Darknet-Shop vor Bonner Landgericht Drogenhandel fliegt wegen zu geringen Portos auf

Bonn · Zwölf Männer müssen sich in drei Verfahren vor dem Bonner Landgericht verantworten. Die professionelle Bande soll online im großen Stil mit Drogen gedealt haben. Die Polizei kam ihr auf die Schliche, weil Sendungen unterfrankiert waren.

Oft sind es kleine Unwägbarkeiten, die ein komplexes Projekt scheitern lassen. Ein mit hoher Professionalität agierendes Netzwerk zog von Bonn aus einen Online-Drogenhandel im Darknet auf – und flog auf, weil unterfrankierte Sendungen als Rückläufer bei unbeteiligten Dritten ankamen. Voraussichtlich ab Herbst stehen zwölf Männer im Alter zwischen 23 und 45 Jahren wegen gemeinschaftlichen Betäubungsmittelhandels als Mitglieder einer Bande vor dem Landgericht.

Laut Gerichtssprecher Edgar Panizza müssen sich die Männer aus verfahrenstechnischen Gründen in drei gesonderten Prozessen vor der 3., 5. und 10. Großen Strafkammer verantworten. Anklage erhoben hatte die bei der Staatsanwaltschaft Köln angesiedelte Zentral- und Ansprechstelle Cybercrime NRW. Gegen weitere möglicherweise Beteiligte wird noch ermittelt; es sollen bis zu 20 Personen involviert gewesen sein.

Vanilla Kush, White Widow, Blueberry- oder Amnesia Haze – wie in jedem anderen gut sortierten Online-Shop konnten Kunden aus einer riesigen Produktpalette wählen. In Shops mit den Namen BigActionMan50, BigActionMan11 und BigKushHunter gab es aber weder Mode noch Elektronik, sondern Cannabisprodukte, Ecstasy oder MDMA. Bezahlt wurde nicht in Euro, sondern in Bitcoin.

1,3 Millionen Umsatz mit Cannabisprodukten

Und die Nachfrage war groß: Rund 11.000 Bestellungen sollen die Händler laut Anklage binnen zehn Monaten abgewickelt und dabei allein knapp 83 Kilo Cannabisprodukte unter die Kunden gebracht haben. Und der „Umsatz“ betrug über alle drei Verfahren hinweg rund 1,3 Millionen Euro.

Alphabay oder DreamMarket heißen die illegalen Ebay- oder Amazon-Pendants, über die die Angeklagten im Darknet ihren schwunghaften Handel abgewickelt haben sollen. Und ihre Shops waren ähnlich professionell aufgebaut wie gute legale Varianten. In einer Bonner Wohnung sollen die Angeklagten ihr Lager eingerichtet und dort auch die Bestellungen versandfertig gemacht haben.

Von Laptops über eine Feinwaage, Vakuumiergeräte und Gummihandschuhe bis hin zu Pappkartons, Etikettier- und Briefmarkenrollen sowie gepolsterte Versandumschlägen konnten die Ermittler dort alles sicherstellen, was für einen professionellen Handel notwendig ist. Skurriler Fund am Rande war ein „Screeny-Weeny“, ein künstlicher Penis, der dazu dient bei Drogenkontrollen saubere Urinproben abzugeben.

Reale Unternehmen als Absender

Fünf der Angeklagten werden dem „harten Kern“ des Netzwerks zugerechnet. Neben diesen „Geschäftsführern“ wirkten wohl aber viele weiter Beteiligte als Helfer mit; unter anderem als Kuriere, um die fertig konfektionierten Warensendungen in Briefkästen in der ganzen Region zu verteilen.

Nur als Absenderadresse taugte der Bonner Firmensitz nicht: Daher trugen die Versender regelmäßig reale Unternehmen als Absender der Warensendungen ein. Ein Vorgehen, das unter anderem dazu beitrug, dass der Handel schließlich aufflog. Denn wer plötzlich ungefragt ein paar Gramm Haschisch per Post erhält, geht zumindest in der Regel damit zur Polizei.

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