Wohngruppe für geistig Behinderte in Bonn „Die Kate“ muss sich auflösen

Bonn · Der Landschaftsverband Rheinland hat seine Zahlungen an den Bonner Behindertenverein eingestellt. Die Lebenshilfe springt jetzt ein.

 Neue Heimstatt für eine ehemalige „Kate“-Gruppe: Die Wohngruppe der Lebenshilfe im St.-Agnes-Stift beim Kaffeetrinken.

Neue Heimstatt für eine ehemalige „Kate“-Gruppe: Die Wohngruppe der Lebenshilfe im St.-Agnes-Stift beim Kaffeetrinken.

Foto: Roland Kohls

Der Verein „Die Kate“, der seit 1984 Wohn- und Lebensmöglichkeiten für zuletzt gut 80 Menschen mit geistiger Behinderung geschaffen hat, löst sich auf. „Bis zum Sommer hört die Kate auf zu existieren“, sagt Noch-Mitarbeiter Wolfgang Scholz. Nur noch zehn der bislang 30 Mitarbeiter seien von der Beueler Geschäftsstelle aus im Einsatz. Das Gros der bislang gut 80 Betreuten sei schon auf Einrichtungen anderer Träger verteilt.

Der Grund für die Aufgabe: Der Landschaftsverband stoppte seine Zahlungen. „Fehler von beiden Seiten, vom Verein und vom Verband, haben zum traurigen Ende geführt“, glaubt Scholz, der nach jahrzehntelanger Arbeit für „Die Kate“ in Kürze in Rente geht. Damit ende die Arbeit eines „absoluten Vorreiters“ in der Behindertenbetreuung. In ganz Deutschland gebe es nur zwei vergleichbare Vereine mit dem ehrgeizigen Konzept, Behinderten zu einem wirklich selbstbestimmten und möglichst unabhängigen Leben zu verhelfen.

Das können 15 der von der „Kate“ bislang betreuten Behinderten seit April in einer neuen Wohngruppe im vierten Stock des St.-Agnes-Stifts in Graurheindorf weiterführen. Für drei bisherige Kleingruppen war nach GA-Informationen seit September händeringend nach einer Alternative gesucht worden.

„Der Umzug war für diese 15 Menschen notwendig, weil der frühere Sozialträger die Betreuung nicht mehr aufrechterhalten konnte. Wir haben diese Aufgabe nun übernommen“, sagt Andreas Kimpel, Geschäftsführer der Lebenshilfe Bonn. Es sei ein „wahrer Kraftakt“ gewesen, in so kurzer Zeit eine den Qualitätsstandards entsprechende Lebenssituation zu organisieren. „Das ist nur gelungen, weil sich jeder, der in diesem Projekt involviert war, über die Maßen engagiert hat.“

Etage muss erneut umgebaut werden

Die Gründung der neuen Wohngruppe wurde über eine Kooperation mit dem Seniorenheim St-Agnes-Stift und dessen Leiterin Angela Steinborn möglich. Im vierten Stock des Stifts waren zuvor übergangsweise die Bewohner des Perthes-Altenheims untergekommen, bis deren Haus vor zwei Jahren renoviert war. Nach Maßgabe der Stadt musste die Etage nun erneut umgebaut werden.

Seit April stehen den neuen Bewohnern dort nun ein großer Raum mit Fernseher und Wohnküche sowie ein weiterer Gemeinschaftsraum zur Verfügung. Sie profitieren zudem von der Cafeteria und dem Garten, beide Einrichtungen können sie mit den Senioren nutzen. Auf der Suche nach neuen Modellen für die Behindertenhilfe biete sich die Zusammenarbeit mit der Altenhilfe an, so Kimpel.

Wolfgang Scholz verweist derweil noch einmal darauf, dass der Verein in Bonn Wichtiges geleistet habe. „Es ist auch in der heutigen Zeit schwer, Behörden zu vermitteln, dass auch geistig Behinderte das Recht haben, eine Familie zu gründen“, sagt er. Dass aktuell bei Land und Kommunen überall die Kassen klamm seien, mache die Sache nicht leichter. Und doch habe das engagierte Team der „Kate“ etwa einer ganzen Reihe Kindern geistig behinderter Eltern dazu verholfen, ihr Leben inzwischen selbst zu gestalten und ganz eigenständig ihr Geld zu verdienen.

„Sie gehen ihren Weg, und zwar deshalb, weil wir Fachleute über die Jahre in diesen Familien flankierend dabei waren“, sagt Scholz. Denn jeder Mensch müsse in unserer Gesellschaft ein Anrecht auf Förderung haben: auch geistig behinderte Eltern und ihre nicht behinderten Kinder.

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