Angebot in Bonn Enge Nachbarschaft im Netz

Bonn · Hunderte Anwohner in Beuel, Kessenich, Endenich, der Altstadt oder im Bonner Zentrum haben in den letzten Tagen und Wochen Werbeschreiben im Briefkasten gefunden. Es kommt vom Internet-Protal nebenan.de.

 Eng beieinander, nicht nur im Internet: Hildegard Neumann-Lasch (rechts) mit Nachbarinnen, mit denen sie ihren Garten teilen will.

Eng beieinander, nicht nur im Internet: Hildegard Neumann-Lasch (rechts) mit Nachbarinnen, mit denen sie ihren Garten teilen will.

Foto: Roland Kohls

Björn und Andrea aus der Kekuléstraße sind dabei, David aus der Poppelsdorfer Allee, Katharina aus dem Rudolf-Stöcker-Weg und Mallika aus der Sternenburgstraße. Und als „Supernachbarn“ werben sie mit ihrem Vornamen dafür, dass es bald noch mehr werden in der Nachbarschaftsgruppe Poppelsdorf auf dem Internet-Portal nebenan.de.

Aufgemacht sind die Werbeschreiben wie der Handzettel einer Graswurzelbewegung und werben alle mit der Aufforderung „wir möchten uns in der Nachbarschaft besser vernetzen“. Verteilt werden die Schreiben allerdings im Auftrag eines Berliner Start-up-Unternehmens mit dem Namen „Good Hood GmbH“. Dahinter steckt ein Gründerquartett um Christian Vollmann, der unter anderem bei Jamba tätig war, und Till Behnke, der die Spendenplattform Betterplace gegründet hat.

„Eine Nachbarschaft, die sich kennt, ist viel sicherer als eine anonyme Masse“, erklärt Mitgründerin Ina Brunk gegenüber dem GA. Das Netzwerk setzt deshalb konsequent auf echte Daten. Pseudonyme werden nicht akzeptiert, auch keine abgekürzten Namen. Nutzer können sich nur mit voller Anschrift in ihrer Wohnort-Gruppe anmelden. „Wir schicken dann eine Postkarte mit Zugangscode an diese Adresse“, erklärt Brunk. Wie bei Facebook & Co kann man auch bei nebanan.de Nachrichten posten oder miteinander chatten. Es gibt ein virtuelles Fundamt, einen Marktplatz mit Tauschbörse und Tipps zur Sicherheit. Weil man sich jederzeit beim Bäcker über den Weg laufen könnte, ist der Tonfall höflich.

Martina Götze aus Beuel hat vor vier Wochen ihre Anmeldung losgeschickt. „Ich bin aus Köln zugezogen und wünsche mir neue Kontakte“, erklärt sie ihre Beweggründe. Einmal hat das Portal ihr bereits kostenlose Sonntagsbrötchen vermittelt. Eine Nutzerin hatte zu viele und bot sie umsonst an. Demnächst möchte Götze sich einen Leihhund suchen, um häufiger spazieren zu gehen. Drei Besitzer haben auf ihre Anfrage schon reagiert. Demnächst gibt es erste Treffen zum gegenseitigen Beschnuppern. Das gehe schließlich nicht im Netz, sagt Martina Götze.

Auch Hildegard Neumann-Lasch begeistert sich für die Gemeinschaft in der Nachbarschaft. Neuleich bot sie ihren Garten in Rheinnähe für einen Feierabendplausch an. „Ich nutze den sonst gar nicht – und das ist wirklich schade“. 16 Interessenten meldeten sich an.

Einige Tausend Nutzer hätten sich in Bonn bereits für ihre Nachbarschaft registriert, berichtet Sperecherin Brunk. In Poppelsdorf gibt es nach Angaben des Portals bereits 254 angemeldete Profile, in Kessenich sogar 284, im Bonner Zentrum dagegen nur 83. Das Umland von Bonn stehe hingegen erst in den Startlöchern.

Akute Sicherheitsbedenken hat die Bonner Polizei bei dem Portal nicht. „Die Aufgabe der Anonymität erhöht tatsächlich die Sicherheit“, sagt Pressesprecher Frank Piontek auf GA-Anfrage. Allerdings könne man Vertrauensbildung wohl noch besser in kleineren Gruppen wie einer Hausgemeinschaft betreiben. „Grundsätzlich muss jeder selbst wissen, wo er seine persönlichen Daten zur Verfügung stellt“, so Piontek.

Früher habe ja auch jeder bedenkenlos im Telefonbuch gestanden, ohne gleich ausgeraubt zu werden, kontert Bunk. Dabei leugnet sie nicht, dass das Quartett durchaus kommerzielle Interessen vertritt. „Derzeit verdienen wir damit kein Geld. Langfristig wollen wir aber lokalen Händlern und Gewerbetreibenden ermöglichen, in ihrer jeweiligen Nachbarschaft zu werben.“

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