Ausgrabungen in Bonn Frage der Finanzierung entzweit Stadt und LVR

BONN · Zwischen der Stadt Bonn und dem Amt für Bodendenkmalpflege des Landschaftsverbands Rheinland (LVR) ist aktuell ein Streit darüber entbrannt, wer die archäologischen Grabungen bezahlen muss.

Der Streit entzündete sich im Vorfeld des Ausbaus der Marie-Kahle-Gesamtschule in Castell. Sie steht auf dem Eckgrundstück Augustusring/Graurheindorfer Straße, also mitten auf dem Gelände, auf dem früher das Römerlager stand. Wer an solchen geschichtsträchtigen Orten baut und deswegen gräbt, der muss vorher die Archäologen nach Bodendenkmälern suchen lassen. Bislang galt in diesen Fällen das Verursacherprinzip. Sprich, derjenige, der bauen möchte, übernimmt auch die Grabungskosten, das wäre im Falle der Marie-Kahle-Schule eindeutig die Stadt Bonn.

Seit einem Urteil des Oberverwaltungsgerichts (OVG) Münster von September 2011 galt dieses Prinzip jedoch nicht mehr. Das Gericht stellte fest, dass es für das Verursacherprinzip gar keine juristische Grundlage gibt. Da laut Artikel 18 der nordrhein-westfälischen Landesverfassung Bodendenkmalschutz Landessache ist, musste in der Folge der LVR als zuständige Behörde zahlen.

Zwischen LVR und Stadt bestand bislang auch Einvernehmen, wer welchen Kostenanteil für die Grabungen auf dem Gelände des Römerlagers übernimmt. 260.000 Euro sollen die Grabungen nach Informationen des GA kosten.

Doch derzeit ist fraglich, ob die Grabungen und damit die Bauarbeiten wie geplant beginnen können. Denn der LVR hat seine Zusage zurückgezogen. Der Grund: Der nordrhein-westfälische Landtag arbeitet an einem Gesetzesentwurf, der das bisher gültige Verursacherprinzip auch juristisch festzurrt.

Noch vor der Sommerpause könnte es verabschiedet werden. Damit würde die gängige Praxis vor dem Urteilsspruch des OVG Münster wiederhergestellt - zu Gunsten des LVR. Und mit Hinweis auf dieses Gesetz stellt sich die Behörde nach Informationen des GA jetzt quer. Auch das Angebot der Stadt Bonn, die Grabungen vorzufinanzieren und über die Aufteilung der Kosten nach der Gesetzesänderung erneut zu sprechen, soll die Behörde demnach abgelehnt haben.

Auf Anfrage des GA bestätigen Stadt und LVR, dass es wegen des Streits Gespräche auf höchster Ebene zwischen Oberbürgermeister Jürgen Nimptsch und der LVR-Direktorin Ulrike Lubek gegeben hat. Ergebnis: "Die Stadt finanziert vor, und Stadt und LVR werden nach endgültiger Klärung der Rechtslage eine Verständigung herbeiführen", so der stellvertretende Stadtsprecher Marc Hoffmann. Eine Verzögerung bei der Baumaßnahme Marie-Kahle-Schule wird es laut Hoffmann mit dieser Regelung nicht geben.

Erst am Dienstag hatte NRW-Bauminister Michael Groschek (SPD) erklärt, dass die Landeszuschüsse für Bau- und Bodendenkmalpflege in diesem Jahr um zwei Millionen Euro auf 9,3 Millionen Euro gekürzt werden. "Das bedauern wir sehr", sagte am Mittwoch Marc Hoffmann. Mit dieser Ankündigung sei zu befürchten, dass künftig noch höhere Kosten auf Bauherren zukommen.

Marie-Kahle-Schule:
Nach Angaben der Stadt Bonn wird bei der Maßnahme zunächst der Neubau der Nordschule (Grundschule) in Angriff genommen. Die Schule ist in den Osterferien 2013 in ein provisorisches Containergebäude umgezogen. Demnächst sollen die maroden Varielgebäude der Nordschule abgerissen werden.

Darunter befindet sich das archäologische Grabungsfeld I (Nordschule). Mit den Grabungen soll im Herbst 2013 begonnen werden. Danach beginnen die Bauarbeiten für den Neubau der Nordschule. Parallel wird noch in diesem Jahr im Grabungsfeld II (Erweiterungsbau Gesamtschule, ehemaliger Bolzplatz) begonnen. Derzeit werden die Planungen des Projekts laut Stadt intensiv fortgesetzt.

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