Umgebauter Kasten Ex-Kaugummi-Automat spuckt in Bonn Bienenfutter aus

Kessenich · Der erste Bienenfutterautomat in Bonn hängt beim Bestattungshaus Hebenstreit & Kentrup in Kessenich. Das Futter ist speziell auf die hier lebenden Tiere angepasst. Denn die Bienen sind durchaus wählerisch.

 Victoria Schmitz (l.) und Eva Kentrup vom Bestattungshaus Hebenstreit & Kentrup ziehen Samenkapseln aus dem Bienenfutterautomaten.

Victoria Schmitz (l.) und Eva Kentrup vom Bestattungshaus Hebenstreit & Kentrup ziehen Samenkapseln aus dem Bienenfutterautomaten.

Foto: Stefan Knopp

Nicht wenige werden sich an die Automaten erinnern, in die man ein bisschen Münzgeld warf, drehte und unten irgendetwas vom Kaugummi bis zum Plastikverlobungsring für die Spielplatzfreundin herauskam. Heute hängen diese Kästen, wenn überhaupt noch, nutzlos herum und rosten vor sich hin. Der Inhalt stammt gefühlt noch aus den 80ern und kann nicht mehr gezogen werden, weil ja niemand mehr 50-Pfennig-Münzen in der Tasche hat. Teilweise werden diese Automaten aber noch umgerüstet. Und ein solcher Kasten hängt jetzt am Zaun der August-Bier-Straße 33 in Kessenich.

Dort hat das Bestattungsunternehmen Hebenstreit & Kentrup seinen Sitz, das den Umbau eines Automaten in Auftrag gegeben hat. Dieser schluckt jetzt auch 50-Cent-Münzen und spuckt keinen Süßkram mehr aus – jedenfalls nicht für Menschen. Das sind jetzt Bienenfutterautomaten. In durchsichtigen Plastikkapseln sind insektenfreundliche Blumensamen verpackt. Für Bestattermeister Werner Kentrup ist das natürlich eine Werbemaßnahme, aber es passt auch zur Ausrichtung des Hauses.

„Es geht auch darum, bewusst zu machen: Wir haben nur diese eine Natur“, sagt Kentrup. Das 1855 gegründete Unternehmen hat sich ihm zufolge in den vergangenen Jahren mit dem Thema nachhaltige Bestattung auseinandergesetzt: Särge möglichst bis zu den Tragegriffen aus Holz und ohne Polyester, die Polsterung aus reiner Baumwolle, auch die Kleidung der Verstorbenen sollte möglichst aus abbaubaren Materialien bestehen. Keine Grabsteine aus Indien oder China, keine exotischen, sondern einheimische Gewächse – „da kam uns der Bienenfutterautomat gerade recht“.

Bienen sind beim Futter wählerisch

Das Saatgut wurde speziell vom Bildungs- und Ökologieprojekt „Bienenretter“ zusammengestellt, das mit Automatenumbauer Sebastian Everding zusammenarbeitet, und stammt von regional wachsenden Pflanzen ab, sagt Kentrup. Denn auf Blumen, die etwa in Mecklenburg-Vorpommern wachsen, springen die Bienen im Rheinland längst nicht so gut an wie auf die, die hier heimisch sind. Aufschluss gibt eine Deutschlandkarte, die in vier Blühregionen aufgeteilt ist, wobei Bonn auf der Grenze zwischen „Nordwest“ und „Südwest“ liegt, weshalb der Automat in Kessenich beide Blühmischungen anbietet. Die gelben Kästen findet man inzwischen in ganz Deutschland.

Hinzu kommt: „Das Material ist nur für Siedlungsgebiete geeignet“, so Kentrup. Die Blumenauswahl hätte in der freien Natur ihm zufolge keinen großen Mehrwert. Das Bestattungshaus verdient mit dem Angebot dem Geschäftsführer zufolge im Prinzip nichts: 25 Prozent der Einnahmen kommen einem gemeinnützigen Bienenretterprojekt zugute, vom Restgeld wird neues Saatgut gekauft – im Herbst zum Beispiel Krokuszwiebeln, die zum Jahresbeginn ausschlagen. Denn schon jetzt lohnt sich im Prinzip die Bienenweide nicht mehr, da sie rund acht Wochen braucht, um Blüten zu entwickeln. Man sollte das Saatgut jetzt für den Frühling aufbewahren.

Die Plastikdöschen sollte man übrigens nicht wegschmeißen: Man kann sie bei Hebenstreit & Kentrup in den Briefkasten werfen. Sie werden dann zur Wiederverwendung eingeschickt.

Infos auf www.bienenretter.com und www.bienenautomat.de.

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