Fall vor dem Bonner Landgericht Frau verlangt Schadensersatz von hilfsbereitem Nachbarn

Bonn · Bei Elektroarbeiten gab es eine Verpuffung. Die Nachbarin, die die Arbeiten als Gefälligkeit von einem pensionierten Elektroniker annahm, verklagt den 75-Jährigen auf Schadensersatz. In der Berufungsverhandlung einigten sich beide Parteien auf einen Vergleich.

 Ein pensionierter Elektriker aus Bonn, der sich mit kleineren Arbeiten seine Rente aufbesserte, musste sich bereits das zweite Mal vor Gericht verantworten.

Ein pensionierter Elektriker aus Bonn, der sich mit kleineren Arbeiten seine Rente aufbesserte, musste sich bereits das zweite Mal vor Gericht verantworten.

Foto: picture alliance / dpa/Peter Steffen

Nach seinem Ruhestand hatte der heute 75-Jährige keine Lust, sich auf die faule Haut zu legen, auch konnte der gelernte Elektroniker ein kleines Zubrot gebrauchen: So wurde der Rentner – vor allem in seiner Nachbarschaft – ein Mann für alle praktischen Fälle. Bei den einen führte er Malerarbeiten aus, mit anderen ging er auf Möbelsuche oder wie in dem vorliegenden Fall: Für eine Nachbarin, mit der er sich freundschaftlich verbunden fühlte, war er für eine kleine Entschädigung bereit, in ihrem Drei-Parteien-Haus drei Stromzwischenzähler einzubauen. Als er jedoch Anfang Februar 2020 ans Werk ging, gab es einen Knall. Durch die Verpuffung gerieten drei Geräte im Haus in Mitleidenschaft, auch mit der Freundschaft war es schnell vorbei.

 Denn die Nachbarin hat den hilfsbereiten Rentner vor dem Bonner Amtsgericht auf Schadensersatz verklagt: Durch seine unzureichenden Arbeiten sei ihre Heizung stillgelegt gewesen, in der Etage, die ihr Sohn bewohnte, ein Beamer defekt und im Dachgeschoss ein Zwei-Platten-Herd. Insgesamt 1246 Euro forderte sie von dem Mann, der ihr bereits seit 2018 regelmäßig für kleines Geld – mal 40, mal 50 Euro oder auch für ein Bierchen – zur Hand ging. Der Rentner jedoch wehrte sich: Denn die Ursache für den Knall sei nicht sein Fehler, sondern eine uralte Leitplatine sei defekt gewesen. So war die Heizungs-Platine durchgeknallt, als er nach seinen Elektroarbeiten den Strom im Haus wieder angestellt hatte.

Einen Handwerkervertrag gab es nicht

 Das Amtsgericht Bonn hatte die Klage im April 2021 in erster Instanz abgewiesen: Einen Handwerkervertrag habe es zu keinem Zeitpunkt gegeben, hieß es im Urteil, der Rentner habe – für eine kleine Entschädigung – nur einen Gefallen tun und sich erkennbar nicht rechtlich binden wollen. Damit hafte der Beklagte nicht für den entstandenen Schaden. Nicht zuletzt hatte auch die Heizungsinstallationsfirma, die den Schaden behoben hat, die Version des Rentners bestätigt: Der Knall sei durch eine Überspannung der Sicherung ausgelöst worden, die nicht auf das Verhalten des Beklagten zurückzuführen sei.  

 Die Nachbarin jedoch wollte den Streitfall nicht auf sich beruhen lassen, ging in die Berufung vor das Landgericht – und stieß hier auf mehr Verständnis. Denn die 5. Zivilkammer hatte Zweifel, ob es sich bei den Handreichungen des Rentners um reine Gefälligkeitsarbeiten handelte. Auch müsste zur Aufklärung ein Sachverständiger eingeschaltet werden, ob der Ruheständler nicht doch einen Fehler gemacht hat und entsprechend eine fahrlässige Haftung vorliegt. Um den ganzen Rechtsstreit nicht weiter eskalieren (und noch teurer) werden zu lassen, schlugen die Richter einen Vergleich vor, dem schließlich – ohne Handschlag – zugestimmt wurde. Jetzt teilen sich die Parteien den Schaden: jeweils 623 Euro und die Prozesskosten. (AZ: Landgericht Bonn 5 S 79/21)

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