Erinnerungskultur in Bonn Gedenktafel für Bonner Sinti und Roma ist zurück

Bonn · Nach fast sieben Jahren ist die Gedenktafel für Bonner Sinti und Roma, die von den Nazis deportiert und ermordet wurden, an ihre ehemalige Stelle am Bahnhofsvorplatz zurückgekehrt. Schuld an der langen Wartezeit waren unter anderem die Arbeiten für die neuen Geschäftshäuser dort.

Enthüllen die Tafel zum Gedenken an die von den Nazis ermordeteten Bonner Sinti und Roma:  Bezirksbürgermeister Jochen Reeh-Schall (SPD), Oberbürgermeisterin Katja Dörner (Grüne) und Roman Franz (rechts).

Enthüllen die Tafel zum Gedenken an die von den Nazis ermordeteten Bonner Sinti und Roma: Bezirksbürgermeister Jochen Reeh-Schall (SPD), Oberbürgermeisterin Katja Dörner (Grüne) und Roman Franz (rechts).

Foto: Jan-Oliver Nickel

Im Oktober 2016 wurde wegen Bauarbeiten rund um den Bahnhofsvorplatz eine Gedenktafel für Sinti und Roma aus Bonn abgebaut. Mit ihr wird seit 1999 den Bonner Sinti und Roma gedacht, die von 1938 bis 1945 Opfer des nationalsozialistischen Völkermords wurden. Jetzt ist die Tafel wieder zurückgekehrt und hängt an einem freistehenden Findling zwischen den U-Bahn-Treppenabgängen auf dem Bahnhofsvorplatz.

Erinnerungskultur in Bonn : Gedenktafel für Bonner Sinti und Roma ist zurück
Foto: Jan-Oliver Nickel

Der Landesverband Deutscher Sinti und Roma NRW hatte sich lange dafür eingesetzt, dass die Gedenktafel wieder angebracht wird. Vorsitzender Roman Franz sagte: „Der Einsatz für Demokratie ist die Grundlage dafür, Mehrheit und Minderheit näher zueinander zu bringen.“ In den 30er Jahren hätten rund 100 Sinti in Bonn, nur etwa die Hälfte überlebte die NS-Zeit. Mit ihm enthüllten Oberbürgermeisterin Katja Dörner (Grüne) und Bezirksbürgermeister Jochen Reeh-Schall (SPD) die Tafel.

Dörner entschuldigte sich stellvertretend bei Franz dafür, dass die Wiederanbringung der Tafel so lange gedauert habe. Es sei 2016 versäumt worden, „für die Übergangszeit der Bauarbeiten einen würdigen Ort für die Gedenktafel zu finden“, sagte sie. Laut Philipp Hoffmann, Leiter des Zentrums für Stadtgeschichte und Erinnerungskulturen, sei es im Vorfeld nicht absehbar gewesen, dass sich der Bauprozess so lang hinziehen würde. Andernfalls hätte man einen Interims- oder Alternativstandort gesucht, so Hoffmann. „Wir sind hier im öffentlichen Raum. Es war gewünscht, dass die Tafel wieder in die Nähe kommen sollte, wo sie vorher angebracht war“, sagte er. Daher habe man für eine dauerhafte Installation auf den Abschluss der Bauarbeiten warten müssen. Auch der Weg über die entsprechenden Gremien der Stadt habe gedauert.

Emotionales Erinnern

In seiner Rede ging Franz auf die Gräuel des Völkermords an Sinti und Roma durch die Nationalsozialisten ein, bei dem schätzungsweise 500.000 Sinti und Roma ermordet wurden. Erst 1982 wurde der Völkermord in Deutschland anerkannt. Der Standort des Denkmals hat für Franz den Vorzug, dass er zentral gelegen ist. „Hier kommen viele Leute vorbei, die schauen, was das ist", sagte er. So werde die Inschrift gelesen. Es gehe darum, die breite Bevölkerung anzusprechen.

Dörner merkte an, dass die Diskriminierung von Sinti und Roma nach 1945 nicht beendet ist. „Der Völkermord an den Sinti und Roma wurde in der Nachkriegszeit von der Mehrheitsgesellschaft jahrzehntelang geleugnet und nicht selten wissentlich und willentlich übersehen und ignoriert“, sagte sie. Sinti und Roma würden heute noch etwa im Zugang zum Wohnungs- und Arbeitsmarkt oder auch im Bildungssystem diskriminiert, so Dörner.

Alle Beteiligten hoffen, dass die Tafel dazu beitrage, die Verbrechen der Nazis an den Bonner Sinti und Roma in das öffentliche Bewusstsein zu bringen und das Interesse an der Geschichte und Kultur der Sinti und Roma zu wecken. Solange Sinti und Roma nicht als gleichberechtigt wahrgenommen und behandelt würden, seien alle gemeinsam verpflichtet, „für ein Miteinander auf Augenhöhe und im gegenseitigen Respekt für sie einzutreten“, betonte Dörner.

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