Forschung in Bonn Ein Ortstermin am Tomographen

Bonn · Oberstufenschüler eines Biologie-Leistungszentrums aus dem Rheingau informierten sich am Zentrum für neurodegenerative Erkrankungen über Demenzforschung. Für das DZNE ist der Besuch ein Testballon.

 Schülerinnen machen mit Doktorandin Jolanda Schwarz Experimente am Magnetfeld des Magnetresonanz-Tomographen.

Schülerinnen machen mit Doktorandin Jolanda Schwarz Experimente am Magnetfeld des Magnetresonanz-Tomographen.

Foto: Martin Wein

Wie das Triebwerk eines Flugzeugs brummt der Tomograph aus dem Lautsprecher im Kontrollraum, als das Gerät sich in Bewegung setzt. Sekunden später zeigt sich auf dem Monitor, dass die Glasgefäße im Probenhalter keineswegs nur Wasser enthalten. Durch starke Magnetfelder angeregt, verraten die Atomkerne in den Flüssigkeiten unterschiedliche Inhaltsstoffe.

Ein anschauliches Experiment für eine Schülergruppe. „So kann man mit der Magnetresonanztomographie (MRT) zum Beispiel auch weiße von grauer Gehirnsubstanz unterscheiden“, erklärt Physikdoktorandin Jolanda Schwarz im Deutschen Zentrum für Neurodegenerative Erkrankungen (DZNE), nachdem sie den Lautsprecher stumm geschaltet hat. Auch krankhafte Veränderungen des Gehirns wie die gefürchtete Alzheimer-Krankheit werden im MRT sichtbar – allerdings erst im Endstadium. Dann folgen viele Fachbegriffe als Synapsentrainig für die Schüler und eine Zusammenfassung für den Journalisten. „Das ist im Grunde nach der Kern, warum wir alle hier sind: Demenzerkrankungen frühzeitig zu erkennen, um sie dann möglichst auch zu behandeln oder sogar zu verhindern“, sagt Schwarz.

Fachlehrerin Jacqueline Munoz Cifuentes ist mit ihrem Biologie-Leistungskurs aus der Internatsschule Schloss Hansenberg für Hochbegabte im hessischen Geisenheim zweieinhalb Stunden nach Bonn gereist, um einen Tag lang am DZNE mehr über Demenzforschung zu erfahren. Der wissenschaftsnahe Verein „Du denkst Zukunft“ hat das Programm zusammen mit einem Projekttag in der Schule entwickelt und setzt es bundesweit um. Die Organisatoren möchten damit Themen der Spitzenforschung populär machen und zugleich um künftigen Forscher-Nachwuchs werben. „Für die jungen Leute stellt sich jetzt die Frage nach ihrer weiteren Ausbildung. Da ist es eine großartige Möglichkeit, ein reales Forschungsumfeld zu erleben“, findet Munoz.

Unter starken Mikroskopen – viel besser als übliche Schulgeräte – erkennen auch Natalie Herrlich und Martin Müller, dass es im Gehirn keineswegs nur Neuronen gibt. Viele verschiedene Zelltypen erfüllen dort unterschiedlichste Aufgaben. Da sind zum Beispiel die sternförmigen Astrozyten, die die Neuronen über ihre Fortsätze aus der Blutbahn ernähren, aber auch die Blut-Hirn-Schranke aufrechterhalten und damit das Eindringen von Schadstoffen und Krankheitserregern verhindern. „Meine Großmutter hat vielleicht Alzheimer – oder aber eine andere Demenzerkrankung“, sagt Müller. Dem 17-Jährigen gibt der Besuch Sicherheit und Hoffnung. „Es ist gut, dass man schon so viel darüber weiß. Irgendwann könnte es Heilung geben.“ Nach dem Besuch auf dem Venusberg ist der junge Mann allerdings noch sicherer als zu vor, dass er selbst keinen medizinischen Beruf anstreben wird. „Ich bin dafür zu weich.“ Er möchte lieber Jurist werden.

Auch Natalie Herrlich hat der Praxistag in Bonn viel gebracht. „Von Demenz hört man sonst nur im Familienkreis oder aus den Medien. Wir haben das Thema nun aus unterschiedlichen Richtungen kennengelernt - medizinisch, gesellschaftlich sozial.“ Nach dem Abitur im kommenden Sommer möchte die ebenfalls 17-Jährige in jedem Fall Medizin studieren. Nur über die spätere Fachrichtung hat sie noch keine Gewissheit.

„Für uns war der Tag mit den Schülern ein Testballon“, sagt Anne Thieme vom DZNE. Das binde zwar Ressourcen. Aber auch Nachwuchsgewinnung für Medizin und die Naturwissenschaften sei für das Zentrum eine wichtige Aufgabe. Gut möglich, dass es eine Wiederholung gibt - beim nächsten Mal vielleicht gemeinsam mit einer Bonner Schule.

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