Iftar-Fest in der Alten Mensa Ein Festmahl nach Sonnenuntergang

BONN · Beim Iftar-Fest in der Alten Mensa brechen 240 muslimische Mitarbeiter der Uniklinik gemeinsam das Fasten

 Erst muss die Sonne untergehen, dann werden Linsensuppe, Weinblätter und Baklava aufgetischt.

Erst muss die Sonne untergehen, dann werden Linsensuppe, Weinblätter und Baklava aufgetischt.

Foto: Barbara Frommann

Tayfun Tilkicik blickte zur Sicherheit noch mal gen Himmel. Zwar hatte der Ramadan-Kalender für diesen Tag 21.55 Uhr als Sonnenuntergang vorhergesagt, doch Tilkicik wollte ganz sicher sein. "Das mache ich immer. Ich muss mich selbst davon überzeugen, dass die Sonne wirklich untergegangen ist", erklärte der Gesundheits- und Krankenpfleger der Bonner Uniklinik, der gleichzeitig als islamischer Seelsorger arbeitet.

Die Zeitansage war auf die Minute genau, mit dem Gebetsruf endete an diesem Tag das Fasten. Doch nicht allein mit ihren Familien trafen sich Bonner Muslime diesmal zum Essen, sondern auch mit den Kollegen. Zum Iftar-Fest waren rund 240 muslimische Mitarbeiter der Klinik in die Alte Mensa auf den Venusberg gekommen. Gleich am Eingang wurden sie mit einem Spritzer Rosenwasser auf den Abend eingestimmt.

Von der großen Resonanz war nicht nur Tayfun Tilkicik überrascht, auch Alexander Pröbstl, Vorstand Pflege und Patientenservice, hatte mit solch einem Andrang nicht gerechnet. "Ich musste sogar einigen eine Absage erteilen", bedauerte Tilkicik, "obwohl wir aufgrund des schönes Wetters noch zusätzliche Tische und Stühle im Garten und vor dem Haus aufstellen konnten." An der Uniklinik arbeiten knapp 6000 Beschäftigte aus unterschiedlichen Ländern und verschiedenen Religionen. Die Gruppe der Muslime ist die zweitstärkste sowohl beim Personal als auch bei den Patienten.

Damit der Tisch nach Sonnenuntergang reich gedeckt war, hatte Christopher Nawroth mit seinem Team bereits seit fünf Uhr morgens in der Küche gewirbelt. Während normalerweise der Küchenchef am Herd das Kommando gibt, hatte Zuhal Özkaja für dieses Fest die Federführung übernommen. Und das war eine logistische Herausforderung. 30 Kilogramm Lamm, zehn Kilo Pute, zehn Kilo Hähnchen und 20 Kilo Hackfleisch verarbeitete die Ernährungsberaterin der Klinik für diesen Abend. "Natürlich habe ich alles in einem zertifizierten Geschäft gekauft. Schließlich muss alles halal sein", erklärte sie und stellte die letzten Gerichte auf das Büfett. "Alles ist frisch und selbst gemacht. Sogar 20 Kilo Teig habe ich für die Brote geknetet", ergänzte sie noch schnell. Sie freute sich schon den ganzen Tag auf "Imam Bayildi", ein traditionelles Auberginengericht. "Das heißt übersetzt 'Der Imam war entzückt'. Das bin ich auch, wenn ich es esse", so Özkaja. Türkische Linsensuppe, Humus, gefüllte Weinblätter und die traditionellen Ramadan Pide durften neben den Fleischgerichten natürlich ebenso wenig fehlen wie Baklava und Engelshaar. Während Zuhal Özkaja in der Küche die Zubereitung der Speisen überwachte, hatte Mandy Hannusch im der Alten Mensa alle Hände voll zu tun. Sie deckte die Tische für die 240 Gäste.

Doch nicht allein das gemeinsame Essen stand an diesem Abend im Mittelpunkt. "Natürlich wollen wir auch beten und meditieren", erklärte Tayfun Tilkicik und deutete auf einen eigens abgetrennten Bereich, in den sich jeder zurückziehen konnte. Zur Einstimmung rezitierte er einen Vers aus Sure 49. "Fasten ist bei diesem Wetter nicht einfach. Es verlangt viel Disziplin, gerade in der ersten Woche. Aber es ist machbar", erläuterte Tilkicik. Nach einem langen Tag des Verzichts sei es besonders schön, gemeinsam zu essen und miteinander ins Gespräch zu kommen.

"Der heutige Abend ist auch für mich ganz besonders", ergänzte Emine Gün. "Im Ramadan trifft man sich zum Fastenbrechen immer mit vielen Freunden und der ganzen Familie. Dann sitzen wir alle gemeinsam am Tisch. Darauf freue ich mich lange im Voraus", so die 33-Jährige. "Aber jetzt will ich erst einmal ein Glas Wasser haben." Bei der großen Resonanz auf das erste gemeinsame Iftar-Fest steht für Tayfun Tilkicik schon jetzt fest: "Das werden wir in Zukunft bestimmt noch einmal wiederholen."

KURZ GEFRAGT

Emine Gün ist 33 Jahre alt und arbeitet als Reinigungskraft in der Frauenklinik. Mit ihr sprach Gabriele Immenkeppel.

Wie geht es Ihnen an einem solch heißen Tag?
Emine Gün: Mir geht es wirklich gut. Ich habe keine Probleme mit dem Fasten.

Ist es nicht schwer, während des Ramadans diese körperlich schwere Arbeit zu erledigen?
Gün: Die ersten Tage vielleicht, aber dann hat man sich daran gewöhnt. Gott hilft mir, das durchzustehen.

Wie beginnt Ihr Tag?
Gün: Ich stehe mit meinem Mann so gegen drei Uhr morgens auf. Dann frühstücken wir. Brot, Käse, Marmelade, Börek. Anschließend kann ich mich noch etwas hinlegen, bevor ich um 9 Uhr mit der Arbeit beginne.

Welchen Grund könnte es für Sie geben, das Fasten abzubrechen?
Gün: Ich faste, seitdem ich 14 Jahre alt bin. Nur wenn ich sehr schwer krank wäre, würde ich darauf verzichten. Aber selbst dann würde ich versuchen,so lange wie möglich durchzuhalten.

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