Regierungsstandorte Deutlich weniger Dienstreisen zwischen Bonn und Berlin

Berlin · Während Beamte des Bundes im vergangenen Jahr noch auf knapp 20.000 „aufteilungsbedingte Dienstreisen“ zwischen Bonn und Berlin kamen, sind die Flüge und Bahnfahrten zwischen beiden Regierungsstandorten in Folge der Pandemie deutlich zurückgegangen.

 Der Sitz des Verteidigungsministeriums in Bonn auf der Hardthöhe.

Der Sitz des Verteidigungsministeriums in Bonn auf der Hardthöhe.

Foto: dpa/picture alliance / dpa

Corona. Über Monate bedeutete das: Nichts fliegt mehr. Auch keine Regierungsbediensteten auf der Strecke Bonn-Berlin und Berlin-Bonn. Kamen Beamte des Bundes im vergangenen Jahr noch auf knapp 20.000 „aufteilungsbedingte Dienstreisen“ zwischen Bonn und Berlin, sind die Flüge und Bahnfahrten zwischen beiden Regierungsstandorten in diesem Jahr in Folge der Pandemie deutlich zurückgegangen. Allein im Bundes­finanzministerium nahm die Zahl der Dienstreisen zwischen Berlin und Bonn im ersten Halbjahr 2020 um rund 90 Prozent im Vergleich zum Vorjahreszeitraum ab, wie das Ministerium auf Anfrage unserer Redaktion mitteilte. Das Haus von Olaf Scholz könnte sich freuen. Denn der Etat wird durch die von Corona erzwungene Reisepause der Beamten spürbar entlastet. Nach dem im vergangenen Jahr vorgelegten Teilungskostenbericht waren die Ausgaben für Dienstreisen zwischen Bonn und Berlin auf rund 6,7 Millionen Euro gestiegen (davon 3,4 Millionen Euro für Flüge), insgesamt knapp 1,4 Millionen Euro mehr als noch im Teilungskostenbericht 2017 aufgelistet.

Nahezu völlig zum Erliegen kam der Bonn/Berlin-Verkehr zwischen März und Juli im Bundesumweltministerium. Flogen Beamte vergangenes Jahr in diesem Zeitraum 1377 Mal auf dieser Strecke, verbuchte die Reisestelle in den Corona-Monaten März bis Juli dieses Jahres gerade noch 66 Flüge zwischen Bonn und Berlin. Im April und Mai brauchte das Umweltministerium nicht einen einzigen Flug sowie im April nur eine einzige Bahnreise zwischen Bonn und Berlin, um an beiden Standorten gut zu regieren oder zu verwalten. Die Zahl der Bahnfahrten ging im Vergleich zum Vorjahreszeitraum gleichfalls deutlich von 656 auf 200 zurück. Interessant: Ausgerechnet im Umweltministerium, das seine Dienstreisen nach eigenen Angaben „klimafreundlicher“ gestalten möchte, wird doppelt so viel geflogen wie Bahn gefahren.

Auch im Entwicklungsministerium gingen die Dienstreisen zwischen Bonn und Berlin während der Corona-Pandemie um gut 90 Prozent im Vergleich zum Vorjahreszeitraum zurück, das Bundesgesundheitsministerium reduzierte seine Dienstreisen zwischen Bonn und Berlin um mehr als 80 Prozent, wie beide Häuser auf Anfrage mitteilten. Das Verteidigungsministerium fuhr seine Reisen zwischen Hardthöhe und Bendlerblock im ersten Halbjahr ebenfalls deutlich zurück. Nutzten Bedienstete im vergangenen Jahr zwischen Mitte März und Ende Juli auf der Strecke Bonn-Berlin/Berlin-Bonn noch 2654 Flüge mit Kosten von 352 000 Euro, waren es im selben Zeitraum dieses Jahres noch 394 Flüge zwischen Bonn und Berlin für 19 700 Euro. Für 371 Bahnfahrten zwischen Rhein und Spree gab das Verteidigungsministerium während der Pandemie bislang 22 500 Euro aus, im selben Zeitraum 2019 waren für 692 Bahnfahrten zwischen den Standorten Bonn und Berlin Ticketpreise in Höhe von 53 000 Euro fällig.

Corona zeigt folglich auch: Es kann auch ohne oder mit deutlich weniger Reisen mit Flugzeug und Bahn an beiden Standorten stabil regiert werden. Die meisten Ministerien schickten wegen Corona kaum noch Beamte von Bonn nach Berlin oder von Berlin nach Bonn, sondern ins Homeoffice. Die Bundesregierung betonte im vergangenen Jahr: „Vor allem durch die Durchführung von Videokonferenzen soll die Zahl der Dienstreisen zwischen den Dienstsitzen weiter reduziert werden.“ In Zeiten von Corona hat diese Art von Besprechung und Abstimmung, etwa von Gesetzentwürfen, weiter zugenommen. Deutschland entdeckt das digitale Regieren.

Vorsichtig äußert sich das Finanzministerium, ob nach der Corona-Auszeit künftig Dienstreisen zwischen Bonn und Berlin weiter eingeschränkt werden könnten: „Hierzu kann derzeit noch keine Aussage getroffen werden“, heißt es dort.

Tendenz zu weniger Dienstreisen

Das Verteidigungsministerium teilte mit, für eine abschließende Bewertung sei es noch zu früh. Doch: „Tendenziell werden somit künftig wohl weniger Dienstreisen erfolgen, ganz darauf verzichten wird sich nicht lassen.“ Auch das Bundesgesundheitsministerium, das Bundesumweltministerium und das Entwicklungsministerium betonten, dass auf Dienstreisen künftig nicht komplett verzichtet werden könne, unter anderem, weil in Berlin für die Gesetzesberatung Bundestag und Bundesrat ihren Sitz hätten.

Wenn der Reiseverkehr zwischen den Ministerien in Bonn und Berlin wieder Fahrt aufnehmen sollte, muss der Bund aber mit höheren Preisen bei Flügen rechnen. Denn: Der „Regierungs-Shuttle“ ist seit der Insolvenz von Air Berlin Geschichte. Für den Bund gibt es somit keine Sonderkonditionen bei Flugtickets mehr, sondern er muss für seine fliegenden Beamten reguläre Flugpreise bezahlen. Trotz einer teilweise deutlich gesunkenen Zahl an Dienstreisen zwischen Bonn und Berlin seien bei mehreren Ressorts deshalb die Kosten bereits im vergangenen Jahr angestiegen. Dieser Trend dürfte sich nun fortsetzen.

Wenn Ministerien ihre Beamten mit Flugzeug oder Bahn nach Berlin oder Bonn schicken, will der Bund auf das Klima achten. Um den Zielen des Klimaschutzprogrammes 2030 gerecht zu werden, sollen „Umweltverträglichkeit und Nachhaltigkeit“ eine Rolle spielen. Dazu soll das Bundesreisekostengesetz (BRKG) entsprechend ergänzt werden. „Die Bahnnutzung ist bei Reisen, auf die das BRKG Anwendung findet, immer möglich und wird erstattet – auch wenn dadurch höhere Kosten entstehen“, heißt es dazu im Bundesfinanzministerium.

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