Trainingsfahrt durch Bonn Wie Falschparker immer wieder Rettungswege der Feuerwehr blockieren

Bonn · Wer sein Auto in Feuerwehrzufahrten oder auf Parkverbotsflächen abstellt, riskiert nicht nur ein Knöllchen, sondern kann damit auch andere Menschen in Lebensgefahr bringen. Etwa, wenn die Feuerwehr nicht durchkommt.

Mit dem 16-Tonner gibt es für Marco Lichti kein Vorbeikommen an einem falsch parkenden Pkw im Wendehammer einer Straße in Tannenbusch.

Mit dem 16-Tonner gibt es für Marco Lichti kein Vorbeikommen an einem falsch parkenden Pkw im Wendehammer einer Straße in Tannenbusch.

Foto: Benjamin Westhoff

„Im Ernstfall müssen wir in acht Minuten mit der Löscheinheit am Einsatzort sein“, sagt Frank Frenser von der Feuerwehr Bonn. Zu einer Einheit gehören zwei große Löschfahrzeuge und ein Lkw mit Drehleiter. Sind Personen betroffen, kommen weitere Fahrzeuge hinzu. Genau da liege das Problem, erklärt der Fachmann. Enge Gassen und Falschparker würden es den Rettungskräften schwer machen, schnell zum Brandort zu gelangen. „Besonders die Kreuzungsbereiche in der Altstadt sind heikel. Hier ist es wichtig, dass niemand falsch parkt.“ Zu groß sei der Wenderadius der Feuerwehrfahrzeuge, die ohne Spiegel ganze 2,50 Meter in der Breite messen.

Damit die Feuerwehr für den Ernstfall vorbereitet ist, wird regelmäßig trainiert. Alle zwei Wochen macht sich ein Löschfahrzeug begleitet vom Ordnungsamt auf den Weg durch die engen Straßen der Stadt. Jedes Mal ist ein anderer Bezirk an der Reihe. Wenn der Trupp wie heute in den Abendstunden durch die Wohngebiete fährt, stehen viele Anwohner an ihren Fenstern oder kommen auf die Straße, um zu fragen, ob etwas passiert ist. Frenser: „Wir wollen niemandem Angst machen, aber es geht darum, zu sensibilisieren.“

Gestartet wurde an diesem Dienstagabend in Tannenbusch, der Stadtteil mit den meisten Einsätzen. Auf die Lage der Straßen bezogen seien auch Buschdorf, die Süd- und Altstadt sowie der alte Ortskern von Muffendorf problematisch. „Hier ist es sowieso schon eng. Es besteht die Gefahr, dass wir uns festfahren“, sagt Frenser.

Am Steuer des 16-Tonners

Einer, der damit täglich konfrontiert ist, ist Marco Lichti. Er sitzt heute am Steuer des 16-Tonners. Obwohl er jegliche Einsatzfahrzeuge schon seit vielen Jahren souverän fährt, stehen ihm immer wieder die Schweißperlen auf der Stirn. „Bei vorbeugenden Fahrten wie heute haben wir keinen Zeitdruck. Bei einem Einsatz sieht das anders aus“, erzählt er. Sich mit dem großen Löschfahrzeug an falsch parkenden Autos vorbeizuquetschen koste viel Zeit. Zeit, die im Ernstfall ausschlaggebend für die Rettung sein kann.

Lichti: „Geradeaus komme ich meist durch, notfalls über den Bordstein, problematisch ist allerdings das Wenden. Mein Wenderadius ist immer gleich.“ Frenser ergänzt: „Wenn wir im Ernstfall mit der Drehleiter nicht an das betroffene Haus kommen, müssen wir die Menschen anders retten.“ In der Regel könnten die Einsatzkräfte die auf den Fahrzeugen mitgeführten, tragbaren Leitern bis zum zweiten Obergeschoss nutzen. Höher gehe es jedoch meist nicht ohne Drehleiter. „Die Alternative ist dann nur das Sprungtuch. Das ist nicht die angenehmste Sache“, so Frenser.

Als die Einsatzfahrzeuge die Schneidemühlerstraße in Tannenbusch erreichen, wird erkennbar, wovon Frenser und Lichti sprechen. Am Ende der Straße, im Wendehammer, herrscht eigentlich ein Halteverbot, dennoch steht hier ein großer Audi. Für das Feuerwehrauto gibt es kein Durchkommen. Nach zehn Minuten des Wartens, ob der Halter des Fahrzeugs vielleicht doch noch kommt, startet Lichti das Martinshorn: „Manchmal lässt das die Falschparker aufhorchen.“

Falschparken kostet bis zu 100 Euro

Doch nichts passiert. Melanie Esser vom Ordnungsamt, die die Tour begleitet, kontaktiert ihre Kollegen, um den Halter des Fahrzeugs ausfindig zu machen. Sollte er direkt in der Straße wohnen, würde sie bei ihm klingeln. Da das jedoch nicht der Fall ist, ruft sie den Abschleppdienst und stellt ein Knöllchen aus. „Das Ordnungsamt ist bei solchen Fahrten immer dabei, damit wir Vergehen sofort ahnden“, sagt sie. Für den Audifahrer würden 25 Euro anfallen. Hinzu käme die Gebühr für den Abschleppdienst. Diese sei je nach Tageszeit unterschiedlich hoch. Esser: „Wir haben es gegen sieben, das dürften 98 Euro sein.“

Während sie den Fall dokumentiert, eilt eine junge Frau zum Auto. Aufgeregt erklärt sie, dass sie nur kurz hier geparkt hätte. Esser kennt Ausreden wie diese. „Viele beschweren sich auch über die schlechte Parksituation im Umfeld. Dennoch: Sicherheit geht vor.“ Lichti pflichtet ihr bei. Er habe Verständnis für beide Seiten, unterstreicht jedoch, dass ein Menschenleben immer das höhere Gut sei. „Im Notfall muss ich durchkommen.“ Dabei kann es im Ernstfall auch vorkommen, dass er ein Auto rammt. Er empfiehlt allen Autofahrern, beim Parken immer die Spiegel einzuklappen.

Die junge Audifahrerin muss für das regelwidrige Parken heute rund 90 Euro hinlegen. Esser: „Sie hat Glück, dass sie gerade gekommen ist. So wird sie nicht abgeschleppt, sondern darf wegfahren.“ Die Anfahrtsgebühr für den Abschleppdienst muss die Frau dennoch zahlen.

Pkw werden immer breiter

An dieser Stelle kommt Michelle Hoffmann von der Verkehrslenkung ins Spiel. Sie begutachtet die Beschilderung der betroffenen Stelle. „Der Fall ist eindeutig. Alle Straßenschilder sind korrekt aufgestellt“, sagt sie und deutet auf die Halteverbotszeichen am Beginn des Wendehammers. „Sollte das nicht der Fall sein, mache ich mir Notizen und wir entscheiden später auf Grundlage der Straßenverkehrsordnung, ob wir die Beschilderung deutlicher kennzeichnen müssen.“ Im Verlauf des Abends wird sie noch einige Fälle aufnehmen und beispielsweise aus einem Parkverbot in einer anderen Straße in Tannenbusch, wo die Situation ähnlich ist, ein absolutes Halteverbot in einem Wendehammer machen.

Weiter geht es durch Buschdorf in Richtung Poppelsdorf. Besonders die enge Poppelsdorfer Allee in Richtung Schloss ist eine Herausforderung für Lichti. „In den vergangenen Jahren sind die Autos immer breiter geworden“, sagt er und zeigt auf einen Kia-SUV, dessen linke Seite weit in die Straße hineinreicht. Auch, weil das Fahrzeug mit viel zu großem Abstand vom Bordstein parkt.

 Die Poppelsdorfer Alle zählt zu den engsten Straßen in Bonn.

Die Poppelsdorfer Alle zählt zu den engsten Straßen in Bonn.

Foto: Benjamin Westhoff
An grenzwertigen Stellen wird nachgemessen.

An grenzwertigen Stellen wird nachgemessen.

Foto: Benjamin Westhoff
 Marco Litschi manövriert das Tanklöschfahrzeug durch Buschdorf.

Marco Litschi manövriert das Tanklöschfahrzeug durch Buschdorf.

Foto: Benjamin Westhoff
 Kein Durchkommen für die Feuerwehr in Poppelsdorf.

Kein Durchkommen für die Feuerwehr in Poppelsdorf.

Foto: Benjamin Westhoff

Immer wieder kommt deshalb die kleine Kolonne an diesem Abend zum Stehen. Das Ordnungsamt verhängt Verwarngelder und lässt schwere Fälle abschleppen. Während es in der Südstadt heute weitgehend möglich ist, durch die engen Straßen zu fahren, stockt es in der Altstadt erneut. Frenser: „Das ist sicher einer der schönsten Orte in Bonn, aber auch der kniffligste.“ Besonders hier sei die Feuerwehr auf die Mithilfe der Anwohner angewiesen, sich exakt an die gekennzeichneten Parkplätze zu halten. Das könne im Ernstfall Menschenleben retten.

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