Volxbühne in der Südstadt Der Versuch einer Abrechnung mit Gott und der Welt

Bonn · Das Datum war provokant gewählt: Ausgerechnet an Karfreitag hatte die Volxbühne unter der Kneipe Südbahnhof mit einem szenischen Vortrag aus Friedrich Nietzsches „Der Antichrist“ eine radikale Abrechnung mit dem Christentum auf die Bühne gebracht, in der das Opfer des Gottessohns zur größten Lüge der Menschheitsgeschichte stilisiert wird. Doch die Abrechnung gelang nicht wirklich.

 Guido Grollmann als Friedrich Nietzsche auf der Volxbühne.

Guido Grollmann als Friedrich Nietzsche auf der Volxbühne.

Foto: Thomas Kölsch

Doch die Abrechnung gelang nicht wirklich. Den großen Philosophen hätte diese Symbolik sicherlich erfreut – in seinen Augen dürfte kaum ein anderer Tag besser geeignet sein, um über das Evangelium nachzudenken, über das, was Jesus gelebt hat und das, was Paulus und andere schließlich predigten. Mit großer Polemik und scharfer Rhetorik seziert Nietzsche in diesem zentralen Text seines Œuvres Theologie und Ideologie, kritisiert die Kirche als höchste aller nur denkbaren Korruptionen und die Priester als machtgierige Heuchler.

Eine spannende Analyse, die tatsächlich mehr ist als bloße Blasphemie – doch leider gelingt es Schauspieler Guido Grollmann in der Inszenierung von Christoph Pfeiffer nur bedingt, diese argumentatorische Wucht umzusetzen.

Nietzsche soll von Kutscher geschlagenes Tier aus Mitleid umarmt haben

Ohnehin stellt sich die Frage, ob „Also sprach Friedrich Nietzsche“ im Kohlenkeller richtig angesiedelt ist. Im Gegensatz zu den anderen dort stattfindenden Produktionen nutzt diese nicht die besondere Enge des für zehn Zuschauer geeigneten Raums, setzt nicht auf Beklemmung und Bedrohung, zeigt noch nicht einmal einen Wahnsinnigen, auch wenn Regisseur Pfeiffer, indem er Grollmann immer wieder mit einem Pferdekopf reden lässt, diese Lesart befeuert. Einer unbelegten Anekdote zufolge soll Nietzsche im Januar 1889 ein von einem Kutscher geschlagenes Tier aus Mitleid umarmt haben – kurz darauf wurde er eingewiesen.

Doch Grollmann fehlt das irre Funkeln in den Augen, um diesen Ansatz zu tragen. Sein Nietzsche ist während des Dozierens beinahe brav, sich zwar durchaus mal aufregend, aber nie das Publikum – im Guten oder im Schlechten – in seinen Bann reißend. Die diversen kleinen Versprecher und Texthänger tragen ihren Teil dazu bei. Das können die Volxbühne im Allgemeinen und Grollmann im Besonderen eigentlich besser.

Weitere Vorstellungen am Samstag, 2. April, und Freitag, 22. April, jeweils 20.30 Uhr, Ermekeilstraße 32, Eintritt 18 Euro, ermäßigt 10 Euro. Reservierung unter 02 28/18 08 96 05 erforderlich.

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