Kommentar zu Stolpersteinen Gegen das Vergessen

Meinung | Bonn · Darf die Erinnerung gewissermaßen mit Füßen getreten werden? Das fragt sich GA-Volontärin Nathalie Dreschke angesichts der neuerlichen Stolperstein-Verlegung in Bonn. Auf der anderen Seite ist das Erinnern so nicht an Öffnungszeiten gebunden.

 Besucher der Zeremonie haben eine Rose am frisch verlegten Stolperstein niedergelegt.

Besucher der Zeremonie haben eine Rose am frisch verlegten Stolperstein niedergelegt.

Foto: Benjamin Westhoff

Der Gedanke hinter der Verlegung von Stolpersteinen ist simpel: Sie sollen verhindern, dass NS-Opfer vergessen werden, und die Erinnerung an ihr Schicksal aufrechterhalten. Doch tun sie das wirklich? In Anbetracht der Tatsache, dass Menschen tagtäglich achtlos über die kleinen, goldenen Stolpersteine laufen, können Zweifel aufkommen. Die wenigsten schenken den Steinen eine angemessene Beachtung.

Doch auch über die Effektivität von Alternativen lässt sich streiten. Große Gedenktafeln an Friedhöfen und ganze Ausstellungen in Gedenkstätten haben den Vorteil, dass sie nicht so leicht übersehen werden können wie Stolpersteine. Aber wie oft werden diese Ausstellungen besucht?

Rund 6500 Besucher zählte die Bonner Gedenkstätte im vergangenen Jahr. Insgesamt wurden 70 Führungen organisiert, 52 für Schüler und 18 für Erwachsene. Das Interesse daran scheint nach der Schulzeit zu sinken. Zurückzuführen sind die Besucherzahlen auf die Öffnungszeiten der Gedenkstätte. Und genau dort beginnt das Problem: Das Erinnern darf nicht an Öffnungszeiten gebunden sein.

An dem Punkt stellen die Stolpersteine trotz aller Zweifel eine gute Lösung dar. Auch wenn Passanten über die Stolpersteine laufen oder Abfall auf ihnen landet: Sie sind ein Blickfang – 365 Tage im Jahr. Sie sorgen dafür, dass zumindest manche Menschen stehen bleiben, aufmerksam werden, die Namen der Opfer lesen, über die Vergangenheit nachdenken.

Während der Schulzeit steht die Auseinandersetzung mit der NS-Zeit noch auf dem Lehrplan. Damit haben Schüler die Möglichkeit, das Schicksal von Zeitzeugen nachzuvollziehen. Doch auch für nachfolgende Generationen sollten die Opfer ein Gesicht bekommen. Es gehört zu den Aufgaben unserer Gesellschaft, dass sie mehr bleiben als nur ein Eintrag in einem Geschichtsbuch.

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