Razzia in Bonn Fahrscheinautomaten geknackt - Polizei nimmt Bande hoch

BONN · Um 9.38 Uhr griffen die Beamten zu: Polizisten in Schutzwesten rückten von zwei Seiten auf ein rückwärtig gelegenes Mehrfamilienhaus an der Lissaboner Straße in Auerberg vor. Mitarbeiter eines Schlüsseldienstes öffneten die Wohnungstür, damit die Beamten sie durchsuchen konnten.

 Mit Schutzwesten gesichert rückten die Beamten am Freitag in ein Auerberger Mehrfamilienhaus an der Lissaboner Straße ein.

Mit Schutzwesten gesichert rückten die Beamten am Freitag in ein Auerberger Mehrfamilienhaus an der Lissaboner Straße ein.

Foto: Axel Vogel

Ein ähnliches Szenario spielte sich gestern bei einer groß angelegten Razzia gegen eine Bande, die sich auf das Knacken von Fahrscheinautomaten auf Bahnhöfen spezialisiert hatte, in acht Wohnungen in Bonn und dem Rhein-Sieg-Kreis ab. Durchsuchungen gab es nach GA-Informationen unter anderem in Tannenbusch, Beuel und Lengsdorf.

Wie Bundespolizei und Bonner Staatsanwaltschaft mitteilten, wurden vier aus Bonn stammende Haupttäter im Alter von 19, 19, 34 und 50 Jahren verhaftet. Gegen mindestens zehn weitere Personen werde ermittelt. Wie die Behörden gestern mitteilten, führten umfangreiche Ermittlungen zu der Bande, die seit November in Nordrhein-Westfalen, Rheinland-Pfalz, Hessen und Berlin ihr Unwesen trieb.

Den Ermittlern zufolge bauten die Täter im November zwei komplette Fahrkartenautomaten an den Bahnhöfen in Meckenheim und Merzenich ab und nahmen sie mit, um sich ein detailliertes Bild von der Sicherheitstechnik zu machen. Aufgrund ihrer Erkenntnisse gelang es ihnen, eine schnelle mechanische Aufbruchmethode zu entwickeln, mit der sie die Automaten in nur wenigen Minuten knacken konnten.

[kein Linktext vorhanden]Wie Jens Flören, Sprecher der Bundespolizei in Hangelar, bestätigte waren gestern rund 200 Beamte im Einsatz. Die vier Hauptverdächtigen hatten Einsatzkräfte bereits am Donnerstag bei fünf weiteren Wohnungsdurchsuchungen auf Bonner Stadtgebiet verhaftet. Einen Haupttäter hatten Beamte in einem Haus an der Meckenheimer Straße in Mehlem erwischt (der GA berichtete). Mehr als 80 Taten werden der Bande zur Last gelegt, mit einem Schaden von mehreren hunderttausend Euro für die Deutsche Bahn.

Am Donnerstag vollstreckte die Bundespolizei im Auftrag der Staatsanwaltschaft vier Haftbefehle sowie entsprechende Durchsuchungsbeschlüsse gegen die vier Hauptverdächtigen, die nach GA-Informationen in der Mehrzahl aus der ehemaligen Sowjetunion stammen sollen. Sie sind laut Bundespolizei mehrfach wegen Eigentums- und Gewaltdelikten aufgefallen.

In den 13 durchsuchten Häusern und Wohnungen stellten die Beamten mehrere Tausend Euro Bargeld und Aufbruchwerkzeug sicher. Zudem ein hochwertiges, vermutlich gestohlenes Auto, bei dem es sich nach GA-Informationen um einen Audi A 6 handelt. Gefunden wurde auch eine geladene Schusswaffe vom Typ Colt 45er Automatik sowie Munition. Darüber hinaus entdeckten die Beamten weiteres Diebesgut. Dabei soll es sich um Ware handeln, die teilweise noch eingeschweißt war und aus Baumärkten stammen könnte. Die sichergestellten Gegenstände füllten dem Vernehmen nach die Ladefläche eines 7,5-Tonners.

Immer in der Nacht suchten die Täter, so die Ermittler, vorwiegend abgelegene Bahnhöfe und Haltepunkte der Deutschen Bahn auf, die nicht videoüberwacht waren, und gingen bei ihren Taten sehr konspirativ vor. So hätten sie ihre Tatorte zuvor intensiv beobachtet, um mögliche polizeiliche Überwachungsmaßnahmen auszukundschaften. In manchen Nächten hätten die Täter Hunderte von Kilometern auf Autobahnen zurückgelegt, um zu erkennen, ob ihnen die Polizei auf den Fersen ist.

Dennoch, so teilen die Behörden nun mit, sei es den Ermittlern und Fahndern gelungen, die Täter nach und nach zu identifizieren und aufgrund der Beweise Haftbefehle zu erwirken. Zum Fahndungserfolg habe vor allem eine richterlich angeordnete Telefonüberwachung beigetragen. Nach Auskunft der Ermittler wird den Tätern schwerer Bandendiebstahl vorgeworfen - mit einer Strafandrohung bis zu zehn Jahren. Die Ermittlungen gehen weiter.

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