Kommentar Festspielhaus-Debatte - Bauen für Beethoven

Die Geschichte eines Festspielhauses für Bonn und für Beethoven ist lang, fast schon ein Fall für Festspielhaus-Historiker. Die ersten Spuren der Vision sind bereits im Jahr 2001 nachweisbar. Damals brachte der Bonner Kulturrat mit Blick auf Beethovens 250.

Geburtstag 2020 die Idee eines Festspielhauses auf den Tisch. Es entwickelte sich eine bemerkenswerte Dynamik, gespeist aus bürgerschaftlichem Engagement, der Unterstützung von Bund, Land, Rhein-Sieg-Kreis sowie den Unternehmen Sparkasse Köln-Bonn, Deutsche Post DHL, Postbank und Telekom.

Stararchitekten wie Zaha Hadid brachten sich mit spektakulären Entwürfen für einen Konzertsaal ein. Zum anderen wurden immer wieder kritische Stimmen laut, im Zentrum einer hochemotionalen Debatte stand die Beethovenhalle, deren möglicher Abriss die Gemüter erregte. Im April 2010 schien dem Projekt das Totenglöcklein zu läuten. Damals entschieden der Bonner Oberbürgermeister Jürgen Nimptsch und die potenziellen Geldgeber und Bauherren Post, Telekom und Postbank, das Projekt "vorerst nicht weiter zu verfolgen". Von da an lag es nach offiziellem Sprachgebrauch auf Eis; es schien sich dabei um eine Bonner Variante ewigen Eises zu handeln.

Was folgte, war eine unerwartete Eisschmelze: Ins Werk gesetzt von Bürgern, die an der Idee eines Hauses festhielten, das Bonn in der Champions League der Kulturstädte etablieren würde; unterstützt vom Bonner Unternehmen Post, das sich damit nachhaltig zu seinem Standort bekennen würde. Ein Festspielhaus verpflichtet. Im Rat der Stadt wird das Projekt seit jeher kontrovers diskutiert - Grüne und Linksfraktion sind erklärte Gegner -, aber immer wieder haben sich die Politiker zum Festspielhaus bekannt.

Dabei haben sie alle Steine umgedreht, offene Fragen debattiert und problematisiert. Das ist nach den Erfahrungen mit dem WCCB ein Zeichen von Intelligenz und Verantwortung. Am Montag steht eine wichtige Entscheidung im Rat an. Als Frage formuliert: Stellt die Stadt ein Grundstück neben der Beethovenhalle zur Verfügung, auf dem die Post und weitere private Bauherren auf eigene Kosten ein Beethoven-Festspielhaus errichten können? Ein Ja würde keinen Automatismus in Gang setzen, die Realisierung des Projekts hinge von weiteren Überprüfungen durch den Rat ab. Ein Nein aber würde aller Voraussicht nach das Aus fürs Projekt programmieren.

Der Charme des Verfahrens liegt in seiner Transparenz. Die Stadt arbeitet mit seriösen Partnern, deren Einsatz für die Kultur ein ökonomisches Fundament hat. Es gilt, die Fakten zu prüfen, abzuwägen und zu entscheiden. Dabei müssen die Ratsmitglieder den Preis mitdenken, der für die Bereitstellung des Grundstücks und den Betrieb des Festspielhauses zu bezahlen wäre. Im Fall des Grundstücks hat die Stadt gerechnet: Sie will ihren Kostenanteil auf 4,4 Millionen Euro deckeln. Die restlichen rund vier Millionen Euro sollen als Fördermittel kommen

Ihre Entscheidung kann den Volksvertretern niemand abnehmen. Sie müssen, jenseits aller belastbaren Daten, über eine kühne Idee abstimmen, deren Erfolg sich erst in der Zukunft wird überprüfen lassen. Es gehört Mut dazu, Visionen zu verwirklichen. Beethoven, um den es hier geht, ist mit Herausforderungen gewachsen.

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