Stadtverwaltung Bonn Faire Berufskleidung für Bonner Gärtner

Bonn · 200 Jacken und Hosen sowie 50 Schnittschutzhosen für Sägearbeiten - und das alles fair hergestellt. Die Bonner Stadtverwaltung achtet beim Einkauf von Berufsbekleidung für die Mitarbeiter des Amtes für Stadtgrün nun auch auf soziale Kriterien.

 Mit fairer Arbeitskleidung präsentieren sich diese Mitarbeiter des Amtes für Stadtgrün.

Mit fairer Arbeitskleidung präsentieren sich diese Mitarbeiter des Amtes für Stadtgrün.

Foto: Barbara Frommann

Menschen starben in den Trümmern. Hunderte von Näherinnen verloren Hände, Beine; viele sind so verkrüppelt, dass sie nicht mehr arbeiten können. Der Einsturz der Textilfabrik „Rana Plaza“ in Bangladesch am 24. April 2013 hat den Scheinwerfer auf die dunkle Seite der globalen Lieferkette gerichtet.

Keine Steuergelder für menschenunwürdige Arbeit: Schon seit Jahren fordert die Stadt Bonn als öffentlicher Auftraggeber die Einhaltung von sozialen Kriterien. Allerdings konnte dies bei der Beschaffung für die Dienst- und Schutzkleidung der städtischen Mitarbeiter bisher nicht ausreichend berücksichtigt werden. So wurden Angebote in erster Linie nach Qualität und Preis ausgewählt.

Gesamtkosten von 35.000 Euro

Die Verwaltung hat dies nach eigenen Angaben nun geändert und auch soziale Kriterien in die Auswahl einfließen lassen. Neben Preis (45 Prozent) und Qualität (40 Prozent) wurden bei der Ausschreibung für Dienst- und Schutzkleidung nun beim Amt für Stadtgrün soziale Kriterien mit 15 Prozent gewichtet.

Das Amt für Stadtgrün hatte mit dem Umweltamt und den Vergabediensten die Unterlagen für die Ausschreibung überarbeitet und so angepasst, dass Anbieter von Dienst- und Schutzkleidung ihre Herstellung überdenken und dafür sorgen müssen, dass Sozial- und Umweltstandards in den Fabriken eingehalten werden.

„Niemand kann sich mehr bei uns auf eine Ausschreibung für Berufskleidung bewerben, der sich nicht an Menschen- und Arbeitsrechte hält. Die Stadt übt hier auch eine Vorbildfunktion aus“, sagte Achim Schneider, zuständig für die Beschaffung beim Amt für Stadtgrün. 200 Jacken und Hosen aus fairer Herstellung hat er für seine Mitarbeiter beschafft. Hinzu kommen 50 faire Schnittschutzhosen für Sägearbeiten. Die Gesamtkosten betragen 35.000 Euro.

Keine Zwangs- und keine Kinderarbeit

Hersteller und Händler von Berufskleidung, die die Stadt Bonn beliefern möchten, müssen die Einhaltung der Normen der Internationalen Arbeitsorganisation (ILO) garantieren. Dazu gehören: keine Zwangsarbeit, keine Diskriminierung, keine Kinderarbeit, wöchentliche Arbeitszeitbegrenzung von 48 Stunden und höchstens zwölf freiwillige Überstunden, das Recht auf einen Existenz sichernden Lohn, ein vertraglich geregeltes Beschäftigungsverhältnis und bestmöglicher Arbeits- und Gesundheitsschutz.

Marie-Luise Lämmle von Femnet hat die Stadt bei der Fassung der neuen Vergaberichtlinien beraten. Femnet ist eine in Bonn ansässige Vereinigung für Frauenrechte, die sich für die Verbesserung der Arbeitsbedingungen für Frauen in der Bekleidungsindustrie in Asien und Afrika einsetzt. Millionen schuften in der Bekleidungsindustrie in der Dritten Welt, oftmals unter katastrophalen Bedingungen.

Sklavenähnliche Zustände

In den Spinnereien Südindiens zum Beispiel leiden junge, mittellose Mädchen unter einer perfiden Schuldknechtschaft. Ein Vorschuss muss unter sklavenähnlichen Umständen abgearbeitet werden. Statt nach jahrelangen Zwöf-Stunden-Schichten die Mitgift zahlen zu können, bleibt der Lohn oft verwehrt. Die Schritte der textilen Kette sind komplex.

Es gibt keine Kennzeichnungspflicht des Ursprungslandes. Für ein Kleidungsstück fallen oft über 20.000 Kilometer Transportweg an. Es ist schwer nachvollziehbar, wer wo an der Herstellung mitgewirkt hat – und somit auch, welche möglichen Verletzungen der Menschen- und Arbeitsrechte dabei begangen werden.

„Die Stadt stellt sich nun dem entgegen und fordert von den Lieferern der Berufskleidung konkrete Nachweise und Transparenz,“ erläutert Lämmle. Nach den städtischen Gärtnern sollen auch bald die Bademeister Shorts aus fairer Herstellung tragen. Anschließend soll das Projekt auf die Feuerwehr ausgedehnt werden.

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