Tim Ossege alias „seiLeise“ Dieser Künstler steckt hinter dem Graffito am Bonner Rheinufer

Bonn · Der Kölner Street Art-Künstler Tim Ossege hat auch in Bonn beeindruckende Spuren hinterlassen. So ist am Bonner Rheinufer unweit des UN-Campus das beeindruckende Graffito eines Mädchens zu sehen.

 Der Kölner Street Art-Künstler Tim Ossege.

Der Kölner Street Art-Künstler Tim Ossege.

Foto: Tim Ossege

Von wem stammt das beeindruckende Graffito des kleinen Mädchens mit der Botschaft „Sea Rescue is not a crime“ (Deutsch: „Seenotrettung ist kein Verbrechen“) auf seinem orangenen Oberteil unweit des UN-Campus am Bonner Rheinufer? Die Recherchen des General-Anzeigers führen zu Tim Ossege, einem unter dem Pseudonym „SeiLeise“ bekannten Kölner Street Art-Künstler. Der gelernte Grafiker, der die Graffiti-Kunst zu seinem Beruf gemacht hat, widmet sich Themen, die nach seiner Wahrnehmung die Gesellschaft bewegen.

Wie andere Street Art-Künstler arbeitet er mit Schablonen, die er an verschiedenen Orten reproduzieren kann. Er wolle dem Betrachter keine eindeutige Botschaft aufdrängen, sondern ihm den Spielraum für Interpretation lassen. Diesen Grundsatz hat der überzeugte Europäer anlässlich der Ereignisse um „Sea Watch“ und die deutsche Kapitänin Carola Rackete allerdings über Bord geworfen. „Wir sollten uns darauf konzentrieren, zu verhindern, dass Menschen aus ihrer Heimat flüchten, im besten Fall ohne Zäune, sondern mit einer vernünftigen Entwicklungshilfe“, erklärt Ossege die Botschaft auf dem Graffito. Es sei die direkteste Aussage, mit der er bislang an die Öffentlichkeit getreten sei. Der Künstler wählt prominente Orte aus: Das Bild mit dem kleinen Mädchen hat er nicht nur direkt am Wasser, sondern in unmittelbarer Nähe zur UN platziert. Das gleiche Bild ist ebenfalls am Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte in Straßburg zu sehen. Gibt es weitere Bilder von Ossege in Bonn? „Vielleicht ist in Bonn noch etwas zu finden, vielleicht ist es aber auch schon wieder weg. Sicher ist, das irgendwann auch wieder etwas auftauchen wird“, sagt er.

 Am Bonner Rheinufer ist das orangene Mädchen zu sehen.

Am Bonner Rheinufer ist das orangene Mädchen zu sehen.

Foto: Andreas Baumann

Dass unautorisierte Kunstwerke entfernt werden, betrachtet Ossege als Teil des Spiels. „Da, wo etwas verschwindet, ist auch wieder Platz für Neues.“ Er bemühe sich, immer ein Ohr für Kritik zu haben, um die Öffentlichkeit hinter sich zu wissen. Auf Ähnlichkeiten seiner Kunstwerke mit den Graffitis des britischen Street Art-Künstlers „Bansky“ angesprochen, entgegnet Ossege: „Man muss neidlos anerkennen, dass ein Künstler es geschafft hat, einen Namen mit einer ganzen Kunstrichtung gleichzusetzen.“ Als Künstler sei es erstrebenswert, sich soweit wie möglich fernzuhalten von Künstlern, zu denen man aufschaut, da man unweigerlich Gefahr laufe, diesen nachzueifern. „Das führt zum Künstlertod. Niemand braucht einen zweiten Picasso.“ Ossege inspiriert seit seiner Kindheit ein Zitat des US-amerikanischen Künstlers Keith Haring: „Nichts ist so erfrischend wie ein beherzter Schritt über die Grenzen.“

Street Art ist eine Weiterentwicklung der klassischen amerikanischen Graffiti. Im Gegensatz zu Graffiti überwiegt oft der Bildanteil, nicht das kunstvolle Schreiben oder Malen des eigenen Namens. Street Art hat oft eine kritische oder ironische Botschaft, die dem Betrachter einen Denkanstoß geben soll. Sie hat längst einen Platz in der Kunstszene gefunden. Ein Kunstwerk des berühmten Londoner Street Art-Künstlers „Banksy“ wurde  auf dem Kunstmarkt bereits für etwa eine halbe Million Euro versteigert.

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