Barocke Residenzstadt Ein bisschen Paris in Bonn

Bonn · Cornelia Kirschbaum wirft in ihrer Doktorarbeit einen Blick auf die Wohnbauten des Hofadels. Ihre Schlichtheit wurde ihnen zum Verhängnis.

 Ein typischer Adelshof aus dem 17./18. Jahrhundert: Ein imposantes Haupthaus mit repräsentativem Garten und zwei Gartenpavillons.

Ein typischer Adelshof aus dem 17./18. Jahrhundert: Ein imposantes Haupthaus mit repräsentativem Garten und zwei Gartenpavillons.

Foto: Uni Bonn

Wie Bonn im 17. und 18. Jahrhundert aussah, darüber ist wenig bekannt. Auch bei einem Rundgang durch die Innenstadt fallen – abgesehen von den beiden Schlössern – kaum barocke Gebäude auf. „Aus dieser Zeit stehen in Bonn eigentlich keine Häuser mehr“, sagt Cornelia Kirschbaum, die sich in ihrer Doktorarbeit mit „Wohnbauten des Hofadels in der kurkölnischen Residenzstadt Bonn im 17. und 18. Jahrhundert“ beschäftigt hat. Um herauszufinden, welche und wie viele solcher Gebäude einst in Bonn standen, recherchierte sie in zahlreiche Archiven, unter anderem im Bonner Stadtarchiv.

Ihre Arbeit lohnte sich. Kirschbaum stieß neben urkundlichen Erwähnungen von Gebäuden auch auf einige zum Teil kolorierte Abbildungen von Adelshöfen. „Diese Höfe waren sehr heterogen – ebenso wie ihre Bewohner“, erklärt Kirschbaum. „Dort wohnten Hofangehörige, aber auch Freunde des Kurfürsten und Adel aus dem Ausland. Herkunft und Rolle der Personen spielten weniger eine Rolle dafür, wie ihre Behausung aussah. Wohl aber, wie stark sie vom Kurfürsten gefördert wurden.“

Die Kurfürsten, von denen die Rede ist, sind zu dieser Zeit Joseph Clemens und sein späterer Nachfolger Clemens August, nach dem in Poppelsdorf auch eine Straße benannt ist. „Überraschend war, dass nicht Clemens August den Großteil der Gebäude in Auftrag gab , obwohl er ja dafür bekannt ist, sehr baufreudig gewesen zu sein“, betont Kirschbaum. „Sein Vorgänger Joseph Clemens war sehr an Fragen der Stadtplanung interessiert und plante viele der Bauten.“

Wie viele solcher Höfe in Bonn standen, kann man kaum in Zahlen fassen. „Das fängt schon bei der Frage an, was überhaupt ein Adelshof ist“, sagt Kirschbaum. Einige Gemeinsamkeiten hatten die Bauten aber: große Fenster und einen großen barocken Garten. Zudem lagen sie meist sehr zentral. Stilistisch erinnern die Höfe eher an französische Bauten als beispielsweise an süddeutsche Gebäude aus dem Barock.

„Die Architektur war gewollt zurückhaltend und sehr schlicht – wie es in Paris on vogue war“, sagt Kirschbaum. „Das ist kein Zufall: Joseph Clemens war zu Beginn des 18. Jahrhunderts in Frankreich im Exil und korrespondierte auch nach seiner Rückkehr mit dem Architekten des französischen Königs.“

Ihre Schlichtheit und die Lage der Höfe wurden ihnen schließlich zum Verhängnis: Was nicht 1689 während des Angriffs auf Bonn zerstört wurde, rissen die Bonner im 19. Jahrhundert ab. Die Bevölkerung Bonns vergrößerte sich so schnell, dass es in der Stadt an Wohnraum fehlte. „Die Gebäude waren unpraktisch, sie sahen zwar schön aus, hatten aber weder Strom noch fließend Wasser oder Toiletten“, bilanziert Kirschbaum.

Einen Denkmalschutz gab es damals noch nicht – allerdings später unter dem ersten Provinzialkonservator der preußischen Rheinprovinz, Paul Clemen. Für ihre über 400 Seiten umfassende Dissertation hat die 36-Jährige Kunsthistorikerin Cornelia Kirschbaum im Dezember den nach ihm benannten Preis erhalten. Mit den 10.000 Euro Preisgeld kann sie nun den Druck ihrer mit summa cum laude bewerteten Arbeit finanzieren.

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort