Interview zum UN Campus „Es entsteht ein stimmiger Dreiklang mit Fernwirkung“

Bonn · Stefan Lippert äußert sich über seine Grundideen als Architekt und die Besonderheiten, ein Haus für die Vereinten Nationen zu bauen.

 Der Architekt Stefan Lippert.

Der Architekt Stefan Lippert.

Foto: Jan Bechberger

Welche Frage steht für Sie zu Beginn einer Planung?

Stefan Lippert: Kein Gebäude, egal für welche Nutzung es entworfen ist, steht für sich allein, sondern ist Teil eines bestimmten Kontextes. Für mich steht am Anfang eines Entwurfs daher immer die Frage: Wie kann sich die neue Architektur in das städtische Gefüge einordnen und gleichzeitig für das direkte Umfeld und die Stadtsilhouette neue Qualitäten und ein einprägsames Bild erzeugen?

Und was war die Ausgangslage, was war Ziel Ihrer Planung des UN-Erweiterungsbaus?

Lippert: Das neue Gebäude respektiert das bestehende architektonische Ensemble und die grüne, parkartige Mitte des UN-Campus fügt sich dezent mit einer so gering wie möglichen Grundfläche zwischen das Alte Wasserwerk und den Behnisch-Bau, den ehemaligen Plenarsaal, ein. Die Rheinsilhouette in Bonn ist von zwei Hochhäusern, dem Langen Eugen und dem Post Tower, geprägt, die zudem auf beziehungsweise neben dem UN-Campus liegen. Städtebaulich erschien es mir daher als logischer Schritt, diesen beiden sehr unterschiedlich hohen Gebäuden ein drittes kleineres Hochhaus hinzuzufügen, sodass ein stimmiger Dreiklang mit Fernwirkung entsteht.

Was waren aus Ihrer Sicht die Herausforderungen?

Lippert: Es ist etwas ganz Besonderes, für einen Nutzer wie das UN-Klimasekretariat zu bauen. Wir planen ein nachhaltiges Passivhochhaus, das die inhaltliche Arbeit der UN in Bonn auch in der Architektur widerspiegelt. Es gibt aufgrund der Nutzung natürlich auch zusätzliche Anforderungen an das Gebäude, die zum Beispiel die Sicherheit angehen. Technisch gesehen ist auch die Lage am Rhein eine Herausforderung, da das Gebäude bei Hochwasser geschützt und funktionstüchtig bleiben muss.

Was ist Grundgedanke Ihrer Architektur?

Lippert: Architektur sollte immer nachhaltig agieren, nicht nur im Rahmen der technischen Möglichkeiten, sondern auch im Sinne der Nutzung und des minimalstmöglichen Eingriffs in das Umfeld. Anforderungen an spezifische Bauten können sich im Laufe der Jahre und Jahrzehnte verändern. Idealerweise reagieren Form und Grundrisse eines Gebäudes auf ungezwungene Weise auf veränderte Lebensumstände und Nutzerwünsche. Dieses Prinzip gilt auch für den Erweiterungsbau für den UN-Campus: eine kompakte Form mit kleinem „Footprint“, die ein Maximum an Flexibilität bietet.

Vier große Wintergärten in einem Hochhaus sind recht ungewöhnlich. Worum geht es da?

Lippert: Mit den zweigeschossigen Wintergärten schaffen wir „grüne Oasen“, die sowohl besondere Ausblicke auf Bonn sowie Siebengebirge, Vorgebirge und Voreifel als auch einen besonderen Blickfang von außen bieten. Die Wintergärten sind die vertikale Fortsetzung des grünen Campus im Gebäude. Wir betrachten die Wintergärten als integralen Bestandteil der Planung mit positiven Effekten für das gesamte Gebäude: Neben der Qualität für die Arbeitsplätze schaffen die begrünten Wände in den Wintergärten ein angenehmes Raumklima und eine verbesserte Akustik.

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