nur mit der Antwort, dass sie einen neuen Standort mit Hochdruck suche."

Wie der GA berichtete, sagte Stadtdirektor Volker Kregel nun, dass der jetzige Standort das geringste Übel darstelle. Das Ordnungsamt verweist auf intensive Kontrollen und darauf, dass Bonn nicht nur einen Straßenstrich anbieten muss, sondern dass die Frauen dorthin mit öffentlichen Verkehrsmitteln gelangen müssen. Auch müsse die Sicherheit der Prostituierten gewährleistet sein.

Solche Aussagen verwundern die Anlieger, die sich durch herumliegende Drogenspritzen und verbale Attacken des Milieus nicht minder gefährdet fühlen. Vor allem die Jugendlichen der städtischen Förderschule Am Propsthof und die des THW, das in der Gegend Jugendarbeit anbietet, seien in Sachen Jugendschutz von der Stadt allein gelassen, so ein Vertreter des THW, der die Kinder mit einem Fahrdienst zur Bahnhaltestelle bringen lässt.

Auf dem THW-Gelände würden Prostituierte wie in der ganzen Gegend immer wieder ordnungswidrig und zum Teil in aller Öffentlichkeit ihre Dienste verrichten. Nicht zuletzt deshalb, weil die Uni nun ihre Parkplätze mit Schranken versehen hat.

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