Frühstück mit VHS-Chefin Ingrid Schöl Eine Frau, die weiß, was sie will

Bonn · Ingrid Schöll kehrt gerne zurück. Zum Beispiel nach Bonn, wo die gebürtige Koblenzerin studiert hat und 2004 als Leiterin der Volkshochschule in die Stadt zurückkam. Oder ins FAZ-Café der Bonner Uni, sozusagen an den Ort, an dem sie den ersten Kontakt zu ihrer Studienstadt knüpfte. Damals befand sich in der Säulenhalle noch das Sekretariat, in dem sich die heute 57-Jährige für Germanistik und Geschichte einschrieb.

Doch dazwischen lernte und lebte die Überzeugungstäterin, was Erwachsenenbildung angeht, auch an anderen Orten. Schöll ging zum Studium nach Bordeaux, promovierte in Bildungswissenschaften an der Uni Duisburg-Essen, leitete Volkshochschulen in Witten und Saarbrücken.
Ingrid Schöll: Ich bin ein bisschen in der Republik herumgekommen. Dass hat meinen Blick auf Bonn geschärft. Ich krittele schon mal, aber im Frühjahrskleid ist Bonn einfach so was von charmant.

Für sie ist der Blick aus dem Unihauptgebäude über den Hofgarten "im besten Sinne wertkonservativ", einfach genauso, wie zu ihrer Studienzeit. Dafür dauere auch manches andere in Bonn länger. Zum Beispiel habe es sie bei ihrer Rückkehr gewundert, wie tief die Wunde des Regierungsumzugs auch Jahre danach noch klaffte, obwohl sich zugleich die Stadt aus dem Blickwinkel vieler positiv entwickelt und verjüngt hatte.
Schöll: Bis heute werde ich nicht müde zu betonen, welche Bedeutung die Dax-Konzerne und ihre Belegschaft für die Stadt, auch für die Volkshochschule, haben. Die sind unsere Nutzer und ein spannendes Umfeld zugleich. Das bietet tolle Kooperationsfelder und Zukunftschancen.

Überhaupt die Erwachsenenbildung, da gerät Schöll ins Schwärmen. Nicht zuletzt, weil Erwachsene im Gegensatz zu schulpflichtigen Kindern aus freien Stücken lernen. Eine Begegnung auf Augenhöhe. So wie es die Älteste von vier Geschwistern, die selbst keine Kinder hat, gerne mag.
Schöll: Ich habe Kinder erzogen und bin eine kreative Tante.

Als Historikerin und VHS-Chefin aus Leidenschaft erklärt Schöll zwischendrin noch mal kurz, wie die Volkshochschule 1904 von der Bonner Alma mater aus der Taufe gehoben wurde.
Schöll: Das ist in vielen deutschsprachigen Universitätsstädten so, zum Beispiel auch in Wien.

Dafür, dass die VHS auch heute den Stellenwert in Bonn bekommt, der ihr nach Schölls Ansicht gebührt, kämpft sie wie eine Löwin. Ihr größtes Projekt: die neue Bleibe im alten Stadthaus am Bottlerplatz nebst neuem Anbau. Gerade konnte Grundsteinlegung gefeiert werden, für April 2014 ist die Fertigstellung geplant. Ein Meilenstein auf Schölls Weg.
Schöll: Eine moderne VHS ist offen für die Bürgerschaft, erschließt ihr die Stadt in allen Facetten, ermöglicht dem Einzelnen individuelle Fortbildung und schultert auch noch gesellschaftliche Herkulesaufgaben wie zum Beispiel die Integration. An der Bonner VHS sind 141 Nationen vertreten.

Damit ist für die begeisterte Joggerin, die sich selbst einen Morgenmuffel nennt und in den frühen Stunden des Tages keinen nennenswerten Redebedarf verspürt, der Auftrag zum Brückenschlag verbunden.
Schöll: Der Graben ist groß zwischen dem dörflichen Bonn und der internationalen Stadt.

Daran arbeitet die Frau, die weiß, was sie will, mit langem Atem. Unter anderem mit einem englischsprachigen Zweig der VHS, noch klein, aber im Aufbau. Und einen Lösungsansatz, den sie im Ringen um die Sache schätzt, hat sie sich aus ihrer Saarbrücker Zeit bewahrt.
Schöll: Dort geht man essen, wenn man ein Problem hat.

Ihre morgendliche Vorliebe für Joghurt hat sie im Saarland um eine leicht dekadente Schwäche für Austern erweitert und dabei schätzen gelernt, wenn Mann die hermetischen Muschelschalen zu öffnen versteht. Ihr Freund Norbert Alich hat andere Qualitäten, die viele Bonner nicht missen möchten. Sie begleitet den Kabarettisten auch mal zu einem seiner Auftritte. Aber genauso gerne besucht sie mit ihm die Oper.

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