Bewährungsstrafe für „Stealthing“ Freier zog in Bonn Kondom heimlich ab

Bonn · Ein 34-jähriger Mann wurde vom Amtsgericht Bonn wegen sogenanntem „Stealthing“ zu einer Bewährungsstrafe von acht Monaten verurteilt. Unter Stealthing versteht man das heimliche Abstreifen eines Kondoms bei ansonsten einvernehmlichem Sex.

 In Bonn ist ein Freier zu einer Bewährungsstrafe verurteilt worden, nachdem er beim Sex heimlich das Kondom abzog.

In Bonn ist ein Freier zu einer Bewährungsstrafe verurteilt worden, nachdem er beim Sex heimlich das Kondom abzog.

Foto: Benjamin Westhoff/Nicolas Ottersbach

Der neudeutsche Terminus des sogenannten „Stealthing“ (von englisch stealth wie List, Verstohlenheit, Heimlichtuerei) dürfte den Wenigsten ein Begriff sein: Man versteht darunter das heimliche Abstreifen eines Kondoms bei ansonsten einvernehmlichem Sex. Am Bonner Amtsgericht wurde im Februar in einem der ersten dahingehenden Strafverfahren ein 34-jähriger Mann wegen sexuellen Übergriffs zu einer Bewährungsstrafe von acht Monaten verurteilt, weil er auf dem Bonner Straßenstrich genau das getan hatte. Gegen das Urteil hatte der Mann zunächst Berufung eingelegt; nun hat er das Rechtsmittel zurückgenommen und das Urteil ist damit rechtskräftig.

Die Tat geschah am 8. April 2019: Offenbar hatte der Verurteilte nach einem ausgiebigen Besuch des Bonner Eros-Centers noch nicht genug und sah sich auf dem benachbarten Straßenstrich nach weiteren Abenteuern um. Gegen halb zwölf Uhr nachts vereinbarte er mit einer damals 34-jährigen Prostituierten den Beischlaf in einer der vor Ort aufgestellten sogenannten Verrichtungsboxen. Gegen Zahlung von 30 Euro sollte der Verkehr auf der Motorhaube seines Wagens stattfinden.

Die Polizei nahm den Mann am folgenden Tag vorläufig fest

Ob dabei direkt vereinbart worden war, dass die sexuelle Dienstleistung mit Kondom stattfinden sollte, konnte das Schöffengericht allerdings nicht mehr klären. Jedenfalls schenkte es der Aussage der Geschädigten Glauben, dass sie dem Freier das Kondom selber übergestreift habe. Damit habe sie auch unmissverständlich klar gemacht, dass alle folgenden Handlungen selbstverständlich nur geschützt hätten stattfinden sollen.

Das sah der Verurteilte aber offenbar nicht ein und entfernte das Kondom unbemerkt. Erst, als sich die Frau nach vollbrachter Leistung wieder umwandte, entdeckte sie, dass ihr Kunde das Präservativ heimlich entfernt hatte. Darüber geriet sie derart in Wut, dass sie ihn anschrie und ihm eine schallende Ohrfeige verabreichte. Schnell zog der Mann sich wieder an und suchte das Weite. Geistesgegenwärtig machte die Geschädigte aber noch ein Foto samt Kennzeichen vom Wagen des flüchtenden Freiers und wandte sich sofort an die Polizei. Die nahm den Mann am folgenden Tag vorläufig fest.

Vor Gericht stritt der Angeklagte das von der Frau skizzierte Geschehen grundsätzlich nicht ab, man habe das aber zuvor so vereinbart, sagte er aus. Das wertete das Gericht allerdings als bloße Schutzbehauptung. „Das Abziehen eines Kondoms gegen den erkennbaren Willen des Partners stellt eine Straftat dar“, hatte Amtsrichter Tobias Gülich den Angeklagten seinerzeit wissen lassen. Nach seiner Überzeugung stelle es einen sexuellen Übergriff dar, weil sich der Tatbestand deutlich vom Regelfall einer Vergewaltigung abhebe. Offenbar sah die Verteidigung zuletzt keine Chance, dass das ein zweitinstanzlicher Richter anders sehen könnte und zog ihre Berufung zurück.

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