AI-Infostand auf Kaiserplatz in Bonn Fußball-WM sorgt bei Bonnern für gemischte Gefühle

Bonn · Unter dem Motto „Fußball JA. Ausbeutung NEIN“ hat Amnesty International am Samstag am Bonner Kaiserplatz über die Missstände bei den Vorbereitungen der Fußball-WM in Katar informiert. Und wie stehen die Bonner zu der WM?

 Am Samstag hatte die Ortsgruppe von Amnesty International unter dem Motto „Fußball JA. Ausbeutung NEIN“ einen Info-Stand am Bonner Kaiserplatz errichtet.

Am Samstag hatte die Ortsgruppe von Amnesty International unter dem Motto „Fußball JA. Ausbeutung NEIN“ einen Info-Stand am Bonner Kaiserplatz errichtet.

Foto: Niklas Schröder

In acht Tagen startet die Fußball-Weltmeisterschaft in Katar. Große Vorfreude will bei den Bonnern aber nicht aufkommen. Viele blicken mit gemischten Gefühlen auf die WM. Eigentlich sieht sich Lara regelmäßig die Welt- und Europameisterschaften an – in diesem Jahr macht die 23-Jährige aber eine Fußballpause. „Wegen der Menschenrechtsverletzungen in Katar will ich das nicht gucken. Dann schaue ich lieber eine Serie auf Netflix“, sagt die Bonnerin. Viele ihrer Freunde wollen sich dem Boykott anschließen. Alime (27) findet deutliche Worte: „Wir boykottieren Katar. Die FIFA macht den Fußball kaputt – die sind halt käuflich und wir müssen zuschauen“, ärgert sich der 27-Jährige.

Jasper und Jakob sind noch unentschlossen, denn beide sind große Fußballfans, unterstützen wollen sie die Weltmeisterschaft aber nicht. „Ich finde es nicht vertretbar und werde wahrscheinlich nur die Deutschlandspiele schauen“, sagt Jasper. Jakob fügt hinzu: „Aus ideologischer Sicht sollte man am besten nicht den Fernseher anmachen. Aber am Ende werden wir wahrscheinlich dann doch in eine Bar gehen“, so der 20-Jährige.

Ohne die Arbeitskräfte aus Asien und Afrika wäre die Fußball-Weltmeisterschaft in Katar 2022 nicht möglich gewesen, erklärt Amnesty International in einer Mitteilung. „Sie haben die Infrastruktur unter menschenunwürdigen Arbeitsbedingungen errichtet, die in einigen Fällen mit Zwangsarbeit gleichgesetzt werden können“, heißt es weiter. Laut der Menschenrechtsorganisation würden Todesfälle nicht untersucht und Entschädigungen blieben aus. „Während die FIFA große Profite erzielt, erfolgt die Auszahlung des Mindestlohns von umgerechnet 247 Euro im Monat oft unregelmäßig, verspätet oder gar nicht“, so Jamil Balga-Koch, Sprecher von Amnesty International Bonn-Koblenz. „In vielen Fällen werden Reisepässe einbehalten und Gewerkschaften dürfen nicht gegründet werden. Als Menschenrechtsorganisation fordern wir Entschädigungszahlungen für erlittene Rechtsverletzungen an Arbeitsmigranten sowie die Einrichtung eines Zentrums für ausländische Arbeitskräfte von der FIFA und der katarischen Regierung“, so Balga-Koch weiter.

In der Bonner City Unterschriften gesammelt

Am Samstag hatte die Ortsgruppe unter dem Motto „Fußball JA. Ausbeutung NEIN“ einen Info-Stand am Bonner Kaiserplatz errichtet. Passanten konnten mit ihrer Unterschrift die Entschädigungsforderungen von Amnesty International unterstützen und durch ein Foto ihre Solidarität mit den Betroffenen bekunden. „Die Aktualität des Themas sorgt für mehr Aufmerksamkeit bei den Menschen“, sagte Menschenrechtsaktivistin Nina. Man erhalte von den Passanten viel Zuspruch. „Die Leute interessiert das Thema und wir führen viele Gespräche.“

Menschenrechtsverletzungen in Katar werden derzeit auch in einer Fotoausstellung im Foyer des Stadthauses dokumentiert. „The Forgotten Team“ ist dort bis zum 17. November ausgestellt. Laut Veranstalter rückt das fotografische Erzählprojekt des Künstlers Mohamed Badarne das Leben der asiatischen und afrikanischen Arbeitsmigranten in den Mittelpunkt, die den Grundstein für die FIFA-Fußball-Weltmeisterschaft 2022 in Katar gelegt haben. Damit möchte der Fotograf den betroffenen Arbeitsmigranten ein Gesicht geben und auf Menschenrechtsverletzungen aufmerksam machen. Im Laufe von fünf Jahren, zwischen 2017 und 2022, besuchte Badarne mehrmals Katar und Nepal, um sich mit Arbeiten und ihren Familien zu treffen und ihre Geschichten festzuhalten.

Bonns Oberbürgermeisterin Katja Dörner sagte bei der Ausstellungseröffnung: „Ich freue mich sehr, dass wir die beeindruckende Fotoausstellung von Mohamed Badarne bei uns im Stadthaus zeigen können. Sie schafft Aufmerksamkeit für ein Thema, das mir nicht nur als Oberbürgermeisterin, sondern auch persönlich sehr am Herzen liegt: die Menschenrechtsverletzungen an Arbeitsmigranten während der Vorbereitungen für die Fußball-WM in Katar.“ Sie wünsche sich, dass möglichst viele Bonner die Ausstellung besuchen und „sich vielleicht sogar der Kampagne von Amnesty International, in deren Rahmen sie stattfindet, anschließen“.

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