Bonner Arbeitsgericht Gebäudemanagement patzt bei Bewerberauswahl

Bonn · Ein Schwerbehinderter fühlte sich nach einer Bewerbung beim Städtischen Gebäudemanagement diskriminiert und klagte vor dem Bonner Arbeitsgericht. Das gab ihm Recht: Der städtische Betrieb muss dem 37-Jährigen 6000 Euro Entschädigung zahlen.

Bonner Arbeitsgericht: Gebäudemanagement patzt bei Bewerberauswahl
Foto: dpa

Ein 1a Wirtschaftsabitur, eine Ausbildung zum Industriekaufmann und dann noch erfolgreich ein Jurastudium samt Referendariat absolviert: Da sollte der beruflichen Karriere eines 37-Jährigen aus Göttingen, der zudem einige Jahre als Immobilienmakler tätig war, nichts im Wege stehen. Doch als er sich auf eine öffentlich ausgeschriebene Stelle beim Gebäudemanagement (SGB) der Stadt Bonn bewarb, erlebte er einen Reinfall: Obwohl schwerbehindert, wurde er noch nicht einmal zum Vorstellungsgespräch eingeladen. Der 37-Jährige verklagte deshalb die Stadt auf Zahlung von 14 000 Euro als Entschädigung.

Der Jurist – inzwischen als Anwalt zugelassen – macht bei der Verhandlung am Montagvormittag im Arbeitsgericht Bonn aus seiner Verärgerung keinen Hehl. In seiner Klage beruft er sich auf das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz (AGG), nach dem Schwerbehinderte, die sich auf Stellen im öffentlichen Dienst bewerben, bei entsprechender Eignung auf jeden Fall zu einem Vorstellungsgespräch eingeladen werden müssen. Am meisten wurme ihn, dass man ihm seitens des SGB schriftlich erklärt habe, er sei unqualifiziert. „Das kann man bei meinem Werdegang nun wirklich nicht sagen.“ Vielmehr sei der Job für ihn wie auf den Leib zugeschnitten. Immerhin geht es um eine gut dotierte Position vergleichbar mit einer Amtsleiterstelle.

Die Gegenseite räumt ein, eine Panne bei der Übertragung der Daten des Bewerbers habe dazu geführt, dass der Göttinger nicht eingeladen worden sei. „Wir hatten 28 Bewerber, darunter inklusive des Klägers vier Schwerbehinderte“, sagt der SGB-Vertreter. Die anderen drei seien alle zum Vorstellungsgespräch eingeladen worden. Sie seien deutlich schlechter qualifiziert gewesen als der Kläger. Wenn die Panne nicht passiert wäre, hätte man den 37-Jährigen selbstredend ebenfalls eingeladen. „Wir wollten Sie nicht diskriminieren. Das war eine Verkettung unglücklicher Umstände“, entschuldigt sich die Beklagtenseite.

Sie gibt außerdem zu, der Bewerber sei „generell natürlich nicht unqualifiziert“. Diese Einordnung habe sich lediglich auf seine geringe Erfahrung als Führungskraft bezogen. Auch fehle ihm kaufmännisches Know-how als eine weitere wesentliche Voraussetzung für den Job, in dem der Stelleninhaber vor allem für den Wirtschaftsplan des SGB zuständig sei. „Aber das habe ich doch gelernt“, sagt der Kläger sichtlich erstaunt und beruft sich erneut auf seinen Werdegang.

Auch der Kammervorsitzende zeigt sich vom Vortrag der Beklagten wenig überzeugt. „Die Nichteinladung zur Vorstellung ist nach dem AGG auf jeden Fall ein Indiz für Diskriminierung“, sagt er. Sein Vorschlag zur Güte: Das SGB zahlt dem Kläger rund 6000 Euro und die Sache ist vom Tisch. Nach kurzer Beratung stimmen beide Parteien zu. Laut Pressamt der Stadt Bonn ist die Stelle inzwischen besetzt – mit einem externen Bewerber.

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