Festspielhaus Bonn: Die Stunde der Wahrheit schlägt

BONN · Die mögliche Realisierung eines Festspielhauses für Beethoven steht vielleicht vor einem schicksalhaften Tag. Am Donnerstag liegt dem Bonner Rat eine Beschlussvorlage zur Abstimmung vor, die von Oberbürgermeister Jürgen Nimptsch Anfang November vorgestellt und zuletzt im Kulturausschuss kontrovers diskutiert wurde.

 Die beiden Entwürfe für das Bonner Festspielhaus. Oben der des Architekturbüros Hermann & Valentiny, unten der der Architektin Zara Hadid.

Die beiden Entwürfe für das Bonner Festspielhaus. Oben der des Architekturbüros Hermann & Valentiny, unten der der Architektin Zara Hadid.

Foto: Hermann & Valentiny/Zaha Hadid

Seit das Projekt Festspielhaus im April 2010 auf Eis gelegt wurde, haben Telekom und Postbank sich als Bauherren zurückgezogen. Einzig verbliebener Großsponsor ist die Post. Neuen Schub erhalten die Bemühungen um eine Realisierung des Festspielhauses durch die Spendenaktion "5000 für Beethoven" des Präsidenten der IHK-Bonn/Rhein-Sieg, Wolfgang Grießl.

Wir geben an dieser Stelle Antworten auf die wichtigsten offenen Fragen:

Warum ist die Ratsentscheidung so wichtig?
Sowohl der potenzielle Investor Deutsche Post DHL als auch die Spender-Initiative um IHK-Präsident Wolfgang Grießl fordern vom Rat nach jahrelanger Debatte ein klares Bekenntnis zum Neubau – also einen Grundsatzbeschluss, wie ihn die Stadtverwaltung für den 24. November vorgelegt hat.

Im Oktober hatten sich die Fraktionen nur für einen „Konzertsaal“ ausgesprochen, wobei die Standortfrage offen blieb (damit könnte auch ein Ausbau der Beethovenhalle gemeint sein). Ohne Neubau-Votum des Rates droht die Gefahr, dass nach Telekom und Postbank auch die Post und Grießl abspringen. Das wäre das Ende des Projektes.

Wer bezahlt den Neubau?
Im Gegensatz zur Elbphilharmonie in Hamburg würde das Festspielhaus privatwirtschaftlich errichtet. Anders als bei der öffentlichen Hand ist keine europaweite Ausschreibung nötig; Kostensteigerungen tragen die Investoren. Die Sieger-Entwürfe sollten ursprünglich zwischen 84 und 92 Millionen kosten.

Rechnet man gestiegene Baupreise und Umplanungen wegen des neuen Standorts ein, könnten es auch 100 Millionen sein. Geprüft werden soll aber, ob die Planungen abgespeckt werden können. Die Post signalisierte inoffiziell, weiter mit 30 Millionen Euro einsteigen zu wollen. IHK-Chef Grießl hofft, mit seiner Aktion 25 Millionen Euro sammeln zu können.

Die verbleibende Lücke kann wohl nur ein weiterer Konzern als Großsponsor schließen – vielleicht die Deutsche Bank, deren Ex-Vorstand Hermann Josef Abs dem Beethovenhaus eng verbunden war. Die Stadt müsste das Grundstück baureif machen. Sie schätzt die Kosten auf zwölf Millionen Euro, würde Fördergelder beantragen.

Wo liegt das Problem bei den Betriebskosten?
Die Höhe steht laut Kulturdezernent Martin Schumacher nicht fest. Die geplante Betriebsstiftung, für die der Bund als größter Geldgeber (derzeit noch) 39 Millionen Euro reserviert hat, schießt eine jährliche Summe zu (letzter Stand: 1,4 Millionen Euro). Ob das Land NRW wie erhofft jedes Jahr „Projektmittel“ von einer Million Euro zahlen würde, ist dagegen nicht sicher.

Dies sei eine Zusage der alten Landesregierung, erklärt ein Sprecher des Kulturministeriums. Sie habe für den Standort Beethovenhalle gegolten. Da es nun um die Rheinaue gehe, müsse es „weitere Erörterungen“ geben. Die Telekom hat in Aussicht gestellt, das Festspielhaus-Programm als Sponsor zu unterstützen. Knackpunkt ist die Höhe des städtischen Zuschusses, der gedeckelt werden soll – in ungeklärter Höhe. Bevor das Festspielhaus-Projekt auf Eis gelegt wurde, sprach die Verwaltung von jährlich drei Millionen Euro.

Jetzt nennt Dezernent Schumacher Vergleichsgrößen: Das Konzerthaus Dortmund koste fünf Millionen Euro, die Kölner Philharmonie 4,7 Millionen Euro. Für den Bonner Rat ist klar, dass der Zuschuss den Etat nicht zusätzlich belasten dürfe. Tom Schmidt, Fraktionsgeschäftsführer der skeptischen Grünen, sagt deutlich: „Keine neuen Schulden fürs Festspielhaus!“ Das Geld müsste also anderswo gestrichen werden.

Was spricht für die Rheinaue?
Einen Abriss der Oper oder der Beethovenhalle hat die Stadtverwaltung verworfen. Für die Rheinaue spreche die prominente Lage im Ex-Bundesviertel. Sie ist per Auto gut erreichbar, es gibt Tiefgaragen (Post, Deutsche Welle) und eine Haltestelle (600 Meter entfernt). Für Schwarz-Grün ist aber auch ein Ausbau der Beethovenhalle denkbar. Besonders die Koalition verlangt deshalb von der Stadt, die Sanierungs- und Umbaukosten für das Baudenkmal zu ermitteln.

Warum äußert sich die Post nicht zum neuen Standort?
Offiziell erklärt der Konzern nur, „maßgeblich“ zu einem Beethoven-Festspielhaus auf architektonischem und akustischem Weltniveau beitragen zu wollen. Nach der jahrelangen Hängepartie wird sich die Post nach GA-Informationen erst weiter aus dem Fenster lehnen, wenn der Rat nicht nur den Standort beschlossen hat, sondern auch Knackpunkte wie Finanzierung und Konzept geklärt sind.

Die Aufträge dazu will sich die Stadtverwaltung am Donnerstag im Rat abholen: unter anderem für Gespräche mit Geldgebern, einen Businessplan und die Gründungsvorbereitungen für die Betriebsstiftung. Doch besonders CDU und Grüne beharren darauf, vor diesen aufwändigen Schritten müsse die Post erst offiziell der Rheinaue zustimmen. Bleiben beide Seiten hart, droht auch an dieser Stelle das Aus des Projektes.

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