Befragung per Post Die kleine Volkszählung trifft auch Bonner

Bonn · Statistische Ämter von Bund und Land bitten per Zufallsprinzip zum "Mikrozensus 2020". Das gefällt nicht jedem. Doch Verbraucherschützer geben Entwarnung.

 Einige Bonner erhielten diese Zuschrift.

Einige Bonner erhielten diese Zuschrift.

Foto: Meike Böschemeyer

Post vom Amt im Briefkasten oder gar Angestellte von Amtswegen an der privaten Haustür. Dazu noch die Aufforderung zur Beantwortung von nahezu 200 Fragen zur persönlichen Lebenssituation und der Angehörigen des Haushalts. Mehrere Bonner haben das in den vergangenen Wochen erlebt. Während ein Lottogewinn den meisten vermutlich lieber gewesen wäre, hat der Zufall sie lediglich zur Teilnahme am "Mikrozensus" auserkoren. "Will ich nicht, muss ich wohl", vermutet beispielsweise eine Bonnerin, die kürzlich einen Fragebogen im Briefkasten hatte. Absender: Die "Statistischen Ämter des Bundes und der Länder".

Mikrozensus bedeutet „kleine Bevölkerungszählung“ und stellt eine jährlich wiederholende Haushaltsbefragung dar, um den Datenbestand möglichst aktuell zu halten. Auftraggeber ist das Statistische Bundesamt. Seit 1957 werden jährlich rund ein Prozent der Deutschen seinen Lebensbedingungen befragt. Von Interesse sind etwa Familienstand, Bildungsgrad, Einkommens- und Wohnsituation, Migrationshintergrund, Kinderbetreuung und Altersvorsorge. Die Antworten und ihre Auswirkungen dienen als Basis für politische und wirtschaftliche Entscheidungen. Zwar verfügen auch die lokalen Ämter und Behörden über derlei Datenmaterial. Weil sie es aus Gründen des Datenschutzes jedoch nicht weitergeben dürfen, muss das Statistische Bundesamt selber tätig werden.

Auf diese Weise fand man beispielsweise 2018 heraus, dass 38 Prozent aller nordrhein-westfälischen Mieterhaushalte mehr als 30 Prozent ihres Nettoeinkommens für ihre Kaltmiete zahlen müssen. Die Bürger sind per Gesetz zur Auskunft verpflichtet. Eine zur Auskunft gebetene GA-Leserin fragt sich, warum und wie ausgerechnet sie ausgewählt wurde. Zumindest ist sie nicht die einzige Bonnerin, die in dieser Weise angeschrieben wurde; andere könnten in nächster Zeit noch Post erhalten. Nach Angaben des Statistischen Bundesamtes werden nach einem mathematisch-statistischen Zufallsverfahren nicht konkrete Personen ausgewählt: Vielmehr haben die Statistiker ganz Deutschland in sogenannte Auswahlbezirke bestehend aus sechs bis zwölf Wohnungen eingeteilt, aus denen mittels Stichproben etwa ein Prozent zur Befragung herangezogen werden - und das unter Umständen auch mehrfach innerhalb weniger Jahre.

Dass sich Bürger angesichts der oftmals als ungebeten empfundenen Befragung verunsichert nach Hilfe umsehen, kommt nach Angaben der nordrhein-westfälischen Verbraucherschutzzentrale durchaus häufiger vor. Manche befürchten, dass die Ordnungsnummer trotz der anonymisierten Befragung Rückschlüsse auf die persönlichen Daten zulasse. Die Verbraucherzentrale sieht diese Sorge als unbegründet an. Es gehe lediglich um offizielle Statistikerhebungen des Bundes zu „Struktur der Bevölkerung, Entwicklung des Arbeitsmarktes und Art der Erwerbsbeteiligung“. Eine Verweigerungsmöglichkeit sehen die Verbraucherschützer nicht: „Grundsätzlich ist jeder, der ausgewählt wurde an der Befragung teilzunehmen, auch zur Auskunft verpflichtet.“

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