Polizei, Rettungsdienst und Feuerwehr Welche Sonderregeln gelten auf Einsatzfahrten?

Bonn · Ein Polizeiauto ist am Dienstag in Meckenheim mit einem Pkw zusammengestoßen. Der Streifenwagen war auf einer Einsatzfahrt mit Sonderrechten. Welche besonderen Regelungen gelten generell für Fahrzeuge auf dem Weg zu einem Einsatz?

 In Meckenheim ist ein Polizeiauto auf dem Weg zu einem Einsatz mit einem anderen Fahrzeug zusammengestoßen.

In Meckenheim ist ein Polizeiauto auf dem Weg zu einem Einsatz mit einem anderen Fahrzeug zusammengestoßen.

Foto: Axel Vogel

Es passiert nicht oft, doch wenn es passiert, kann es in doppelter Hinsicht tragisch sein: Ein Unfall mit einem Auto der Feuerwehr, Polizei oder Rettungsdienst auf dem Weg zu einem Einsatz. Am Dienstag ist bei einem Zusammenstoß zwischen einem Pkw und einem Polizeiwagen in Meckenheim eine Frau lebensgefährlich verletzt worden. Auf dem Weg zu einem Unfall oder einem Brand dürfen Einsatzfahrzeuge schneller fahren als erlaubt und auch rote Ampeln überfahren – doch welche Regeln gelten wann für Einsatzwagen auf dem Weg zum Einsatzort?

„In der Straßenverkehrsordnung ist eigentlich alles geregelt, was man darf und was man nicht darf“, fasst es der Bonner Feuerwehrsprecher Frank Frenser zusammen. Entscheidend sind hier die Paragraphen 35 und 38. Paragraph 35 regelt die Sonderrechte, also die Ausnahmen von der Verkehrsordnung. Diese gelten unter anderem für Fahrzeuge der Feuerwehr und der Polizei – sofern das „für die Erfüllung hoheitlicher Aufgaben dringend geboten ist“, so der Gesetzeswortlaut. Für die Polizei schließt das jedes polizeiliche Handeln ein, sagt der Bonner Polizeisprecher Simon Rott. Ob Sonderrechte für einen Einsatz gelten, legt im Normalfall die Einsatzleitstelle fest, da hier der Kontakt zum Gefahrenmelder besteht. „Über die tatsächliche Nutzung von Sonder- und Wegerechten entscheidet jedoch der Fahrzeugführer“, sagt Rott.

Martinshorn und Blaulicht zeigen Sonderrechte an

Für Rettungsfahrzeuge gilt: Diese sind laut Paragraph 35 von den Regeln der Straßenverkehrsordnung (StVo) ausgenommen, wenn „höchste Eile“ geboten ist, um Menschenleben zu retten oder um schwere gesundheitliche Schäden abzuwenden. Michael Pluta vom Rettungsdienst des Deutschen Roten Kreuzes (DRK) Bonn weist auf Pflichtschulungen und Fahrsicherheitstrainings für Fahrer hin, die beim DRK Bonn regelmäßig stattfinden. Hier werden auch Unfälle genau analysiert, um den Hergang nachvollziehen zu können.

Pauschal gilt: Ihre Sonderrechte signalisieren Einsatzfahrzeuge im Normalfall mit Martinshorn und Blaulicht. Das regelt Paragraph 38 der StVo. Nachts reiche jedoch oft das Blaulicht, um den Schlaf der Anwohner nicht zu stören, sagt Feuerwehrsprecher Frenser. Selbstverständlich gelte auch für Fahrer in Einsatzwägen eine Sorgfaltspflicht und die Regeln des vorausschauenden und verantwortungsbewussten Fahrens – so besagt es auch der Sonderrechtsparagraph der Straßenverkehrsordnung. „Der Führer eines Fahrzeuges muss also ständig die Gefahren, die durch die Nutzung von Sonder- und Wegerechten entstehen, mit der dringenden Notwendigkeit der zu erfüllenden Aufgabe abwägen“, fasst es Polizeisprecher Rott zusammen. Das gilt zum Beispiel auch für die Übertretung des Tempolimits.

Übrigens: Auch Angehörige der Freiwilligen Feuerwehr, die im Privatauto auf dem Weg zu einem Einsatz sind, dürfen grundsätzlich Sonderrechte wahrnehmen. Das sei jedoch immer mit Risiken verbunden, da dies den anderen Verkehrsteilnehmern nicht signalisiert werden kann, so der Leiter der Freiwilligen Feuerwehr Niederkassel, Heinz Ewald Verwey.

Blinken kann in unklaren Situationen helfen

Erhöhte Vorsicht ist besonders bei Überholmanövern und an Kreuzungen geboten. Hier sollte jeder Verkehrsteilnehmer darauf achten, ob das Blaulichtfahrzeug zwischen den Fahrzeugen durchfahren möchte oder eher in den Gegenverkehr ausweicht, meint Pluta. Andere Verkehrsteilnehmer können dem Einsatzwagen in unklaren Situationen helfen: „Schön ist immer, wenn die Autofahrer uns entweder durch Blinken oder zur Not durch Warnblinken zu erkennen geben, dass sie uns gesehen haben“, führt Michael Pluta vom DRK Bonn aus.

Wenige Unfälle im vergangenen Jahr

So kompliziert es in der Theorie klingen mag, in der Praxis funktioniert es in den meisten Fällen. Die Polizei Bonn war im vergangenen Jahr in insgesamt elf Verkehrsunfälle verwickelt, die auf dem Weg zu einem Einsatz passierten, wie die Beamten mitteilen. Hierbei wurden zwei Polizeibeamte verletzt. Bei Sonderrechtsfahrten von Fahrzeugen von Feuerwehr und Rettungsdienst der Feuerwehr Bonn und der verschiedenen Leistungserbringer im Rettungsdienst gab es im vergangenen Jahr 21 „Ereignisse“; diese beschränkten sich im Wesentlichen auf Schäden an Außenspiegeln, die bei Einsatzfahrten beschädigt wurden, “wenn es mal eng wurde“, so der Feuerwehrsprecher Frensa.

Im Februar 2020 kollidierte eine Straßenbahn mit einem Notarztwagen in Beuel. Der Fahrer des Rettungswagens wurde leicht verletzt. Einen ähnlichen Unfall gab es im August, als in Bonn ein Polizeiauto mit einer Straßenbahn zusammenstieß. In den Jahren zuvor kam es hingegen auch zu folgenschwereren Unfällen: 2018 wurde eine Fußgängerin bei einem Unfall eines Notarztwagens und eines Taxis in Mehlem getötet.

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