Schlaglöcher in Bonn und der Region Für mehr als Flickschusterei fehlt das Geld

BONN/Region · Der Winter hat Spuren auf den Straßen in Bonn und der Region hinterlassen. Die Stadt Bonn investiert in diesem Jahr 1,5 Millionen Euro in das Verkehrsnetz. Im Siebengebirge droht mächtig Stau.

 Der Straßenbelag auf dem Augustusring.

Der Straßenbelag auf dem Augustusring.

Foto: Benjamin Westhoff

Kaum ist der Frühling da, sprießen die Straßenbaustellen wie die Krokusse aus dem Boden. Dabei ist die Region dieses Mal gut durch den Winter gekommen. „Es ist nicht überdurchschnittlich viel kaputt gegangen“, sagt der Leiter des Bonner Tiefbauamts Peter Esch. Doch seit Jahren gibt es Sanierungsstaus, die sich durch fehlendes Geld für Investitionen weiter verschärfen. Für die Kommunen bedeutet das, Mängel zu verwalten. Während der Rhein-Sieg-Kreis erst im Mai loslegt, die Straßen zu überprüfen, wird in Bonn laufend kontrolliert. In der Bundesstadt gibt es sogar einen Masterplan, der jeden Monat aktualisiert wird. Auf Staus und Verkehrsbehinderungen müssen sich die Autofahrer dennoch einstellen.

„Dass sich die Schäden in Grenzen gehalten haben, hängt mit den Temperaturen zusammen“, erklärt Esch. Entscheidend sei nicht, wie kalt es gewesen sei, sondern wie oft der Boden gefroren war und wieder aufgetaut ist. Denn dadurch gefriert auch das Wasser in den kleinsten Rissen der Straßen und sprengt sie förmlich auf, weil Eis sich ausdehnt. Je öfter das passiert, desto schneller entstehen Schlaglöcher. „Dort, wo viel Verkehr rollt, kann der Asphalt so binnen weniger Tage aufreißen.“

Wöchentliche Kontrollen

Wenn plötzlich für den Verkehr gefährliche Schlaglöcher entstehen, rücken die Straßenbauer in Bonn auch kurzfristig aus. Das ist vor allem bei Fahrradwegen der Fall. „Fährt ein Auto über ein solches Loch, ist das unangenehm. Für den Radler kann es aber einen Sturz bedeuten“, sagt Esch. Die Hauptverkehrsadern wie die Bundesstraße 9 werden deshalb wöchentlich kontrolliert, kleinere Wege seltener.

Grundsätzlich gilt: Erst wenn die Kälteperioden Schnee von gestern sind, werden die Straßen saniert. Das hat mehrere Gründe, die das Thema recht kompliziert machen. So kompliziert, dass Esch weiter ausholen muss. „Zum einen haben wir ein Lieferantenproblem“, erklärt er. Im Winter stehen viele Asphaltwerke still, weil sie Bitumen nicht verarbeiten können. Das Material muss ständig heiß gehalten werden und kann von den städtischen Tiefbauern nicht gelagert werden. Folglich wird es für die Kommunen schwieriger, an den Bodenbelag zu kommen. Und wenn, dann zu höheren Preisen - was zu einem viel gravierenden Punkt führt. „Es ist kein Geld für die Straßen da“, sagt Esch.

Die Sanierungsstaus sind so weit fortgeschritten, dass er davon spricht, nur noch den aktuellen Zustand erhalten, ihn aber nicht verbessern zu können. „Eine verkehrssichere Straße ist noch lange nicht gut.“ Im Bonner Haushalt wurden nicht nur die Mittel für Sportstätten und Soziales gekürzt, sondern auch das Budget für das Verkehrsnetz. 1,5 Millionen Euro hat Esch dieses Jahr zur Verfügung. Nötig wäre das Dreifache. Aus diesem Topf werden aber nicht nur die Straßen, sondern auch deren Beleuchtung bezahlt. „An denen können wir aber nicht sparen, also fällt alles auf die Straßen zurück“, sagt Esch.

Auch der Landesbetrieb Straßen, der alle Autobahnen, Bundes- und Landesstraßen in Nordrhein-Westfalen plant, baut und betreibt, ist nicht zu beneiden. Wie er es macht, macht er es falsch. Werden Schlaglöcher und schadhafte Stellen einfach nur ausgebessert, wird ihm Flickschusterei vorgeworfen. Macht er sich aber an die grundsätzliche Sanierung, dann ist das auch nicht gut, denn meist bedeutet das für Autofahrer und andere Verkehrsteilnehmer Umwege, Staus und Behinderungen. Beobachten lässt sich das derzeit in Königswinter, wo man einerseits froh ist, dass endlich etwas passiert, sich anderseits aber geradezu von Baustellen umzingelt sieht. In zumindest fünf Maßnahmen ist der Landesbetrieb involviert, und auch die Stadt baut:

Autobahn 3: Die größte Baustelle im Rechtsrheinischen: Bis 2025 wird der Abschnitt zwischen dem Kreuz Heumar und der Anschlussstelle Bad Honnef/Linz saniert. 40 Kilometer Fahrbahn und 45 Brücken werden komplett erneuert.

Landstraße 331: In und rund um die nächsten Sommerferien will der Landesbetrieb die L 331 zwischen Königswinter-Altstadt und Ittenbach sanieren – mithin den Hauptzubringer in den Königswinterer Bergbereich und zur A 3. Die 5,2 Kilometer lange Strecke wird täglich von rund 13 200 Autofahrern genutzt, und im Berufsverkehr staut es sich dort schon heute. Da die Fahrbahndecke nach Jahren des Ausbesserns komplett erneut werden muss, wird man zumindest um einseitige Sperrungen nicht herumkommen. Die Detailplanungen stehen allerdings noch aus.

Landstraße 143: Ebenfalls saniert wird die L 143 durch Königswinter-Uthweiler. Obwohl Landesstraße, hat die Stadt den Hut auf; dem Landesbetrieb fehlt das Personal. Wann dort Baubeginn ist, ist unklar.

Bundesstraße 42: Ebenfalls auf dem Plan steht eine teilweise Sanierung der Tunnel in Dollendorf, anvisiert ist hier der Herbst als Baubeginn. Allerdings stehen die Bauwerke, die nicht mehr den heutigen Sicherheitsstandards entsprechenden, immer mal wieder auf der To-do-Liste des Landesbetriebs, ohne bisher abgearbeitet worden zu sein.

Landstraße 490: Und dann ist auf Königswinterer Gebiet noch der geplante Krötentunnel unter der L 490 bei Vinxel – damit wäre die zweite Berg-Tal-Verbindung betroffen. Ob und wann er gebaut wird, steht in den Sternen. Bleibt zu hoffen, dass die Maßnahmen zumindest zeitlich abgestimmt werden, besonders, weil ab Herbst mit der Cäsariusstraße eine der wichtigsten Nord-Süd-Achsen in Königswinter wegen Kanalbaus gesperrt sein wird.

Komplexer Masterplan

Ehe die Kreisstraßen auf etwaige Straßenschäden aus der kalten Jahreszeit hin überprüft werden, wird noch etwas Zeit vergehen. Wie Anja Roth von der Pressestelle des Rhein-Sieg-Kreises auf Anfrage mitteilt, erfolgt eine Überprüfung erst im Mai: „Dann hat sich der Untergrund konsolidiert, das heißt, etwaige frostverursachte Schädigungen sind zu Tage getreten.“ Dann sei eine visuelle Befahrung des gesamten Streckennetzes geplant. Das umfasst per Stichtag 1. Januar exakt 259,515 Kilometer und offenbart an so manchen Stellen Sanierungsbedarf. Um diesen zu erfassen, führt der Kreis eine permanent fortgeschriebene Mängelliste. Deren neun Seiten umfassende, aktuellste Version aus August bis September 2016 zeigt, dass unter anderem auf der K 4 in Königswinter, der K 32 in Windeck, der K 43 in Lohmar, der K 35 in Much, der K 53 in Meckenheim sowie auf der K 65 in Rheinbach zwingende Instandsetzungen erforderlich sind. An vielen weiteren Stellen sind zudem geringe bis größere Schäden verzeichnet.

Der Bonner Masterplan ist noch etwas komplexer. Insgesamt gibt es rund 300 Maßnahmen, die miteinander koordiniert werden müssen. Das wirkt sich auch auf den Zeitpunkt einer Sanierung aus. „Es wäre ja Quatsch, eine Straße neu zu machen, wenn wir sie ein Jahr später wieder für einen Kanal aufbaggern“, erklärt Peter Esch. Deshalb gibt es regelmäßige Koordinierungsgespräche mit den Stadtwerken und Unternehmen wie der Telekom.

Für Esch hat vor allem aber eins Priorität: Den Verkehr nicht zum Erliegen kommen zu lassen. Deshalb müssen beispielsweise die Umleitungsstrecken frei sein, wenn der Bad Godesberger Tunnel gewartet wird. Man bemühe sich sogar um jede kleine Verbesserung. Das geht so weit, dass bei der vergangenen Sanierung der Nordbrücke vermehrt Fähren eingesetzt wurden – obwohl die nur einen winzigen Bruchteil der Fahrzeuge auffangen konnten. „Ehrlich gesagt ist der Verkehr in Bonn ausoptimiert“, sagt Esch. Soll heißen: Staus sind unvermeidlich. Zum Beispiel dann, wenn auf der A 565 der Tausendfüßler ab 2020 neu gebaut wird. Oder in den kommenden Jahren der Bereich um den Hauptbahnhof und die Südüberbauung umgestaltet wird. „Was uns noch bleibt, ist die Verkehrsteilnehmer mit Staukarten und Routenempfehlungen zu informieren“, sagt Esch.

Wo in der Bundesstadt gebaut wird, darüber informiert die Stadt auf www.bonn.de/@baustellen

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