19-Jährige aus Bonn missbraucht Fanzug-Verdächtiger war bereits als Vergewaltiger verurteilt

Bonn · Ein 30 Jahre alter Mann wird verdächtigt, in einem Zug voller Fußballfans eine junge Frau missbraucht zu haben. Jetzt kommt heraus: Er war bereits wegen Vergewaltigung verurteilt und muss noch eine mehrjährige Gefängnisstrafe absitzen.

Der Mann, der in einem Sonderzug für Fußballfans eine junge Frau sexuell missbraucht haben soll, war bereits wegen einer Vergewaltigung rechtskräftig verurteilt. Die Ladung zum Haftantritt sei aber noch nicht erfolgt, sagte Staatsanwalt Benjamin Kluck am Dienstag in Mönchengladbach.

Das Urteil gegen den Verdächtigen - eine Haftstrafe von drei Jahren und drei Monaten - erging demnach am 29. November vergangenen Jahres. „Der Umstand, dass es einen zeitlichen Verzug zwischen rechtskräftiger Verurteilung und Ladung zum Strafantritt gibt, ist grundsätzlich nichts Ungewöhnliches“, sagte Kluck. Wie es sich in dem konkreten Fall verhalten habe, könne er nicht sagen. Das werde derzeit noch geprüft.

Der 30 Jahre alte Verdächtige soll in den nächsten Tagen verhört werden. Er soll eine 19 Jahre alte Frau in einem Zug voller Fußballfans auf der Rückreise vom Spiel Bayern München gegen Borussia Mönchengladbach missbraucht haben. Am Montag hatte er sich in einer Haftanstalt in Nordrhein-Westfalen gemeldet, um wegen einer anderen Straftat eine mehrmonatige Freiheitsstrafe anzutreten. Dabei ging es um eine Strafe wegen Körperverletzung, die ursprünglich zur Bewährung ausgesetzt war. Durch die Verurteilung wegen Vergewaltigung müsse er jetzt aber auch diese Strafe absitzen, sagte Kluck.

Die 19-Jährige aus Bonn konnte laut Polizei inzwischen als Zeugin vernommen werden. Sie hatte den Mann in der Nacht zum Sonntag im sogenannten Tanzwagen des Sonderzugs kennengelernt.

Missbrauch auf einer Zugtoilette

In einem Sonderzug für Fußballfans von Borussia Mönchengladbach, der sich auf der Rückreise vom Auswärtsspiel in München befand, war in der Nacht auf Sonntag eine 19-Jährige aus Bonn auf einer Zugtoilette sexuell missbraucht worden.

Der verdächtige 30-Jährige meldete sich am Montagnachmittag zum Haftantritt aufgrund einer anderen Straftat in einer Justizvollzugsanstalt in Nordrhein-Westfalen. Gleichzeitig habe sein Anwalt bei der Polizei angerufen und gesagt, dass sich sein Mandant zu der Tat in dem Zug nach dem Spiel Bayern München gegen Borussia Mönchengladbach äußern werde. Der Mann habe eine Haftstrafe wegen Körperverletzung zu verbüßen, teilte die Polizei mit. Er gilt, wie der Mönchengladbacher Polizeisprecher Wolfgang Röthgens dem GA bestätigte, als "Problemfan".

Eigentlich sollte der Mann im Laufe des Dienstags befragt werden. Dazu werde es jedoch noch nicht kommen, sagte Röthgens dem GA auf Nachfrage: "Es konnte bisher noch kein Termin mit dem Anwalt des Tatverdächtigen abgestimmt werden." Das 19-jährige Opfer sei inzwischen befragt worden. Zu ihrer Vernehmung und dazu, ob sie den mutmaßlichen Täter identifizieren konnte, wollte die Polizei vorerst nichts sagen.

Verein zeigt sich erleichtert

Borussia Mönchengladbach zeigte sich erleichtert darüber, dass sich der Verdächtige gestellt hatte: "Wir sind froh, dass das jetzt so gekommen ist", sagte ein Sprecher des Vereins.

Die Polizei hatte nach der Tat erfolglos nach dem Verdächtigen gefahndet. "Ein Ordner, der im Zug von dem Vorfall hörte, hat einen Mann fotografiert, den er zuvor mit dem Opfer gesehen hatte", sagte Polizeisprecher Wolfgang Röthgens dem GA. Dieses Foto habe der Ordner dann der Polizei zur Verfügung gestellt. Es sollte der 19-jährigen Bonnerin zur möglichen Identifizierung vorgelegt werden. Sie befindet sich in der Obhut ihrer Eltern, die nicht in Bonn leben, und wird deshalb von der dortigen Polizei befragt.

Gleichzeitig versuchten Beamte mehrfach erfolglos, den Tatverdächtigen an seiner Wohnung in Mönchengladbach anzutreffen. Erst am Nachmittag stellte er sich schließlich.

Wie der Polizeisprecher berichtete, war die 19-jährige Frau gegen 1 Uhr morgens in der Nacht auf Sonntag auf der Zugtoilette Opfer eines Sexualdelikts geworden. Das Opfer hatte anschließend aus dem Zug heraus telefonisch seine Eltern alarmiert, die die Polizei riefen. Im hessischen Flörsheim holten Polizisten die 19-Jährige aus dem Zug, sie wurde befragt, in einer Wiesbadener Klinik untersucht und in die Obhut ihrer Eltern übergeben.

Rund 750 Personen kontrolliert

An jeder folgenden Haltestelle in Hessen, Rheinland-Pfalz und NRW bis zum Endhaltepunkt in Mönchengladbach wurden die Personalien sämtlicher aussteigender Männer festgestellt. Auch in Bonn wurden rund 30 Personen aus dem Fußball-Zug kontrolliert, so der Bonner Polizeisprecher Robert Scholten. Insgesamt sollen rund 750 Personen kontrolliert worden sein.

Wohl erst nach den Kontrollen wurde der Polizei das genannte Foto zugespielt. Laut Wolfgang Röthgens erkannten "szenekundige Beamte" den Verdächtigen. Staatsanwalt Benjamin Kluck bestätigte dem GA, dass der 30-jährige Mann bereits polizeibekannt sei.

Ob er als sogenannter Risikofan gelte, konnten weder Polizei noch Staatsanwaltschaft bisher bestätigen. Insgesamt sollen rund 190 Risikofans an Bord des Sonderzuges gewesen sein.

Die Mönchengladbacher Fanvereinigung FPMG Supportersclub, die die Fahrt allerdings nicht selbst durchgeführt hatte, meldete sich zu Wort und bezeichnete den Vorfall als "absoluten Tabubruch". "Die Fanszene war bisher ein geschützter Bereich, ein einzigartiger Freiraum, der von gegenseitigem Respekt untereinander lebte. [...] Wir verurteilen diese Tat auf das Schärfste und hoffen auf eine schnelle Aufklärung", hieß es.

Der Sonderzug des Schweizer Unternehmens Centralbahn war von einer dem GA namentlich bekannten Einzelperson aus der Mönchengladbacher Fanszene gechartert worden. Der Mieter wollte sich auf Nachfrage nicht äußern: "Wir werden im Augenblick zu dem besonderen Vorfall keine Stellungnahme abgeben", sagte er dem GA. Eine Centralbahn-Sprecherin sagte: "So einen Vorfall hat es bei uns vorher noch nie gegeben." Wenn es an Bord eines gemieteten Zuges etwa Vandalismus durch Fußballfans gebe, sei der Mieter haftbar. Was aber in diesem Fall nun passiere, wisse sie nicht: "Wir stellen nur das Transportmittel. Nun muss die Polizei ermitteln." (Mit Material von dpa)

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort