Unternehmer Axel Bergfeld Ein Mann der lauten Töne

Bonn · Die Bonner sind gefragt: Es geht um die Zukunft des Viktoriakarrees und die der Hallenbäder. In beiden Fällen spielt Axel Bergfeld eine wichtige Rolle.

Es war nicht der stärkste Moment des Axel Bergfeld (55). Am vorigen Wochenende hatte der Godesberger versucht, seinen Mitstreitern in der Initiative „Kurfürstenbad bleibt!“ einen ordentlichen Motivationsschub zu verabreichen. In einer flammenden Rundmail forderte er sie auf, zahlreich und mit Trillerpfeifen bewaffnet im Stadthaus zu demonstrieren.

Die Ratsfraktionen sollten noch einmal Druck spüren, bevor sie über das Bürgerbegehren zur Rettung des maroden Bades entschieden. Doch es war nur ein Häuflein von zwei Dutzend Aktivisten, die am Montagabend vor dem Ratssaal ein Transparent entrollten. „Na ja“, sagte Axel Bergfeld mit feinem Lächeln, „wir haben eben viele ältere Semester in der Initiative, die nicht so leicht zu mobilisieren sind“.

Was für ein Kontrast zum Herbst 2015, als er mit weit mehr als hundert Unterstützern im Stadthaus seinen Triumph über den Viktoriakarree-Investor Signa bejubelte. Anders als am Montag hatte sich damals eine knappe Ratsmehrheit dem Bürgerbegehren gegen das geplante Einkaufszentrum angeschlossen. Beide Bürgerbegehren hat Bergfeld gemeinsam mit anderen Engagierten organisiert; bei beiden war er aber auch der wahre Kopf hinter der Aktion – und diese Rolle genießt der Unternehmer ohne falsche Bescheidenheit. Der Mann hat eine Mission.

Bergfeld stammt aus einer Beamtenfamilie im Sauerland. Nach Bonn kam er, um Geografie und Sport zu studieren – und er blieb. Politisch stand er damals den Grünen nah und war in der Anti-Atom-Bewegung aktiv. Beim Bioladen Momo in Beuel, damals noch ein grünes Kollektivprojekt, mischte er mit, um „ganz praktisch Veränderung in die Welt zu tragen“. Daraus wurde: sein persönliches Erfolgsmodell. Heute betreibt Bergfeld Biomärkte mit rund 60 Beschäftigten in Bad Godesberg, Poppelsdorf und im Viktoriakarree. Dass er das Signa-Bürgerbegehren auch aus Eigennutz mit angestoßen haben könnte, weist er gelassen von sich: Sein Laden an der Stockenstraße habe ohnehin Stammkundschaft und sei von den Neubauplänen nicht betroffen.

Er wolle, sagt Bergfeld, dass die Vitalität des Viertels erhalten bleibe. Und vor allem, dass die Bürger selbst entscheiden, was dort geplant und gebaut wird. Die bald startende Bürgerwerkstatt (siehe unten) betrachtet er skeptisch, weil dort am Ende eine Jury entscheiden soll. Bergfelds Mission ist eine neue Kultur der Bürgerbeteiligung in Bonn – auf Augenhöhe mit Ratspolitikern und anderen Entscheidern.

Augenhöhe. Das ist so eine Schlüsselvokabel, wenn man mit dem beredsamen, jungenhaft-sympathisch wirkenden Mann spricht. Ein führender Ratspolitiker erinnert sich heute noch kopfschüttelnd an ein Gespräch mit Bergfeld im Fraktionsbüro, bei dem dieser als erstes Wert auf die Feststellung legte, dass nicht er um das Treffen gebeten habe, sondern der Politiker.

„Ich möchte den Bonnern helfen, ihre eigenen Interessen professioneller zu vertreten“, sagt Bergfeld. Es sei sein Talent, „viele Menschen zusammenzubringen und auf ein Ziel einzuschwören“. Faszinierend sei, wie stark die Gemeinschaft findet er, wie viel Engagement, Herzlichkeit und Wissen die Menschen einbrächten. Der Architekt, der sich unverhofft bei „Kurfürstenbad bleibt!“ gemeldet und kostenlos ein Gutachten zu den umstrittenen Reparaturkosten des Bads geschrieben hat, sei da nur ein Beispiel von vielen.

Demonstrationen im Viktoriakarree, Anträge auf Akteneinsicht bei der Stadtverwaltung, rege Kommunikation über Facebook und zahllose Pressemitteilungen – Bergfeld und seine Mitstreiter sind extrem aktiv. Dass er dabei bewusst raue Töne anschlägt, streitet der 55-Jährige nicht ab. So wirft er der Signa aggressive „Leerstandspolitik“ und Oberbürgermeister Ashok Sridharan „Täuschung“ bei den Kurfürstenbad-Kosten vor.

Seine Frau, die Kommunikationsberaterin ist, rät ihm gelegentlich, weniger auf Konflikt zu setzen. Er sieht das anders: „Wer aufs Schlachtfeld geht, muss erst schießen, bevor er die weiße Flagge zeigt.“ Das führt zu so abstrusen Ultimaten wie diesem: Bis 21. Januar sollte Signa die Fassaden und Schaufenster der Häuser im Viktoriakarree reinigen, die der Konzern gekauft hat. Ansonsten, kündigte Viva Viktoria an, werde man selbst tätig, um danach der Signa die Kosten in Rechnung zu stellen.

Für Bergfeld ist so ein Eingriff in fremdes Eigentum ein „klassisches Instrument gewaltfreien Widerstands“, die gezielte „Ankündigung einer Grenzüberschreitung“. Damit, findet er, habe man eine Handlungsoption und „Souveränität“ gewonnen. Reagiert hat die Initiative auf die verstrichene Frist aber bisher nicht.

Jemals für den Stadtrat zu kandidieren, kann sich Axel Bergfeld nicht vorstellen. „Ich bin glücklich, dass wir so frei sind“, betont er. Von den Grünen ist er schwer enttäuscht, weil sie im Rat gegen das Bürgerbegehren zum Kurfürstenbad gestimmt haben. Beim Bürgerentscheid, der jetzt folgt, wird er sich weiter ins Zeug legen, um die Bonner von seiner Sache zu überzeugen. Für sein Hobby Fußball, als Verteidiger im Polizeisportverein, dürfte bis zur Stimmauszählung im April wenig Zeit sein. Ist aber auch nicht seine Priorität: „Politisch aktiv sein zu dürfen“, sagt Axel Bergfeld, „das beseelt mich.“

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