Bedrohte Artenvielfalt Extinction Rebellion demonstriert in Bonn gegen das stille Artensterben

Bonn · Mit einem symbolischen Trauerzug durch die Bonner Innenstadt hat die Gruppierung Extinction Rebellion am Samstag auf das weltweite Artensterben aufmerksam gemacht. Auch bei uns sind viele heimische Tiere und Pflanzen vom Aussterben bedroht.

Bedrohte Artenvielfalt: Extinction Rebellion demonstriert in Bonn gegen das stille Artensterben
Foto: Abir Kassis

Täglich verschwinden laut Naturschutzbund (NABU) 150 Tier- und Pflanzenarten von der Erde. Der Verlust von Lebensräumen, die Übernutzung von Ressourcen, der Klimawandel und andere menschliche Aktivitäten treiben den drastischen Rückgang der biologischen Vielfalt voran. Schleiereule, Feldhamster, Schmetterling: Auch viele heimische Arten sind bedroht. Das Artensterben, auch bekannt als das sechste Massenaussterben, stellt eine der größten Herausforderungen für die Menschheit dar. Jährlich wird deshalb am 22. Mai weltweit der Tag der Artenvielfalt gefeiert, so auch in Bonn.

Bei einem symbolischen Trauerzug durch die Innenstadt machte Extinction Rebellion am Samstag auf die dramatische Entwicklung aufmerksam. In schwarzer Kleidung und Tierkostümen zog die Gruppe mit einem symbolischen Sarg durch die Fußgängerzone. Auf ein Signal hin legten sich die Demonstranten plötzlich wie tot zu Boden und zogen die Blicke vieler Passanten auf sich. Später schlossen sich rot gekleidete Demonstrantinnen, sogenannte „Red Rebels“, dem Trauerzug mit einer Pantomime-Aktion an.

Für Initiatorin Susanne Gelf trägt insbesondere die Konsumgesellschaft zum Rückgang der Biodiversität bei. „Im Zuge der Globalisierung sind mit dem neoliberalen Kapitalismus sowohl soziale Gerechtigkeit als auch die Sicherung der natürlichen Lebensgrundlagen hinter der wirtschaftlichen Effizienz weit zurückgeblieben“, erklärte Gelf bei einer Kundgebung am Münsterplatz. „Ich denke, dass die meisten Menschen sich ohnmächtig fühlen“, sagte Gelf. Kein Mensch wolle seine Lebensgrundlage freiwillig zerstören. Als Gutachter des jüngsten Sachstandsberichts des Weltklimarats und als Verbraucherschützer war auch Aribert Peters bei der Demo am Samstag dabei. „Wir brauchen einen tiefgreifenden Wandel, denn ohne Biodiversität gibt es keinen Klimaschutz, und ohne Klimaschutz keine Biodiversität“, so Peters.

Aktionsprogramm im Botanischen Garten

Am Sonntag beteiligten sich auch die Botanischen Gärten mit einem Aktionsprogramm am internationalen Tag der Artenvielfalt. Mehr als 40 Organisationen – darunter das Nees-Institut für die Biodiversität der Pflanzen, die Grüne Schule der Universität Bonn, das Museum Koenig und der Zoologische Garten Köln– boten Besuchern ein vielfältiges Angebot mit vielen Mitmach-Aktionen.

Die Biologische Station des Rhein-Sieg-Kreises präsentierte bei der Veranstaltung heimische Stauden und Samen. Projektmitarbeiter Steffen Steenken betonte an einem Infostand die Bedeutung von haptischen Erfahrungen im Zusammenhang mit Tier- und Pflanzenarten. „Es ist wichtig, die natürliche Vielfalt für Menschen greifbar zu machen und Erlebnisse zu schaffen“, so Steenken, denn auch hiesige Arten seien akut bedroht.

Dass bereits ein Drittel aller Schmetterlingsarten von der Erde verschwunden sind, macht sich auch in Bonn und der Region bemerkbar. Vor allem der Ameisenbläuling gilt als bedrohte Art, die dem Klimawandel zunehmend zum Opfer fällt. „Wegen der vermehrten Düngung von Wiesen, müssen Grünflächen häufiger gemäht werden, was den Schmetterlingsmaden zu schaffen macht“, erklärte Steenken.

Zudem werden die feuchtigkeitsliebenden Knotenameisen, von deren Larven sich die Maden ernähren, im Zuge des Klimawandels von anderen Ameisenarten verdrängt. „Wir machen regelmäßige Untersuchungen in der Region und stellen fest, dass sich die Schwarze Wegameise, die ein trockeneres Mikroklima bevorzugt, immer weiter ausbreitet“, so der Biologe.

Die Deiche entlang der Sieg waren früher das Rückgrat für die Bläulingspopulation in der Region. „Inzwischen ist die Population dort fast vollständig erloschen“, so Steenke. Nur dort, wo der Deich beschattet werde, und somit genug feuchtes Klima für die Wirtsameise der Maden, die Knotenameise, herrsche, könne sich die Schmetterlingsart noch halten.

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