Oft führt Arbeitslosigkeit in den finanziellen Ruin Experten stehen überschuldeten Bonnern mit Rat und Tat zur Seite

BONN · Nach der Trennung kam die 47-jährige Bonnerin schnell in finanzielle Schieflage. "Mein Ex-Partner hatte zwar nur ein geringes Einkommen, aber ganz alleine konnte ich die Belastung für unser Haus nach der Trennung nicht mehr stemmen", berichtet sie.

 Henning Dimpker berät eine Hilfesuchende.

Henning Dimpker berät eine Hilfesuchende.

Foto: Benjamin Westhoff

So habe sie das gemeinsame Zuhause schnell und deutlich unter Wert verkaufen müssen und die Schulden unter anderem wegen der Vorfälligkeitsentschädigung trotzdem nicht mehr bedienen können. Als sie gemerkt habe, dass sie alleine nicht aus dieser Situation herausfinden würde, wandte sich die Beamtin und dreifache Mutter an die Zentrale Schuldnerberatung in Bonn, und nach einem halben Jahr hat sie mit Hilfe der Fachleute Privatinsolvenz angemeldet.

"Ein solcher Fall ist allerdings leider nicht der Normalfall", erläutert Diakonie-Geschäftsführer Ulrich Hamacher. Die Frau, der ihre Lage schnell klargeworden sei, und die direkt samt einigen Aktenordnern mit Belegen bei der Beratungsstelle vorgesprochen habe, sei ein wenig der Idealfall.

Anlässlich der bundesweiten Aktionswoche Schuldnerberatung informierten Hamacher und Caritas-Direktor Jean-Pierre Schneider, Kurt Berger vom Amt für Soziales und Wohnen sowie der Vorsitzende des Sozialausschusses im Bonner Rat, Peter Kox, über die Problemlagen überschuldeter Menschen, die in Bonn in der gemeinsamen Einrichtung von Diakonie und Caritas beraten werden.

Statistisch betrachtet verursachen Arbeitslosigkeit, Einkommensarmut, gescheiterte Selbstständigkeit, Krankheit oder Trennung und Scheidung am häufigsten Überschuldungen, so Schneider: Daher sei es unerlässlich, die Beratung auch in Zukunft sicherzustellen und in Richtung Prävention weiterzuentwickeln.

Mit einer Überschuldungsquote von circa zehn Prozent liege man in Bonn laut Hamacher zwar ein bisschen besser als im Bundesdurchschnitt, weiche aber in einigen Stadtteilen ab und erreiche dort bis zu 25 Prozent. Im Gegensatz zu den Insolvenzen, bei denen ein leichter Rückgang zu verzeichnen sei, nähme die Überschuldung auch kaum ab. Daher sei die gemeinsame Beratungsstelle auch in Zukunft dringend notwendig.

Wenn sich schon Menschen wie die 47-Jährige von der Situation überfordert fühlten, dann könne man sich vorstellen, wie es unstrukturierteren Menschen ergehe, so Schneider: Die kämen oft mit einem Schuhkarton voller Rechnungen zur Beratung.

Oftmals fehle auch Wichtiges, weil die Betroffenen ihre Schieflage einfach ignorierten und Briefe nicht öffneten oder kurzerhand wegwerfen würden. Prävention sei daher eine der wichtigsten Aufgaben der Beratungsstelle in der Zukunft: "Menschen müssen lernen, mit ihren wirtschaftlichen Möglichkeiten umzugehen", so die Fachleute. Und da müsse man frühzeitig ansetzen und Betroffene auch längerfristig begleiten.

Schuldnerberatung in Bonn

Die Stadt Bonn fördert zwei Beratungsstellen: Die Zentrale Schuldnerberatung (ZSB) von Caritas und Diakonie sowie die Schuldnerberatungsstelle des Roten Kreuzes. Die Angebote stehen allen überschuldeten Bürgern kostenfrei zur Verfügung.

Es gibt eine sozialräumliche Aufteilung: Die ZSB ist für die nördlichen Stadtteile zuständig, das DRK für den Stadtbezirk Bad Godesberg. Knapp 1500 Klienten haben im Jahr 2015 eine Akutberatung bei der ZSB in Anspruch genommen, ein gutes Drittel davon wurde in die Intensivberatung übernommen.

Die größte Ursache von Überschuldung ist Arbeitslosigkeit, Menschen ohne abgeschlossene Berufsausbildung sind überdurchschnittlich betroffen.

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