Tanzpädagogin Petra Schliebitz bei Senioren Ein Lächeln für den Demenz-Clown

BONN · Ein Gemeinschaftsraum in einem Altenheim. An den Tischen sitzen Demente, scheinen ins Leere zu starren. Da weckt plötzlich eine junge Frau mit leicht geschminktem Clownsgesicht die Aufmerksamkeit. "Das ist immer der spannende Moment, in dem ich denke: Mein Gott, wie reagieren die jetzt?", erzählt Petra Schliebitz. Die Musik- und Tanzpädagogin durchläuft gerade eine Zusatzausbildung als Demenz-Therapieclown bei der niederländischen miMakkus.Stiftung.

 Petra Schliebitz Arm in Arm mit Paul Schmitz: Die Tanzpädagogin bringt gerne Menschen im Seniorenheim zum Lachen.

Petra Schliebitz Arm in Arm mit Paul Schmitz: Die Tanzpädagogin bringt gerne Menschen im Seniorenheim zum Lachen.

Foto: Horst Müller

Mit deren Lizenz bringt sie ihre Fähigkeiten im Seniorenheim Haus Rosental ein. „Ich esse so gerne Sahnetorte“, sagt da eine alte Dame eher zu sich selbst. Der Clown nimmt den Faden auf. „Ich auch“, stöhnt Schliebitz leise. Sofort nimmt die alte Dame Augenkontakt auf. Sie, die ansonsten den lieben langen Tag teilnahmslos zu sein scheint, blüht urplötzlich auf, erzählt der jungen Frau Unzusammenhängendes, das aber einen roten Faden aufweist: die Sahnetorte. Und sie streicht Petra Schliebitz sogar zärtlich über die Hand.

„Meine Aufgabe ist es, mit Hilfe von pantomimischen und Clownselementen verschüttete Fähigkeiten wieder herauszukitzeln, die Leute wenigstens für kurze Zeit zu aktivieren, ihnen freudige Momente zu schenken“, beschreibt die 34-jährige Pädagogin ihren Einsatz, der ihr in diesem Fall für eine Viertelstunde die uneingeschränkte Aufmerksamkeit der alten Dame schenkt. Die sucht nämlich gerade in allen Schubladen des Tisches nach Tortenstücken für sie beide.

Und der Clown beteiligt sich an diesem Spiel. Die alte Dame freut sich und lässt erst langsam von ihrem Thema ab, als sie ermüdet wieder in sich zusammensinkt. Das Lächeln ist aber noch in ihren Zügen geblieben.

Über die Befindlichkeit von Demenzkranken hat Petra Schliebitz in ihrer Schulung viel gelernt. „Die Emotion ist ja immer noch da. Man muss nur darauf eingehen können.“ Die Stiftung aus Eindhoven hat sie mit ihrer Therapiemethode, die längst flächendeckend in niederländischen Senioren- und Pflegeheimen eingesetzt wird, überzeugt.

Auch Bernd Bollig, Sozialarbeiter im Bad Godesberger Seniorenzentrum Heinrich Kolfhaus, schwört auf die Demenz-Clowns, seit Petra Schliebitz mit einem Kollegen bei ihm ihr Praktikum machte. „Die Clowns schaffen den Zugang zu einem sozial isolierten Menschen, und zwar nicht im Rampenlicht, sondern am Rande des Pflegeablaufs“, berichtet Bollig.

Rationalität spiele in der Begegnung keine Rolle mehr. Es gehe darum, Emotionen zu teilen und den in sich versunkenen Menschen zu befähigen, mit seinem Gegenüber in Kontakt zu treten.

„Wir wollen versuchen, Demenz-Clowns auch in Bonner Seniorenheimen zu etablieren“, berichtet Bollig aus dem städtischen Arbeitskreis Demenz, in dem er mitwirkt. Das Ziel sei, etwa mit Hilfe der Stiftung Bonner Altenhilfe eine Anschubfinanzierung für alle interessierten Einrichtungen auf die Beine zu stellen, damit Clowns wie Petra Schliebitz noch mehr demente Bonner erreichen können.

Wie etwa den alten Herrn, der stundenlang am Tisch saß und aus dem Fenster schaute. Clown Schliebitz hat es ihm eine Zeit lang einfach nachgetan, bis sich die Blicke kreuzen. Überrascht schaut ihr der Mann auf die rote Nase. Dann redet der ewige Schweiger drauflos. „Und plötzlich erfuhr ich, dass der selbst 25 Jahre als Kabarettist gearbeitet hatte und wie schön er die Zeit in Erinnerung hat.“

Kontakt über das Haus der Bonner Altenhilfe, Tel. 0228/77 66 99, oder die Homepage www.petraschliebitz.de

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