Galerie Julian Sander „Die Konkurrenz schreckt mich nicht“

Bonn · Den Fotogaleristen Julian Sander zieht es von Bonn nach Köln. Vor fünf Jahren startete er sein Galerieprojekt mit Fotografien seines Urgroßvaters August Sander.

 Starkes Programm: Julian Sander verabschiedet sich von Bonn.

Starkes Programm: Julian Sander verabschiedet sich von Bonn.

Foto: Galerie

In der Einladung zu seiner nächsten Ausstellung überliest man fast, dass das, was der Bonner Galerist Julian Sander eine „Zwischenbilanz“ nennt, zumindest für Bonn eine Schlussbilanz wird. Am 8. April vor fünf Jahren startete er sein Galerieprojekt Feroz in Bonn, kommende Woche, am 8. April, verabschiedet er sich mit einem Best-Of und Fotos von Chargesheimer, William Christenberry, John Cohen, Harold Edgerton, Larry Fink, Sean Hemmerle, Jory Hull, Jiang Jian, Lisette Modell, August Sander und anderen. Am 1. Juli verlegt Sander seine Lager- und Büroräume in die Kölner Cäcilienstraße 48, starten wird er zum gemeinsamen Gallery Weekend DC Open am 2. September. Die Fotostadt Köln wird um eine interessante Position reicher, Bonn verliert nicht nur seine einzige Fotogalerie, sondern auch ein äußerst attraktives Programm in der kommunalen Kulturagenda.

„Bonn hat ein liebenswürdiges, begeisterungsfähiges Publikum, aber kein zahlungskräftiges“, bringt er einen wichtigen Grund für den Wechsel nach Köln auf den Punkt. „Ich bin kein Museum, sondern muss verkaufen“, sagt er, der die Stadt mit einem lachenden und weinenden Auge verlässt. Nicht ganz: Er wird weiter mit seiner Familie in Bonn leben. Als weiteren Grund für den Wechsel nennt er die attraktive Lage. Sanders neue Galerie ist im Gebäude des Kunsthauses Lempertz untergebracht. Lempertz-Chef Henrik Hanstein habe sein großes Interesse gezeigt, Sander nach Köln zu holen, erzählt dieser, und ein attraktives Angebot gemacht. Sander schwört auf die neue Lage im Kölner Zentrum unweit von Lempertz und Venator & Hanstein.

Eine andere Situation als in der Bonner Prinz-Albert-Straße, wo Sander als Einzelkämpfer unterwegs war. Die schönen, hohen, großzügigen Gründerzeiträume werde er vermissen, sagte er. In Köln ist 50er-Jahre-Charme auf zwei Ebenen angesagt. Auf einer Etage werden sich die eigene August-Sander-Stiftung und das Büro ausbreiten, im Ladenlokal im Erdgeschoss soll es eine 40 Quadratmeter große Galeriefläche geben. Deutlich weniger als in Bonn.

Mit einer bescheidenen Ein-Raum-Galerie im eigenen Kessenicher Wohnhaus hatte Sander 2011 sein Bonner Galerieprojekt begonnen, bei dem bereits die Grundlinien seines Programms sichtbar wurden: Fotografien seines Urgroßvaters August Sander, eines der bedeutendsten Fotografen des 20. Jahrhunderts, boten die solide Basis für Exkurse hin zu Fotografieklassikern hauptsächlich aus den USA und internationaler zeitgenössischer Fotografie. „Ich handle mit Top-Ware“, lautet Sanders Credo. Damit meint er zum Großteil die hervorragende Sammlung seines Vaters und einen Grundstock an Werken August Sanders in exzellenten Abzügen, bei deren Anblick Museumsleute schwach werden.

In Köln will Sander bei seinem in Bonn entwickelten Konzept bleiben. Ob er aber den engen Ausstellungsrhythmus halten will und solche Riesenprojekte, wie den gesamten August-Sander-Zyklus „Menschen des 20. Jahrhunderts“ übers Jahr verteilt zu präsentieren, auch in Köln realisieren wird, weiß er noch nicht. Er will sehen, wie sich die Situation entwickelt. Die größere Konkurrenzsituation in Köln – immerhin gibt es da den exzellenten Galeristen Thomas Zander, der ebenfalls US-Fotografie der 60er und 70er Jahre zeigt – schreckt Sander nicht: „Es gibt mehr Konkurrenz in Köln, aber nicht zu viele Anbieter auf diesem Niveau.“ Wie sich das angespannte Verhältnis zur Kölner Photographischen Sammlung der SK Stiftung Kultur, die einen Großteil des Sander-Nachlasses hat, bei näherer Nachbarschaft entwickelt, wird sich zeigen.

Sander verabschiedet sich von Bonn mit einem hochkarätigen Querschnitt seiner Galeristentätigkeit der vergangenen fünf Jahre und zeigt Werke aus nahezu hundert Jahren, beginnend mit André Kertész neosachlicher Fotografie „Fork“ von 1928. Ein „Blinder“ von August Sander (um 1930) ist ebenso dabei wie Chargesheimers ikonischer Adenauer (1956), die badenden Herren von Rosalind Solomon (1977), eine Landschaft von Josef Sudek (1952) und die „Schwingungen“ von Peter Keetman (1950-52), einem der großen Vertreter der „Neuen Fotografie“ oder, wie Otto Steinert es bezeichnete, der „Subjektiven Fotografie. Ein Geschenk an die Fotogemeinde hat er auch: Sämtliche Bilder (mehr als 600) der „Menschen des 20. Jahrhunderts hat er auf augustsander.org/md20jh online gestellt.

Sanders Abschieds-Ausstellung in der Prinz-Albert-Straße 12 wird am Donnerstag, 7. April, 19 Uhr eröffnet.

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