Bonner Priesterkonvent Ehemalige Studenten fordern Abschaffung des Zölibats

Bonn · Elf ehemalige Studenten haben 50 Jahre nach ihrer Priesterweihe einen Offenen Brief veröffentlicht, in dem sie kontroverse Themen ansprechen und mehr Ökumene, Frauen im Priesteramt und Abschaffung des Zölibats fordern.

Zu den Unterzeichnern gehört Wolfgang Bretschneider, Subsidiar am Bonner Münster, Professor für Liturgik und Kirchenmusik, Organist und Chorleiter. Er war nach der Priesterweihe zunächst Kaplan in Neuss und hatte sich wie seine Kommilitonen geschworen, nicht in das Haus voller Kontrolle und Repressionen zurückzukehren, in dem um 21 Uhr die Türen abgeschlossen wurden.

1969 wurde Bretschneider in den neuen Vorstand des Collegiums Albertinum gerufen, der als erstes Hausschlüssel an die Studenten verteilte und nach dem Grundsatz handelte: „Wer die Freiheit wegnimmt, um Sicherheit zu gewinnen, wird beides verlieren.“

Bretschneider trifft sich sei 50 Jahren einmal im Monat mit den Männern aus dem Weihejahrgang 1967. „Das hat uns enorm zusammengeschweißt“, sagt der 75-Jährige. Es kam die Idee auf, nicht einfach goldenes Priesterjubiläum zu feiern, sondern in einer Rückschau „reale, ehrliche Erfahrungen“ zu formulieren und mit der Bitte zu verknüpfen, über zukunftsweisende Dinge der Kirche ernsthaft nachzudenken.

Eine "Art von Bunkermentalität"

„Wir spüren Rückenwind aus Rom“, sagt Bretschneider. Zum Beispiel bei der Ökumene: Es sei sicher kein Zufall, dass Franziskus als erster Papst die evangelische Gemeinde in Rom besucht und als Geschenk einen Kelch, das Symbol des Abendmals, mitgebracht habe.

In den vergangenen 50 Jahren holte der Alltag die Studenten ein, die sich als „Avantgarde einer sich erneuernden Christenheit“ fühlten. Sie trafen „bei Kirchenmännern in Rom und im Kölner Bistum“ – Erzbischof Joachim Kardinal Meisner wird nicht namentlich genannt – eine „Art von Bunkermentalität“.

Kraft gaben die Gemeinden vor Ort, doch trotzdem predigen die Priester heute vor leeren Reihen. „Uns bedrückt, dass die Frage nach Gott bei vielen Menschen hierzulande kein Thema mehr ist“, schreiben sie. Es tue besonders weh, „dass außerhalb der 'Erstkommunion-Saison' kaum noch Kinder und junge Familien zum Gottesdienst kommen“.

Die Grundfragen nach Gott, nach den Menschen und nach dem Sinn des Lebens sind für Bretschneider heute genauso aktuell wie vor 50 Jahren. Kirche brauche aber eine zeitgemäße Sprache, um die Menschen zu erreichen. Der offene Brief fordert auch einen klärenden Dialog mit dem Islam. Aus den offenen, klaren Worten der Pfarrer spricht ein wenig Müdigkeit, Resignation ist das nicht. Nachwuchsmangel bei den Pfarrern, Gemeindesterben, unpersönliche Großpfarreien – diese Realität nehmen die elf Unterzeichner nicht als unumkehrbar hin. Sie formulieren sieben Wegweiser für die Zukunft.

Gleich in zwei Punkten geht es um die Rolle von Männern und Frauen. „Wir brauchen dringend mutige Vorstöße in der Zulassungsfrage zu den Weiheämtern“, so die Unterzeichner. „Es hat für uns keinen Sinn, den Heiligen Geist ständig um Berufungen zu bitten und gleichzeitig alle Frauen von diesen Ämtern auszuschließen.“

Zölibat steht bewusst am Ende des Briefes

Bretschneider sieht auch hier einen Hoffnungsschimmer in Rom, wo zuletzt eine Frau zur Leiterin der Vatikanischen Museen ernannt wurde. „Ich könnte mir denken, dass Franziskus die Türen öffnen könnte.“ Gleichzeitig weiß er, dass – mit Blick auf die Weltkirche – Frauen im Priesteramt in vielen Ländern noch undenkbar sind.

Der Zölibat steht bewusst am Ende des Briefes. Das Reizthema soll nicht alles andere überlagern. „Wir wollten Priester werden. Dazu mussten wir den Zölibat annehmen, gewählt haben wir ihn nicht“, sagt Bretschneider. Die Priester berichten offen von Einsamkeit und Arbeitshetze. Eine spirituelle Quelle in der Seelsorge setzte der Zölibat selten frei.

Das Erzbistum Köln stuft den Offenen Brief laut Sprecher Christoph Heckeley als „allgemeine Veröffentlichung und sehr persönliche Rückschau der Jubilare“ ein, die keine Stellungnahme erforderlich mache. In den Fragestellungen gebe es eine große Übereinstimmung, sagte Heckeley und verwies auf die Hirtenbriefe von Rainer Maria Kardinal Woelki.

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