Wohnraum in Bonn Es fehlen barrierefreie und behindertengerechte Wohnungen

Bonn · In Bonn fehlen dringend fehlen barrierefreie Wohnungen: Behinderte und Senioren sind besonders betroffen. Dabei spitzt sich die Lage nach Angaben der Fachstelle "Bedarfsgerechtes Wohnen" weiter zu.

Ein barrierefreies Bad ist im Alter wichtig, andernfalls drohen Unfälle. Ein frühzeitiger Umbau ist deshalb bedenkenswert.

Ein barrierefreies Bad ist im Alter wichtig, andernfalls drohen Unfälle. Ein frühzeitiger Umbau ist deshalb bedenkenswert.

Foto: dpa

Klaus M. schaut traurig aus dem Fenster seiner Wohnung. Er hatte vor zwei Jahren einen Schlaganfall. Seither ist er in seiner Mobilität stark eingeschränkt. Das Treppensteigen fällt ihm schwer. Er hat die Wohnung seit Monaten nicht verlassen. "Mein größter Wunsch wäre eine ebenerdige, barrierefreie Wohnung. Doch ich weiß nicht, wie ich die finden soll und ob ich mir einen Umzug überhaupt leisten kann", sagt der Senior.

Wie dem 71-Jährigen geht es zahlreichen alten Menschen in Bonn und der Region. "Es gibt derzeit ohnehin zu wenig Wohnraum in Bonn, und ganz dringend fehlen barrierefreie und behindertengerechte Wohnungen", sagt Edith Rosenbaum, Leiterin der Fachstelle "Bedarfsgerechtes Wohnen" bei der Stadt Bonn. Die Anlaufstelle wurde 2014 als Projekt ins Leben gerufen. "Seither hat sich gezeigt, dass der Bedarf deutlich sichtbar ist und weiter ansteigen wird", sagt Rosenbaum, so dass die Stadt die Notwendigkeit einer speziellen Fachstelle erkannt habe.

"Die Situation spitzt sich immer weiter zu. Die Stadt Bonn braucht neue Wohnungen. Es kann nicht sein, dass ein Senior auf dem Po die Treppen runter robben muss, weil er die Stufen nicht mehr schafft und womöglich über Jahre seine Wohnung nicht mehr verlassen kann", erklärt Rosenbaum.

In Bonn leben rund 58 000 Menschen, die 65 Jahre und älter sind. Ende 2014 waren laut Zensus rund 18 Prozent der Bundesstädter 65 Jahre und älter, 6,5 Prozent sogar älter als 75 Jahre. "Ältere und Menschen mit Behinderung sind die großen Verlierer auf dem Wohnungsmarkt. Studien belegen, dass drei bis viel Mal mehr Wohnungen benötigt werden, als derzeit vorhanden sind", sagt Rosenbaum. Bonn habe einen großen Nachholbedarf beim altersgerechten Bauen und Sanieren. Rosenbaum betreibt deshalb konsequente Akquise von bedarfsgerechtem Wohnraum und versteht sich als Kontakt- und Informationsstelle für Vermieter, die auf der Suche nach geeigneten Mietern sind.

Netzwerk wird aufgebaut

"In Zusammenarbeit mit der Bonner Altenhilfe kann bei erforderlichen Umbauten vorab eine kostenlose Wohnberatung erfolgen", so die Diplom-Sozialarbeiterin. Derzeit werde ein Netzwerk aus Vertretern der Wohnungswirtschaft, der Politik, von Haus & Grund und weiteren Akteuren aufgebaut. " Wir brauchen in Bonn ein Bündnis für Wohnen. Denn mit der heutigen Situation werden wir den Bedürfnissen in den nächsten zehn bis zwanzig Jahren noch nicht einmal annäherungsweise gerecht", warnt Hans-Joachim Otto, Sachgebietsleiter der Kontaktstelle Innovative Wohnformen bei der Stadt Bonn.

"Wir beobachten eine starke Veränderung der Haushaltsgrößen, auf die reagiert werden muss, außerdem werden neue Einwohner und Flüchtlinge den Wohnungsmarkt stark verändern", erläutert Otto. Bonn sei mit der Fachstelle auf dem richtigen Weg. "Vergleichbares gibt es derzeit noch nicht in vielen Kommunen. Und die Arbeit ist äußerst wichtig", so Otto. Andere Kommunen seien jedoch schon weiter, wie etwa das Bielefelder Modell belege: Dabei geht es um einen quartiersbezogenen Ansatz des Wohnens mit Versorgungssicherheit ohne Betreuungspauschale.

In Bonn müssten auch die bürokratischen Rahmenbedingungen modernisiert werden. "Viele Investoren stehen in den Startlöchern. Ihnen muss es möglich gemacht werden, entsprechend zu investieren. Denn eigentlich ist es schon fünf nach 12 auf dem Wohnungsmarkt. Wie haben eine Leerstandsquote, die fast bei null liegt und gleichzeitig explodierende Mietpreise", betont Otto.

"Auch private Haus- und Wohnungseigentümer sollten heute schon an morgen denken. Wir haben alle keine Kristallkugel, Krankheit und Behinderung kann jeden von uns ganz plötzlich treffen. Deshalb sollte man sich frühzeitig mit den Fragen beschäftigen 'Wie will ich im Alter leben?' 'Was muss ich dafür tun?'", empfiehlt Edith Rosenbaum.

Die Fachstelle "Bedarfsgerechtes Wohnen" ist zu erreichen unter 02 28/77 29 00 oder per E-Mail an bedarfsgerechteswohnen@bonn.de. Ansprechpartnerin ist Diplom-Sozialarbeiterin Edith Rosenbaum. Die Beratung ist kostenfrei.

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