Kritik vom Landesverband Warten auf die Gedenktafel für Bonner Sinti

Bonn · Die Bonner Bezirksvertretung vertagt wiederholt die Entscheidung zur Gedenktafel für im Nationalsozialismus deportierte Bonner Sinti, die am Bahnhofsvorplatz angebracht werden soll. Der Landesverband Deutscher Sinti und Roma Nordrhein-Westfalen kritisiert den langsamen Prozess.

 Die 1999 angebrachte Gedenktafel fehlt, der Ort an dem sie hing allerdings auch: An deren Stelle ist nun der neue Zugang zur U-Bahn-Haltestelle.

Die 1999 angebrachte Gedenktafel fehlt, der Ort an dem sie hing allerdings auch: An deren Stelle ist nun der neue Zugang zur U-Bahn-Haltestelle.

Foto: Meike Böschemeyer

Eine goldene Gedenktafel erinnerte jahrelang an die im Nationalsozialismus deportierten Bonner Sinti: Rund 30 Meter nördlich des Eingangs zum Bonner Hauptbahnhof in Richtung Innenstadt hing sie seit 1999 an einem Pfeiler am Abgang zur U-Bahn. 2016 wurde die Tafel wegen der Bauarbeiten am Bonner Loch abmontiert.

Nach Ende der Arbeiten sollte sie 2019 wieder in den öffentlichen Raum zurückkehren, was jedoch nicht geschah. Im vergangenen Jahr erklärte die Stadt, über die Tafel solle im Rahmen des Gesamtkonzeptes „Aktive Erinnerungskultur“, das im neugegründeten Zentrum für Stadtgeschichte und Erinnerungskulturen angesiedelt sein soll, entschieden werden. Dieses Projekt ist im März angelaufen, die Erinnerungstafel ist jedoch noch nicht wieder ausgestellt.

In einer Vorlage der Bezirksvertretung aus dem vergangenen Monat werden Details genannt, die die Verwaltung mit dem Landesverband Deutscher Sinti und Roma Nordrhein-Westfalen erarbeitet hat: Die Tafel soll in einen freistehenden Findling eingelassen und dieser nahe dem ursprünglichen Standort am Bahnhofsvorplatz, zwischen den beiden U-Bahn-Abgängen, aufgestellt werden.

Die Entscheidung über die Wiederanbringung wurde 2022 bereits zweimal in Sitzungen der Bezirksvertretung aufgrund von Nachfragen vertagt. Im Juni beantwortete die Verwaltung in einer Stellungnahme Fragen zum Aussehen des Findlings, dem Standort und möglichen Alternativen dazu – die es nach Aussage der Stadt nicht gebe. „Für diesen Standort spricht, dass der Gedenktafel, und damit auch dem Andenken an die ermordeten und vertriebenen Sinti, durch die Bahnhofsnähe und die anliegende Einkaufsstraße im Fußgängerbereich und die damit einhergehende erhöhte Menge an vorbeikommenden Personen eine hohe Beachtung zuteil wird“, so die Verwaltung.

Landesverband Deutscher Sinti und Roma kritisiert Bezirksvertretung

Die Tafel entstand auf Initiative des Landesverbands Deutscher Sinti und Roma NRW, um den 40 deportierten Bonner Sinti zu gedenken, von denen nur eine Person überlebte. Bereits im vergangenen Jahr hatte der Landesverband den Umgang der Stadt mit der Gedenktafel kritisiert. „Die Tafel sollte schon längst wieder angebracht worden sein“, sagt der Vorsitzende Roman Franz. „Der Prozess zur Wiederanbringung der Gedenktafel läuft nun schon seit über einem Jahr – viel zu lange.“

Die Gründe für die Vertagungen bleiben seiner Ansicht nach vage. „Durch diese ständigen Verzögerungen entsteht der Eindruck, dass es gar nicht ernsthaft erwünscht ist, die Gedenktafel wieder für alle Menschen sichtbar zu machen und die hinzukommende, mangelnde Kommunikation wirft die Frage auf, warum die Bezirksvertretung die Entscheidung zur Wiederanbringung der Tafel immer wieder blockiert“, sagt Franz.

Rolf Beu, Fraktionsvorsitzender der Grünen der Bezirksvertretung Bonn, widerspricht diesen Vorwürfen. Die Bezirksvertretung habe die Gedenktafel extra aus dem gesamtstädtischen Konzept entfernt und vorgezogen, um diese möglichst zeitnah wieder anzubringen.

Der Bahnhofsvorplatz bildet einen der prominentesten möglichen Orte zur Anbringung der Tafel und kann damit das Gedenken an die ermordeten Sinti und Roma in den Fokus der Bonner Erinnerungskultur rücken“, so Beu. Gleichzeitig bestehe bei einem so belebten Platz auch das Risiko, dass das Denkmal nicht den nötigen Respekt bekomme und zur „randständigen Verzierung degradiert wird“, weswegen sich auch mit „Detailfragen“ beschäftigt werden müsse.

Auch Bezirksbürgermeister Jochen Reeh-Schall (SPD) sieht das anders: „Es gibt gegen die Wiederanbringung überhaupt keine Bedenken, im Gegenteil, das wurde ja aus Reihen der Bezirksvertretung initiiert.“ Es ginge nur um Gestaltungsdetails – die allerdings nach Meinung von Roman Franz bereits geklärt seien. Bei der Vertagung der Entscheidung im April seien etwa die aufkommenden Fragen nach Aussehen und Standort des Findlings schon längst beantwortet gewesen. Die nächste Sitzung der Bezirksvertretung ist am 16. August: „Ich erwarte, dass es dann zu einer Entscheidung kommt und die Gedenktafel dieses Jahr noch wieder angebracht wird“, fordert Franz.

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