Familienhelfer dürfen nicht einreisen Bonner Eltern warten auf Au-pairs

Bonn · Viele junge Ausländer dürfen wegen der Corona-Pandemie derzeit nicht einreisen. Manche Familien sind aber auf die Hilfe der Au-Pairs angewiesen.

 Au-Pairs kümmern sich um den Nachwuchs und lernen zugleich Kultur und Alltag im Gastgeberland kennen. (Symbolbild)

Au-Pairs kümmern sich um den Nachwuchs und lernen zugleich Kultur und Alltag im Gastgeberland kennen. (Symbolbild)

Foto: picture-alliance / gms/gms/EF_Au-Pairs

Zwei Vollzeitjobs und drei Kinder: Normalerweise hilft ein Au-pair der Familie Figge aus Bonn, wenn es mal knapp wird. Naé (9) aus der Schule abholen, Lia (11) zu einer Freundin fahren oder mit Tessa (6) spielen: Für die Eltern, die beide 40 Stunden pro Woche arbeiten, die Mutter bei DHL, der Vater bei der Deutschen Telekom, ist dies ein Organisationsaufwand, der ohne zusätzliche Unterstützung nicht möglich ist. Doch während der Coronakrise müssen sie sehen, wie sie es schaffen, denn ihr neues Au-pair-Mädchen sitzt in Madagaskar fest. „Sie darf nicht einreisen, bekommt kein Visum“, berichtet Joan Eva Figge (43). Unterstützung von ihren Verwandten kann die Familie nicht bekommen – sie wohnen zu weit weg.

Das Problem haben derzeit viele Familien, die sich eigentlich auf die Unterstützung eines Au-pairs aus einem visapflichtigen Land verlassen. Mehr als 7000 junge Menschen kommen sonst jedes Jahr aus Nicht-EU-Ländern nach Deutschland, um Auslandserfahrungen zu sammeln und Familien bei der Kinderbetreuung zu helfen. Dabei sind Au-pairs nicht einfach nur Babysitter. Sie sind – meist für ein Jahr – Teil der Familie, haben ein eigenes Zimmer, bekommen ein Taschengeld. Dafür passen sie auf die Kinder auf, fahren sie zur Schule oder zum Fußball, kochen Essen für den Nachwuchs. „Es ist ein Kulturaustausch-Programm“, erklärt Monika Supernok, Vizevorsitzende der Gütegemeinschaft Au-pair. Der Verein mit Sitz in Neunkirchen-Seelscheid setzt sich für Transparenz und Qualität während eines Au-pair-Aufenthalts ein.

Derzeit erreichen Supernok allerdings viele Hilferufe von Familien und Au-pairs: Familien sind dringend auf der Suche nach Unterstützung. Lediglich junge Menschen aus Ländern der Europäischen Union und aus wenigen Ausnahme-Staaten können derzeit nach Deutschland einreisen. Doch es gibt nicht genügend Angebote für die vielen Familien, die ein Au-pair suchen. Und die Au-pairs, die gerne die Familien unterstützen möchten, wissen nicht, wann sie wieder die Chance auf Auslandserfahrungen bekommen.

Die Bundesregierung hat seit Mitte Juli auf Empfehlung der EU Ausnahmen bei der Einreise aus einigen Staaten außerhalb Europas erlassen. Seitdem können Menschen aus Australien, Georgien, Kanada, Neuseeland, Thailand, Tunesien und Uruguay wieder einreisen, „auch zum Zwecke des Aufenthalts als Au-pair“, wie es aus dem Bundesinnenministerium heißt. Japan, Südkorea und China sollen bald folgen, sobald auch Deutsche in diese Länder wieder ohne größere Probleme reisen können, so eine Ministeriumssprecherin.

 Derzeit erreichen Monika Supernok allerdings viele Hilferufe von Familien und Au-pairs: Familien sind dringend auf der Suche nach Unterstützung.

Derzeit erreichen Monika Supernok allerdings viele Hilferufe von Familien und Au-pairs: Familien sind dringend auf der Suche nach Unterstützung.

Foto: Privat

Für alle anderen Länder bestehen die Einreisebeschränkungen weiter. Die Bundesregierung prüfe jedoch „zusammen mit ihren europäischen Partnern fortlaufend, ob und inwieweit bestehende Einreisebeschränkungen weiter aufgehoben werden können“, so das Bundesinnenministerium.

Bis dahin heißt es für Familie Figge und viele andere: warten. Dabei bedeutet ein Au-pair für sie vor allem eines: Flexibilität. „Wenn ein Kind krank ist, ist das Au-pair da, auch am Morgen, wenn die Kinder zur Schule müssen.“ Babysitter könnten sie nicht so flexibel organisieren. „Für unsere Töchter ist das Au-pair wie eine große Schwester“, schwärmt Figge, die ursprünglich aus Frankreich kommt. „Sie lernen so fremde Kulturen kennen. Unsere Au-pairs waren immer toll für die Familie.“

Die Mutter wünscht sich, dass die Politik Ausnahmeregeln findet. Dafür kämpft auch Supernok. „Viele Familien sind verzweifelt, sie können nicht mehr“, berichtet sie. „Zahlreiche Betriebe kehren zu normalen Arbeitszeiten zurück, aber auch von Zuhause aus zu arbeiten und dabei die Kinder zu betreuen – das stellt viele Familien vor große Probleme.“ Wenn für Au-pairs eine Sonderregel gefunden werden könnte, wäre das für viele Familien und die jungen Menschen hilfreich. „Natürlich müssen die Sicherheitshinweise beachtet werden. Aber da ein Au-pair über ein eigenes Zimmer verfügt, könnte auch die Quarantäne eingehalten werden. Ein Test könnte auch direkt bei der Einreise gemacht werden“, sagt Supernok.

Vielleicht schafft der Europäische Rat Ende August oder Anfang September Klarheit. Deutschland, aktuell in der Rolle der EU-Präsidentschaft, will dann Einreisemöglichkeiten für Au-pairs „zur Diskussion stellen“, wie es aus dem Bundesinnenministerium heißt – sofern es eine EU-einheitliche Regelung geben könnte.

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort