Schulden wegen Weihnachtsgeschenken Familien können schnell ins Abseits geraten

Bonn · "Arm werden kannst du ganz schnell", sagt Daniela Hoffmann (Name geändert). Vorsichtig überquert die junge Mutter mit ihren drei kleinen Kindern die Kreuzung in einem der Stadtviertel mit der höchsten Arbeitslosenquote in Bonn. Dabei ist Daniela Hoffmann eine ganz normale Ehefrau und Mutter. Und sie gehört mit ihrer Familie noch nicht einmal zu den 27.000 Hartz-IV-Beziehern in Bonn.

 In den Wohnblöcken von Neu-Tannenbusch leben viele Menschen in Armut.

In den Wohnblöcken von Neu-Tannenbusch leben viele Menschen in Armut.

Foto: Barbara Frommann

Der Ehemann steckt noch in der Ausbildung. Daniela Hoffmann hat Abitur gemacht, danach Kauffrau gelernt. Nun kann sie wegen der kleinen Kinder nicht arbeiten gehen. "Wir liegen ganze acht Euro über der Transfer-Leistung, die uns zustehen würde", berichtet die junge Mutter, während sie die Haustür aufschließt. Es gibt also in ihrem Portemonnaie keinen Cent staatlicher Extrahilfe.

Ein trister Block, sauber, aber in schlechtem Zustand. Im Hof liegt ein kaputter Kühlschrank herum. Eine Ecke weiter hocken Kinder auf Beton. Auf einem nahen Balkon sind sichtbar billige Wäschestücke zum Trocknen aufgehängt. In diesen Blocks muss an allem gespart werden. "Wir würden ja gerne in einen anderen Stadtteil umziehen. Aber mit welchem Geld?", fragt Hoffmann.

Von den Fenstern der Familie grüßen bunte, selbstgebastelte Adventssterne. Die junge Mutter versucht, das Beste aus ihrer Situation zu machen. Beim Diakonischen Werk musste sie vor einiger Zeit vorstellig werden, um Hilfe zu erhalten. Die Schulden wuchsen der Familie über den Kopf. Nach einigem Hin und Her kam auch der für sie peinliche Grund heraus: Daniela Hoffmann hatte ihren heranwachsenden Kindern dieses Jahr endlich einmal richtige Weihnachtsgeschenke kaufen wollen. Sie sollten nicht immer schlechter dastehen als ihre kleinen Freunde in Kindergarten und Schule. Durch Online-Kauf hatte sie gehofft, mehr Zeit zum Rückzahlen zu haben.

"Wir beraten die Familie sehr gerne, weil wir sehen, wie sich die Eltern abstrampeln", sagt Andrea Hillebrand, Sprecherin des Diakonischen Werks, zu diesem Fall. Die Armut rücke immer mehr in die Mitte der Gesellschaft, hat der neuste "Bericht zur regionalen Armutsentwicklung 2013" diese Woche formuliert. Auch in Bonn. Auch bei einer ganz normalen Familie. Deutschland sei zerrissen zwischen Arm und Reich, zwischen Chancen und Chancenlosigkeit, so der Paritätische Gesamtverband.

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort