Wegen Stolperfallen Stadt Bonn verbietet Kessenicher Aufladen seines E-Autos
Bonn · Die Stadt Bonn hat einem Kessenicher verboten den Bürgersteig zum Aufladen seines Elektroautos zu nutzen. Jetzt hat sich der Oberbürgermeister eingeschaltet.
Im Handumdrehen ist die Schnur vom Auto zum Haus gezogen. Ludger Limberg-Polchau legt noch eine Abdeckung drüber. „Fertig.“ Das Kabel führt durch den Haken an der blauen Hauswand hinauf zur Wallbox. „Da ich den Umweltschutz vorantreiben und die Schadstoffbelastung dezimieren möchte, habe ich mir im Mai 2018 ein Elektroauto gekauft“, erzählt Limberg-Polchau.
Damit das Auto auch Strom bekommt, hat er sich eine Ladebox angeschafft und am Haus installieren lassen. Kostenpunkt 1400 Euro. Es gibt nur ein Problem: Aufladen darf er das Fahrzeug dort nicht. Das Haus des Bonners steht im älteren Ortsteil von Kessenich in einer geschlossenen Häuserzeile. „Leider ohne Garage oder Stellplatz“, erzählt Limberg-Polchau. Deshalb habe er versucht, ein Sondernutzungsrecht für den Parkplatz vor seinem Haus zu bekommen. Aussicht auf Erfolg habe dieses Unterfangen nicht gehabt, wie die Stadtverwaltung erklärte.
Dass er seinen Plug-In-Hybriden dennoch eine Zeitlang vor der Haustür aufladen konnte, habe auch mit dem Verständnis der Nachbarn zu tun gehabt, betont Limberg-Polchau: „Meine Nachbarn waren so nett und haben mir die Lücke freigehalten.“ Eineinhalb Jahre habe er das Fahrzeug auf diese Weise dort laden können – „und das ohne Probleme und Vorfälle“, sagt er.
Ordnungsamt verbietet das Laden über den Gehweg
Bis vor ein paar Wochen drei Mitarbeiter des Ordnungsamts vor der Tür standen. „Sie haben mich darauf hingewiesen, dass es nicht erlaubt ist ein Kabel über den Gehweg zu legen“, berichtet Limberg-Polchau. Also musste er das Ladekabel entfernen. Zudem wurde ihm das Laden über den Gehweg untersagt. „Die Mitarbeiter verwiesen mich an den Stadtordnungsdienst“, so Limberg-Polchau, der sofort dessen Nummer wählte und die Auskunft erhielt, dass es hierzu keine Ausnahme oder Sonderregelung gebe.
„Ich habe auf die öffentlichen Ladestationen in der Pützstraße und am Quirinusplatz hingewiesen. Die werden von vielen Passanten gekreuzt, und dort liegen die Kabel ungesichert auf dem Boden herum“, sagt Limberg-Polchau. Dies sei ja kein Gehweg und dürfe eigentlich auch nicht sein, habe die Antwort des Amtes mit Hinweis auf die Rechtslage gelautet. Der Anwohner sollte sich an die Politik wenden.
Kabelverlegung unter dem Bürgersteig auch nicht möglich
Limberg-Polchau schrieb daraufhin einen Brief an den Oberbürgermeister. „Ich habe geschrieben, dass ich mein Auto verkaufen werde, wenn sich an der Sachlage nichts ändert. Das Ganze wird ja ad absurdum geführt, wenn man eigentlich die Innenstädte schadstofffrei bekommen will, den Bürgern aber nicht gestattet, ihre Autos zu laden“, so der Bonner. Schon 2018 habe Limberg-Polchau der Stadt vorgeschlagen, das Kabel einfach unter dem Bürgersteig zu legen.
Das sei aber nicht möglich, wie Andrea Schulte vom Presseamt erklärt: „Eine unterirdische Verlegung privater Leitungen ist kritisch, da Leitungspakete im Gehweg oder auch der Fahrbahn gequert werden. Vor allem unter Gehwegen ist in der Regel nicht genug Raum für weitere Kabel“, so Schulte. Alternativ wollte der Autofahrer die Wallbox an einem Straßenschild anbringen. Das aber hätte als öffentliche Ladestation für jedermann gegolten, die Limberg-Polchau schon aus Haftungsgründen nicht betreiben wollte.
Nun spielt der Autofahrer mit dem Gedanken, einen „Galgen“ zum Fahrzeug zu schwenken. „Das sieht aber scheußlich aus, und wer weiß, ob ich das überhaupt genehmigt bekomme“, sagt er. Die bisherige Lösung schien da am einfachsten: „Mein Ladekabel läuft während des Ladens von der Hauswand über den Gehweg zum Fahrzeug, gesichert mit der Kabelabdeckung.“
Oberbürgermeister bittet um Geduld
Inzwischen hat sich offenbar das Büro des Oberbürgermeisters in die Angelegenheit eingeschaltet. In einem Schreiben bittet Ashok Sridharan den Kessenicher um Geduld: „Der Oberbürgermeister hat eine Klärung Ihres Anliegens im Fachdezernat veranlasst“, steht darin. Nun heißt es warten und hoffen. „Ich erwarte von der Politik, dass alle Privatleute, egal in welcher Wohnlage sie sich befinden, ihre E-Autos laden können“, fordert Limberg-Polchau. Auch weil der Ladevorgang einige Stunden in Anspruch nimmt, hätten die meisten Bonner sonst keine reelle Chance, ein Elektrofahrzeug zu fahren.
„Die Politik muss eine Lösung finden und die Rechtslage ändern. Es muss den Ämtern gestattet sein, unter bestimmten Voraussetzungen Ausnahmen machen zu dürfen.“ Eigentlich wollte Limberg-Polchau seinen Plug-In-Hybrid bald gegen ein reines Elektroauto tauschen. Sollte sich aber an der Regelung nichts ändern, kauft er sich wieder einen Benziner.