Freimaurer in Bonn Ein Bund der verborgenen Rituale

BONN · Um die Freimaurer ranken sich Mythen und Verschwörungstheorien. Das liegt vor allem daran, dass die Mitglieder über das, was bei ihnen besprochen wird, eisern schweigen. Die Bonner Loge „Neuer Tempel Salomos“ hat eine Besonderheit: Sie steht auch Frauen offen.

Unter den Füßen knirscht feiner Kies. Ein schmaler Weg schlängelt sich zum Eingang des imposanten Gründerzeithauses in direkter Nähe zur Bonner Innenstadt. Von außen verrät einzig ein Symbol, dass dies ein besonderer Ort ist. Winkelmaß und Zirkel prangen über dem Portal. „Kommen Sie herein, wir haben nichts zu verbergen“, sagt Werner J. Kraftsik. Im Eingang fällt der Blick auf die große Lithografie eines unbehauenen Steins, im Empfangsraum sind historische Schurze verschiedener Großmeister hinter Glas gerahmt: Die Bonner Freimaurerloge „Neuer Tempel Salomos“ residiert in dem Gebäude.

Nicht erst seit Dan Brown ranken sich Mythen und Verschwörungstheorien um Geheimbünde. „Das sind wir gewohnt“, schmunzelt Constantin von der Osten, der Meister vom Stuhl. Damit könne man gut leben. Rund 25 Mitglieder zwischen 31 und 70 Jahren und quer durch alle Gesellschaftsschichten zählt die Bonner Gemeinschaft. „Davon sind mehr als die Hälfte Frauen“, rechnen Kraftsik und von der Osten nach. Eine Besonderheit unter den Logen. „Frauen machen die Hälfte unserer Gesellschaft aus. Weshalb sollen wir sie ausschließen?“, fragt Kraftsik, der durchaus weiß, dass sehr viele Bruderschaften ausschließlich Männern offen stehen.

Unabhängig von Religion und Politik

Welche Ziele verfolgen Freimaurer eigentlich? „Wir sind ein ethischer Bund freier Menschen – unabhängig von Religion und Politik – mit der Überzeugung, dass die ständige Arbeit an sich selbst zu einem menschlicheren Verhalten führt“, erklärt er. Diese Arbeit findet allerdings immer noch im Verborgenen statt. Denn die Freimaurer pflegen ihre Rituale selbst nach Jahrhunderten stets abgeschirmt und unbeobachtet von der Öffentlichkeit. Untereinander erkennt man sich an geheimen Zeichen, Worten und Griffen. Kaiser, Könige, Staatspräsidenten, Wissenschaftler, Nobelpreisträger, Musiker, Komponisten, Maler, Schauspieler, Generäle, Entdecker, Pioniere und Dichter: Die Liste der berühmten Freimaurer ist lang.

Doch wer sich dem Bund anschließen will, muss sich bewähren. „Wir nehmen längst nicht jeden auf“, stellt von der Osten klar. Rund 80 Prozent der „Suchenden“ scheiden nach einer ein- bis zweijährigen Probezeit aus. „Wir wollen niemanden, der nur berufliche oder soziale Kontakte sucht. Keine Netzwerker. Wer zu uns gehören will, der muss sich mit unseren Zielen identifizieren“, sagt Kraftsik und fügt hinzu: „Wir sind weder eine Gesprächsgruppe noch ein Therapiekreis.“

Herzstück des Domizils an der Dyroffstraße ist der Tempel. Die beiden Säulen am Eingang, das musivische Pflaster, schwarz und weiß, sowie Sonne und Mond sind Symbole der Erkenntnis, die auf die zwei Seiten aller Dinge hinweisen. An einer Wand das „Auge der Vorsehung“ über dem Stuhl des Meisters.

Rituelle Zwiegespräche

Im Tempel treffen sich die Freimaurer einmal im Monat zum rituellen Zwiegespräch und zur Reflexion über das eigene Leben. „Jeder schuldet nur sich selbst Rechenschaft. Für uns ist das Leben ein lebenslanges Lernen“, erklärt Kraftsik. „Wir versuchen, hinter die Dinge zu schauen und den Sinn zu erkennen. Jeder auf seine eigene Art“, erläutert von der Osten. Es mache Spaß, sich mit Menschen zu umgeben, die ständig an sich arbeiten. Das seien ganz besondere Erfahrungen, sind sich beide einig.

Der Großteil der freimaurerischen Werte stammt aus dem Zeitalter der Aufklärung. Freiheit, Gleichheit, Brüderlichkeit, Toleranz und Humanität sind Eckpfeiler. „Es gibt etwas, das über das Leben hinausgeht“, so der Freimaurer. „Das wollen wir gemeinsam mit Gleichgesinnten erkennen.“ Wer als Suchender die Probezeit überstanden habe und initiiert wurde, der sei sein ganzes Leben lang Mitglied des Bundes. Und er könne sich darauf verlassen, dass er auf der ganzen Welt Gleichgesinnte treffe. Ihnen muss er sich allerdings erst zu erkennen geben – durch geheime Zeichen, Worte oder Griffe. Wie die aussehen? Das weiß kein Außenstehender.

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