Nach Angriff in Flüchtlingsheim in Bonn-Muffendorf Fast sechs Jahre Haft für 27-jährigen Messerstecher

Muffendorf · Nach dem tödlichen Messerangriff in einer Bonner Flüchtlingsunterkunft (Ortsteil Muffendorf) hat das Schwurgericht einen 27- Jährigen aus dem Kosovo wegen Totschlags zu fünf Jahren und neun Monaten Haft verurteilt.

Nach Angriff in Flüchtlingsheim in Bonn-Muffendorf: Fast sechs Jahre Haft für 27-jährigen Messerstecher
Foto: Jens Kleinert

Nach zwölf Verhandlungstagen hat das Bonner Schwurgericht am Donnerstag einen 27-jähriger Asylbewerber aus dem Kosovo wegen Totschlags zu fünf Jahren und neun Monaten Haft verurteilt. Weil der Angeklagte unter einer organischen Wesensveränderung leidet, ist die Kammer von einer verminderten Schuldfähigkeit ausgegangen. Der Familienvater hatte am 3. April vergangenen Jahres vor der Flüchtlingsunterkunft in Muffendorf einen 32-jährigen Albaner mit zwei Stichen ins Herz getötet.

"Wer sich in Gefahr begibt, kommt darin um. Das gilt vor allem für das Opfer. Aber auch der Angeklagte, der sich auf die Prügelei eingelassen hatte, muss jetzt die Verantwortung tragen", sagte der Vorsitzende des Schwurgerichts, Josef Janßen, zu Beginn der Urteilsbegründung. Laut Urteil hatten die beiden Männer sich in der Unterkunft wechselseitig denunziert und provoziert. Kurz vor der Tat war es bereits zu einer Prügelei gekommen, bei der der Angeklagte - auf der nahe gelegenen Rigal'schen Wiese - den Kürzeren gezogen hatte und in die Klinik musste.

Am Tattag hatten sich die Heimbewohner zu einer Prügelei vor Flüchtlingsunterkunft verabredet. Janßen: "Die Sache sollte - wie unter Männern - geklärt werden." Ein 30-jähriger Freund des späteren Opfers war mit von der Partie gewesen. "Diesmal hatte der Angeklagte beschlossen, nicht wieder als Verlierer vom Platz zu gehen." Vorsichtshalber habe er sich ein Messer eingesteckt. "Als der Angeklagte bei der Prügelei ins Gebüsch flog und die beiden anderen über ihm waren, zog er das Messer und stach in den Oberkörper des Albaners." Der 32-Jährige soll noch geschrien haben, dass er "geschächtet" werde. Aber jede Hilfe kam zu spät. Er starb noch am Tatort.

Der Angeklagte hatte im Prozess beteuert, dass er sich nur gewehrt habe. Schließlich habe er auch das Messer zufällig im Gebüsch gefunden. Aber diese Version hält die Kammer für "absurd". Der Angeklagte wusste, was auf ihn zukam, er sei vorbereitet gewesen. Janßen: "Wenn jemand heimlich ein Messer bei einer verabredeten Schlägerei einsteckt, weil er vielleicht wieder unterliegt, dann ist das keine Notwehr." Im Gegenteil: "Er bricht zusätzlich noch die Spielregeln." Die Verteidigerin hatte im Plädoyer einen Freispruch gefordert, weil der Angeklagte sich ausschließlich gegen den Angriff gewehrt habe.

Was für den Angeklagten noch schlimmer ist als die Haftstrafe: Wegen seiner der Gefährlichkeit hat die Kammer zudem seine Unterbringung in der geschlossenen Psychiatrie angeordnet. Die hirnorganischen Veränderungen würden ihn unberechenbar machen. Schon vor der Tat sei er wiederholt durch aggressives Auftreten aufgefallen. Auch in der Heimat soll er kein unbeschriebenes Blatt sein. Im Kosovo laufe derzeit noch ein Verfahren, da er im März 2015 den Bürgermeister von Mitrovica die Treppe heruntergestoßen haben soll. Weil er sich ungerecht behandelt fühlte.

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