Bonner Kopf Elsa Funk-Schlör Herz und Kopf hinter den Brüser Berger Konzerten

Brüser Berg · Musik ist ein wichtiger Bestandteil im Leben von Elsa Funk-Schlör. Vielen Brüser Bergern ist sie bekannt als Leiterin der gleichnamigen Kammermusikreihe. Der Ursprung ihres künstlerischen Wirkens liegt in Tadschikistan.

 Elsa Funk-Schlör ist Initiatorin und seit 2013 Leiterin der Kammermusikreihe „Brüser Berger Konzerte in E“.

Elsa Funk-Schlör ist Initiatorin und seit 2013 Leiterin der Kammermusikreihe „Brüser Berger Konzerte in E“.

Foto: Privat

Wer mit Elsa Funk-Schlör (61) spricht, spürt ihre Liebe zur Musik. Sie ist Initiatorin und Leiterin der Kammermusikreihe „Brüser Berger Konzerte in E“ zudem Gründungsmitglied und Vorsitzende des Musikfördervereins „Brüser Berger Musikpreis“. Und wenn man die freiberufliche Sängerin, Gesangslehrerin und Kulturmanagerin nach ihrem Weg zur Musik fragt, wird es spannend: Denn der begann im tausende Kilometer von hier entfernten Duschanbe in Tadschikistan.

Geboren wurde Funk-Schlör als Kind Deutschstämmiger. In Duschanbe besuchte sie eine Musikschule für musisch begabte Kinder und genoss eine entsprechende Ausbildung. „Das Gute an dieser Musikschule war, dass die allgemeinbildende Schule und die musische Ausbildung eine Einheit bildeten“, erzählt Funk-Schlör. Dabei seien Inhalte aus der Stimm- und Gehörbildung Solfege, der Musikgeschichte und einem Instrumentalhauptfach ebenso vermittelt worden wie Lesen und Schreiben.

Viele Kilometer bis zur Schule

Abenteuerlich wurde es für das Mädchen, als sie mit neun Jahren mit der Familie nach Tartu in Estland zog: „Als Deutsche durften wir nicht in der Stadt wohnen, sondern mussten weit außerhalb leben.“ Täglich musste sie 30 Kilometer bis zur Schule in Tartu bewältigen, und das manchmal mit viel zusätzlichem Aufwand. „Da die normale Schule und der Musikunterricht nicht mehr zusammengehörten, musste ich nach der Schule in der Stadt bleiben und zur Musikschule gehen. Es war Glückssache, wenn ich dann abends noch den letzten Bus nach Hause bekam. Es gab einige befreundete Familien in der Stadt, mit denen vereinbart wurde, dass ich notfalls dort schlafen könnte“, erzählt Funk-Schlör. Und wenn sie Glück hatte und den Bus noch erreichte, musste sie aber die letzten sieben Kilometer alleine durch einen Wald laufen. „Seitdem singe ich“, erzählt Funk-Schlör und lacht. „Ich habe immer im Wald gesungen und damit meine Angst vertrieben. Heute weiß ich, dass unser Gehirn so funktioniert, dass  es unmöglich ist, zugleich zu singen und Angst zu haben.“ Allen Widrigkeiten zum Trotz war die Ausbildung in Tartu gut, und Funk-Schlör erhielt nicht nur Unterricht am Klavier, das damals ihr Hauptinstrument war, sondern auch eine Gehörbildung sowie eine Ausbildung in Harmonielehre und Kammermusik, beste Voraussetzungen für ihren weiteren Werdegang.

Wie wichtig ihr die Musik war und wie sehr sie diese in ihrem Leben brauchte, merkte sie in Unna-Massen, wo es ein Durchgangslager für Aussiedler und Geflüchtete gab. Zuvor war die Familie 1975 nach Deutschland gekommen. „In den ersten Monaten ohne Instrument habe ich die Musik sehr vermisst“. 1976 zog die Familie nach Bergneustadt. Dort habe ihr Musiklehrer am Gymnasium schnell ihre musikalische Begabung erkannt – neben dem Klavierspiel vor allem ihr Gesangstalent. „Dieser Lehrer hatte schier unbegrenzte Energie und unkonventionelle Methoden und schaffte es, die ganze Schule für Musik zu begeistern – große Konzerte und Opern wurden aufgeführt, und schon bald musste ich Pamina und Papagena singen. Diese Schule hat viele Profimusiker hervorgebracht.“

Studienabschluss mit Bravour

Funk-Schlör nahm jetzt zwar Gesangsunterricht, blieb jedoch hartnäckig beim Klavier als Hauptinstrument. Auch ihren Ehemann habe sie mit der Stimme verzaubert, der in Aachen Informatik studierte, während sie dort an der Aachener Abteilung der Hochschule für Musik und Tanz Köln studierte. Irgendwann war auch sie selbst von ihrer Stimme überzeugt und schwenkte zum Gesangsstudium um, das sie mit Bravour abschloss.

Für die inzwischen entstandene kleine Familie ging es von Aachen dann zunächst nach Oldenburg in Niedersachsen, bevor die Familie 2003 nach Bonn auf den Brüser Berg kam. Wo auch immer sie gerade ansässig war, engagierte Funk-Schlör sich musikalisch, unterrichtete und sorgte für kulturelles Leben: „Ich liebe Menschen, und ich liebe es, sie zu fördern. Ich komme aus einer Familie von Theologen und Lehrern – da liegt das wahrscheinlich in den Genen“. Aktuell gibt sie neben ihrer Gesangsklasse Stimmbildungskurse, teils speziell für ältere Stimmen. „Stimmbildung ist wie eine Massage für die Seele. Arbeit an der Stimme macht einfach glücklich, das sieht man den Menschen förmlich an und besser und schöner Singen kann man danach auch.“

Musik in Kirchen

Zentral bei ihrer Kulturarbeit sind immer wieder kirchliche Räume. „Ich komme aus einer Freikirche und kenne von da nur munteres Treiben, viele Gottesdienstbesucher und sehr viel Musik“, sagt Funk-Schlör. Sie setzte sich dafür ein, dass es in der Emmaus-Kirche mehr Musik gibt. Nach einigen Benefizkonzerten entschloss sich die Kirchenleitung zum Erwerb eines Flügels, da durch Spenden ein großer Grundstock bereits vorhanden war.  Zudem gibt es seit etwa acht Jahren die „Brüser Berger Konzerte in E“, wobei der Buchstabe für Engagement, Esprit, Emotion und Energie steht. Das 100. Konzert hätte während der Pandemie stattfinden sollen.

Funk-Schlör drückt – im besten Sinne – allen Konzerten ihren Stempel auf: Das beginnt mit der sorgsamen Auswahl der jungen Künstler, die am Anfang großer Karrieren stehen und die sie einlädt, bevor sie die großen Bühnen der Welt erobern. Durch besondere Verbindungen zum Brüser Berg spielten hier bereits internationale Größen wie Sheila Arnold, Katya Derzhavina und das Boulanger-Trio. Der Schwerpunkt liegt aber auf der Förderung der jungen Musiker, die hier einen akustisch dankbaren Raum und aufmerksame Zuhörer vorfinden sowie einen herzlichen Empfang und eine garantierte Gage erhalten. Das weiß das Publikum zu schätzen, das gerne aus ganz Bonn auf den Brüser Berg pilgert.

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