Diskussion zur Zukunft Bonns Forscher: Beethoven löst Probleme nicht

Bonn · Oberbürgermeister Ashok Sridharan hat einer breiten gesellschaftlichen Diskussion über die zukünftige Positionierung der Stadt Bonn eine Absage erteilt. Der Stadtentwicklungsforscher Claus C. Wiegandt empfahl der Bonner Politk: „Mit Beethoven lösen wir unsere Probleme nicht.“

Die geringe Beteiligung bei der Bürgerwerkstatt zum Viktoria-Karree einerseits, der große Zuspruch zur Gestaltung des neuen Kombi-Bades andererseits sprächen für eine kleinteilige und fallbezogene Beteiligung der Bürgerschaft bei anstehenden Entscheidungen, sagte der Bonner OB am Donnerstagabend bei einer Diskussion über Zukunftsperspektiven Bonns.

Auf Einladung der Bonner Akademie für Forschung und Lehre praktischer Politik (BAPP) loteten Vertreter von Bund, Land, Wissenschaft und Kommune im Uniforum aus, ob Beethoven als geeigneter Markenkern für eine zukünftige Stadtentwicklung tragfähig genug sei. In der lebhaften Diskussion, die GA-Chefredakteur Helge Matthiesen moderierte, liefen die Positionen erkennbar weit auseinander. Während Sridharan eingangs erneut auf den bekannten Vielklang aus Beethoven, Universität, zweitem Regierungssitz, IT-Sicherheit, Internationalität und UN setzte, wollten die weiteren Diskutanten Bonn in Verbindung mit Beethoven vor allem als herausragende Kulturstadt positioniert sehen.

Sowohl die Zahl der Einrichtungen und Institutionen, als auch deren Qualität seien ein Alleinstellungsmerkmal, sagte Günter Winands, Amtschef der Bundesbeauftragten für Kultur und Medien. Dabei übernehme der Bund von der Überarbeitung der Dauerausstellung im Beethovenhaus bis hin zur Erweiterung des Macke-Hauses immer wieder eine Führungsrolle. 250 Millionen Euro flössen pro Jahr aus der Bundeskasse nach Bonn. Winands forderte eigene Impulse von Stadt und Land ein und betonte den Standortfaktor Kultur auch für die Schaffung neuer Arbeitsplätze in der Region.

Annette Storsberg, Staatssekretärin im NRW-Ministerium für Kultur und Wissenschaft, empfahl ein Leitbild, das Kultur und Wissenschaft unter dem Aspekt der Nachhaltigkeit zusammenfasse. Gerade internationale Organisationen lobten die hohe Lebensqualität in Bonn, die sowohl durch verstärkte Anstrengungen für eine nachhaltig wirtschaftende Stadtgesellschaft als auch durch hochkarätige Kutlur- und Sportangebote noch gesteigert werden könne. Stadtentwicklungsforscher Claus C. Wiegandt empfahl erneut eine umfassende Leitbild-Debatte. Er erhofft sich davon eine Entkrampfung der langjährigen Frontstellungen bei neuen Projektideen wie Seilbahn, Festspielhaus oder Oper. „Mit Beethoven lösen wir unsere Probleme nicht“, gab er der Politik auf den Weg.

Von großen und kleinen Karos war in der Folge viel die Rede - von großen Ideen und kleinkarierter Rosinenpickerei, aber auch vom Kleinstadtcharme, den Bonn gerade auf viele internationale Gäste ausübe. In der offenen Diskussion landeten die Diskutanten dann schnell auf dem Boden der Tatsachen: Eine Stadtführerin berichtete, sie müsse mangels öffentlicher Toiletten ihre Gäste inzwischen „in die Büsche schicken“. Ein Student fragte, was an der von Sridharan angekündigten Parkplatz-App für die Innenstadt nachhaltig sei. Und ein Zuhörer älteren Datums raunte zum Thema Zukunftsfähigkeit für die junge Generation: „Bonns größte Disco ist ja im Hauptbahnhof an Gleis 1 – Richtung Köln.“

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