Umfrage an Kliniken Zahl der Geburten in Bonn geht nach Spitzenjahr deutlich zurück

Bonn · Im Vergleich zu dem besonders geburtenstarken Jahr 2021 kamen im vergangenen Jahr in Bonn 7,7 Prozent weniger Mädchen und Jungen zur Welt. Ein Trend, der sich wahrscheinlich fortsetzen wird.

 Im vorigen Jahr sind in Bonner Kliniken 6279 Babys geboren worden.

Im vorigen Jahr sind in Bonner Kliniken 6279 Babys geboren worden.

Foto: dpa/Michael Reichel

Für Hanna und Daniel Feyen hat das neue Jahr mit einem wunderbaren Ereignis angefangen. Die frischgebackenen Eltern halten ihren Sohn Oskar auf der Wöchnerinnenstation des Universitäts-Klinikums Bonn (UKB) in den Armen. Die Namensgebung fiel den beiden Schweden-Fans aus Bonn-Röttgen leicht. Zufälligerweise war die Familie von Hanna Feyen gerade dabei, im schwedischen Oskarshamn ein Ferienhaus zu erstehen, als die Nachricht von der Schwangerschaft eintraf.

„Uns war immer klar, dass wir ein Kind haben wollen“, sagt Hanna Feyen, die von Beruf Hausärztin ist. Ihr Mann ergänzt: „Hanna übernimmt die Hausarztpraxis von ihrem Vater. Wir haben ein schönes Häuschen in Röttgen gefunden. Uns fehlt es an nichts. Und jetzt kommt das Glück dazu."

 Hanna und Daniel Feyen mit ihrem Sohn: Oskar hat im Universitätsklinikum das Licht der Welt erblickt.

Hanna und Daniel Feyen mit ihrem Sohn: Oskar hat im Universitätsklinikum das Licht der Welt erblickt.

Foto: Michael Reinhard

Mit der Geburt ihres ersten Kindes haben der 37-jährige Verlagsmitarbeiter und seine Frau dem Trend etwas entgegengesetzt. Denn im vergangenen Jahr war die Zahl der Geburten in Bonn rückläufig.

Einer internen Umfrage unter den Bonner Krankenhäusern zu Folge kamen 2022 in den Kliniken 6279 Babys zur Welt, wie die Direktorin für Geburtshilfe und pränatale Medizin am UKB, Professorin Brigitte Strizek, berichtet. Der Geburtenrückgang beläuft sich damit auf 7,5 Prozent im Vergleich zum Jahr 2021, in dem 6969 Kinder in Bonn geboren wurden – was allerdings ein Ausreißer nach oben war. Eine Übersicht, wie viele Kinder in welchem Bonner Krankenhaus geboren wurden, finden Sie hier.

Noch nicht mit eingerechnet ist dabei die Zahl der Hausgeburten und der in den Geburtshäusern geborenen Säuglinge. Berücksichtigt man beides und bezieht die Zahl der im Ausland geborenen Kinder der Bonner Familien mit ein, sind laut Standesamt für das 2022 insgesamt 6794 Geburten zu verzeichnen. Im Vergleich zum Vorjahr kamen demnach 2022 etwa 7,7 Prozent weniger Kinder zur Welt.

Familien reagieren auf Corona-Pandemie

Allerdings war 2021 außergewöhnlich geburtenstark. „Wenn man sich die vergangenen zehn Jahre anschaut, hatten wir in Deutschland einen Anstieg der Geburtenzahlen“, sagt Strizek. Die Gründe unterscheiden sich jedoch stark, wenn man auf die Landes- und die Kommunalebene schaut. Das statistische Landesamt verzeichnet für NRW eine kontinuierliche Erhöhung der Geburtenrate in den Jahren 2011 bis 2016, die sich ab 2017 bei ungefähr 170.000 Neugeborenen im Bundesland einpendelte.

Das Ausreißerjahr 2021 hatte 175 386 Geburten und ein Wachstum von 3,1 Prozent im Vergleich zum Vorjahr. Nachdem viele Ehepaare im ersten Coronajahr 2020 ihre Familienpläne aufgeschoben hätten, sei im Folgejahr ein Nachholeffekt in NRW und ganz Deutschland zu beobachten, ist sich Strizek sicher. Laut dem Bundesamt für Statistik könne dies vor allem auf die relativ stabile Lage am Arbeitsmarkt in Verbindung mit der besonderen Situation während der Coronapandemie beim Zeitpunkt der Zeugung zurückgeführt werden.

Wie die Einflussfaktoren, die bei der Geburtsrate eine Rolle spielen, zu gewichten sind, sei bisher aber unklar, unterstreicht UKB-Professorin Strizek: „Diese Entwicklung unterliegt zu vielen Einflussfaktoren, als dass man sie auf einen einzigen Faktor zurückführen könnte.“

Von dieser positiven Entwicklung hin zu mehr Geburten sei aber bereits erwartet worden, dass sie zu ihrem Ende komme, so die Medizinerin. Der Grund: Die Zahl der Frauen im gebärfähigen Alter sinkt. Zumindest spricht einiges dafür, dass mittel- und langfristig die Geburtenrate sinken wird. Der Zuzug aus dem Ausland scheint daran wenig zu ändern.

Geburtenrate der Bonner Familien stagniert ein Jahrzehnt lang

Auf lokaler Ebene stellt sich der Anstieg der Geburtenrate in den letzten zehn Jahren jedoch anders dar. Zwar wurden in der Stadt Bonn mehr Kinder geboren, allerdings liegt dies unter anderem an der Schließung vieler Geburtsstationen im Rhein-Sieg-Kreis. Viele Ehepaare aus dem Umland kamen zur Entbindung in die Bundesstadt, was zur erhöhten Geburtenzahl führte. Die Geburtenrate der Bonnerinnen stieg zwischen 2011 und 2022 nur unwesentlich. Laut Landesamt für Statistik stagniert die Zahl des Bonner Nachwuchses für diesen Zeitraum bei etwa 3300 Neugeborenen pro Jahr und sank letztes Jahr auf 3110 Babys.

Auch die Auslastung der Geburtsstationen in Bonn ist leicht rückläufig, was die Kliniken wirtschaftlich aber nicht entlasten dürfte. „Die Finanzierung der Vorhaltekosten für die Geburtshilfe ist nicht kostendeckend. Das lässt sich auch an der seit Jahren stark rückläufigen Zahl an geburtshilflichen Abteilungen in Deutschland ablesen“, betont Daniela Kreuzberg, die kaufmännische Direktorin der GFO-Kliniken.

Ähnlich sieht es Brigitte Strizek, die sich aber optimistisch zeigt, dass die Politiker die Finanzierung der Geburtshilfe sowie der Kinder- und Jugendmedizin in den Griff bekommen. Nach wie vor könne jeder Frau eine Entbindung garantiert werden. In Spitzenlastzeiten werden aber offenbar auch immer wieder Schwangere wegen Überlastung abgewiesen, wie Betroffene dem GA im vergangenen Jahr berichteten. Mütter mussten dann unter Wehen nach einem freien Kreißsaal suchen.

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