Bürgerinitiative für besonderen City-Treffpunkt Der Wunsch ist ein Szenecafé

BONN · Es geht ihnen auf die Nerven, dass die Innenstädte immer formatloser und damit öder werden. In den Augen von drei Studentinnen gilt das auch für Bonn. Jetzt schließt am 31. August, wie berichtet, auch noch das Café "goldbraun", wo Vesna Schierbaum, Julia Ihde und Sarah Waschke seit Jahren arbeiten. Sie wollen etwas unternehmen, der City ihren Stempel aufdrücken.

 Haben eine Bürgerinitiative gegründet: (von links) Sarah Waschke, Julia Ihde und Vesna Schierbaum.

Haben eine Bürgerinitiative gegründet: (von links) Sarah Waschke, Julia Ihde und Vesna Schierbaum.

Foto: Barbara Frommann

Dafür haben sie die Bürgerinitiative "Freie Kaffeekultur Bonn" gegründet und planen in dem Zusammenhang ein Crowdfunding-Projekt. Alles unter dem Motto: "Wer nicht wagt, der nicht gewinnt."

Über ihre Arbeit haben die 23-Jährigen ihre Liebe zum Kaffee entdeckt - zu gutem Kaffee. Angefangen bei der Zubereitung bis zur Haube aus samtigem Milchschaum. Sie erlebten, wie ein paar Meter weiter das Café Göttlich vor ein paar Monaten verschwand, und nun auch ihr Arbeitgeber an der Uni, wo Waschke und Schierbaum Kunstgeschichte studieren, Ihde Philosophie.

"Wir wollen aber kein neues “goldbraun„, sondern was ganz anderes", sagen die drei. Ihnen hat allerdings gefallen, dass sich da Gäste und Personal gut gekannt haben, es sei wie eine Familie gewesen. "Doch wo gehen wir jetzt hin?"

Ihrer Meinung nach fehlt in der Innenstadt ein Treffpunkt, wo Kunst und Kultur geboten werden. Etwas für alle Altersklassen. Das gebe es sonst vor allem in der Altstadt. "Sollte jetzt noch das Café Blau im Viktoriakarree verschwinden, dann ist da gar nichts mehr", sagt Julia Ihde.

So haben die jungen Frauen etwas dagegen, dass an der Stelle eine Shopping- Mall entstehen soll. "Die Innenstadt ist total profillos geworden", sagt Vesna Schierbaum. "Kennst du eine Fußgängerzone, kennst du sie alle." Überall würden sich Ketten ausbreiten, bei denen nur noch das Marketing zählt. "Das ist alles Abfertigung." Außerdem gebe es in der City nichts für junge Leute. Abends um zehn Uhr sei die Sternstraße leer. Alles "uninteressant und langweilig", sagt Schierbaum.

Ein neuer Treffpunkt soll wie ein Wohnzimmer sein, findet Sarah Waschke - ein "Szeneort mit Kultcharakter", wo Ausstellungen und Musik geboten werden.

So entstand die Idee zum Café "Sinnflut", bewusst als Wortspiel formuliert. Die Bürgerinitiative ist erst einmal dafür da, Aufmerksamkeit zu erzeugen - etwa über Flyer und verschiedene Plattformen, wie z.B. über Facebook.

Doch ohne Kapital kein Lokal: Deshalb läuft über das Portal "startnext.com" ab Mitte September ein Crowdfunding-Projekt, über das die Frauen 65.000 Euro einsammeln wollen. Kommt das über drei Monate nicht zusammen, erhalten alle Spender und Sponsoren ihr Geld zurück, und der Traum wäre gescheitert.

Die Hoffnung ist aber, dass sich viele finden, die durchaus auch nur kleine Beträge einsetzen wollen. Als Lohn bekämen sie später in der "Sinnflut" etwa einen Kaffee aufs Haus, eine symbolische Anerkennung.

Ambitioniert ist das Projekt allein dadurch, dass die Studentinnen durch die angestrebte Innenstadtlage auch ein entsprechend hohes Startkapital benötigen. "Wir arbeiten gerade an unserem Businessplan", so die drei, die ihr Studium demnächst abschließen wollen. Das Inventar ihres Cafés soll bunt und persönlich werden, im Vintage-Look. Die Essensauswahl werde klein sein, "denn wir wollen nicht viel wegschmeißen". Die Frauen blicken nach vorn: "Wir haben nichts zu verlieren."

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort