Bonner Zentrum für Essstörungen Essstörungen wie Binge-Eating haben während der Pandemie zugenommen

Bonn · Das Bonner Zentrum für Essstörungen hat mit Spendengeld der Bonner BB-Bank sein Konzept für Schulbesuche erneuert. Dabei geht es um Binge-Eating, exzessives Essen.

Bei Attacken schlingen Patienten des Binge-Eating-Syndroms Unmengen an Essen herunter.

Bei Attacken schlingen Patienten des Binge-Eating-Syndroms Unmengen an Essen herunter.

Foto: DPA

Kinder machen es richtig: Sie essen, bis sie satt sind, und dann hören sie auf, auch wenn noch etwas auf dem Teller ist. Das gehe bei vielen mit zunehmendem Alter verloren, erklärt Lisa Els, die zweite Vorsitzende des Vereins Bonner Zentrum für Essstörungen (BZW). Und bei manchen nimmt das Essverhalten ungesunde Züge an und führt zu Magersucht (Anorexie), Bulimie oder Binge-Eating. In Coronazeiten habe das zugenommen, sagt Els, und auch die Sozialen Medien sind daran nicht ganz unschuldig.

Binge-Watching kennt man ja, das stundenlange Gucken von Serien bei Streamingdiensten. Binge-Eating geht oft, aber nicht grundsätzlich, mit Fettleibigkeit einher, mit geringem Selbstwertgefühl und mit dem Gefühl, die Kontrolle über sein Essverhalten zu verlieren. Betroffene sehen exzessives Essen auch gerne als Belohnung für das geleistete Tagwerk an. Eine solche Störung befalle Menschen, vielfach auch Männer, ab dem 20. Lebensjahr und dann zwischen Mitte 30 und Mitte 40 wieder, sagt die systemische Beraterin und Entspannungstrainerin Els. „Bulimie und Anorexie haben ihren Höhepunkt mit 15 Jahren.

Workshops in der achten Klasse

Der 1988 von Fachleuten gegründete Verein BZE leistet zu diesen Themen vor allem Telefonberatung und beantwortet Fragen, die per E-Mail kommen – alles ehrenamtlich. 15 bis 20 Beratungen in der Woche seien normal, so Els. Daneben gibt es vereinzelt Workshops, die kostenpflichtig sind. Man will aber den finanziellen Aufwand für die Klienten möglichst gering halten, um niederschwellig Hilfe anbieten zu können. Man geht außerdem schon seit Jahren auch an Schulen und hat das entsprechende Beratungskonzept jetzt mit einer Spende über 2000 Euro der Bonner BB-Bank multimedial an diese neuen Bedingungen angepasst. Zielgruppe sind die Jugendlichen in der achten Klasse, manchmal auch eine Jahrgangsstufe darunter oder darüber.

Schönheitsideale aus dem Internet

Heute würden Influencer im Internet bestimmte Schönheitsideale vermitteln, und gerade Fitnessvideos gegen den Corona-Blues hätten das in den letzten zwei Jahren gefördert: Sport machen, weniger essen, Fett und Kohlenhydrate weglassen, um einer bestimmten, oft von den Influencern vorgelebten Vorstellung vom eigenen Körper zu nahe zu kommen.

In der Ausstellung, die die Schulbesuche begleitet, kann man sich Audio-Berichte von Betroffenen anhören und wird zum Beispiel damit konfrontiert, dass Schönheitsdarstellungen im Internet oft nicht realitätsnah, da täuschend echt am Computer entstanden sind. „Ihr rennt Bildern hinterher, die ihr nie erreichen werdet“, das ist die Botschaft an die Schüler.

Schüler sehen Präventionsveranstaltungen positiv

Das neue Konzept kam erst an einer Schule zum Einsatz. Das Feedback der Schüler sei größtenteils positiv gewesen, so Els. Eine anonyme Umfrage unter den 60 teilnehmenden Schülern habe ergeben, dass fast ein Drittel danach eine Essstörung bei sich nicht ausschließen konnte, fünf seien sich sicher gewesen. „Das hat auf jeden Fall zum Nachdenken angeregt.“ Notwendig ist ihrer Ansicht nach auch ein Konzept für Grundschulen.

Das BZE hofft, dass sich jetzt weitere Schulen dafür anmelden. Aktuell leisten fünf Personen die Beratung, der Verein sucht weitere Helfer, vor allem aus dem Bereich Kindertherapie. Kontakt findet man auf www.b-z-e.de.

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