Preisgekrönte Jugendbühne in Geldnot Bonner Theater Marabu ruft um Hilfe

Beuel · Die freie Kulturszene steckt in der Kostenkrise: Kaum ist das Junge Theater mit Geld aus den Kassen von Oper und Schauspiel gerettet, schlagen die Theatermacher aus der Brotfabrik Alarm.

 Das Ensemble des Theaters Marabu in Aktion. Ein Balanceakt ist auch die Finanzplanung der Bühne, die vor 30 Jahren gegründet wurde.

Das Ensemble des Theaters Marabu in Aktion. Ein Balanceakt ist auch die Finanzplanung der Bühne, die vor 30 Jahren gegründet wurde.

Foto: Ursula Kaufmann

Den Marabus steht das Wasser bis zum Hals. Die preisgekrönte Kinder- und Jugendbühne in der Beueler Brotfabrik kämpft mit steigenden Kosten. In einem Schreiben ans Kulturamt und die Ratsfraktionen warnen die Theatermacher vor drastischen Einschnitten ins Marabu-Programm im nächsten Jahr, wenn sie keine zusätzliche Unterstützung bekommen. Das könne den gesamten Spielbetrieb gefährden. Doch schnelle Hilfe ist nicht in Sicht.

Corona-Hilfen laufen aus

„Wir können nicht mehr mithalten“, sagte Claus Overkamp, der das Theater Marabu zusammen mit seiner Frau Tina Jücker vor genau 30 Jahren gegründet hat, dem GA am Mittwoch. Nicht nur die Nebenkosten für Büros und Theatersaal mit rund 100 Plätzen in der Brotfabrik an der Kreuzstraße (Miete zahlt die Stadt) seien um rund 50 Prozent gestiegen. Vor allem die bundesweit eingeführten Mindestgagen für die Künstler bringen die Jugendbühne in Bedrängnis – ebenso wie andere freie Kulturträger. „Bisher konnten wir das über die Corona-Hilfen ausgleichen, aber die laufen im Juni aus“, so Overkamp.

Die GbR, mit der das Ehepaar das Theater betreibt, beschäftigt nach seinen Angaben eine Dramaturgin, eine Theaterpädagogin sowie einen Techniker und arbeitet mit zwei Dutzend freien Künstlern zusammen. Die Stadt schießt 70.000 Euro im Jahr zu, das Land NRW weitere 80.000 Euro. Die Truppe hat zwölf Stücke im Angebot, absolviert viele Gastspiele außerhalb Bonns und räumt immer wieder Auszeichnungen ab – zuletzt im April den Marburger Kinder- und Jugendtheaterpreis für „Splash!“. In Bonn gibt Marabu pro Spielzeit 100 bis 120 Vorstellungen bei einem Eintrittspreis von fünf Euro. Hält die finanzielle Krise an, geht Overkamp davon aus, dass es ab nächstem Jahr nur noch halb so viele Vorstellungen sein werden. Das schwäche die Position des Theaters Marabu in der Bonner Kulturlandschaft.

Stadttheater soll mit Marabu kooperieren

Aktueller Anlass für den Brandbrief an die Kommunalpolitiker ist der Kooperationsvertrag zwischen dem städtischen Theater und dem Jungen Theater Bonn (JTB). Das JTB, mit 40 Beschäftigten unter noch größerem Druck als die Marabus, erhält demnach aus den hochsubventionierten Kassen des Generalintendanten Bernhard Helmich Geld und Sachleistungen im Umfang von rund 500.000 Euro im Jahr. Außerdem sind gemeinsame Projekte beider Häuser geplant. Im Ratsbeschluss zu diesem Vertrag ist auch – etwas vage – von einer Kooperation mit dem Theater Marabu die Rede. Zusätzliches Geld bekommen Overkamp und sein Team aber nicht. Das gemeinsam mit dem Stadttheater produzierte Stück „Genauso, nur anders“ ist für sie zwar ein schöner Erfolg. „Finanziell rettet es uns jedoch nicht“, unterstrich Overkamp. Jetzt sei es Aufgabe des Rates, Lösungen für die freie Kulturszene insgesamt zu finden.

Das mahnten im Kulturausschuss am Dienstagabend auch CDU und SPD an. „Es besteht die Gefahr, dass uns Institutionen wegbrechen und Vielfalt verloren geht“, erklärte Helmut Redeker von den Sozialdemokraten. Kulturamtsleiterin Susanne König spielte den Ball allerdings kühl zurück. Während der Haushaltsberatungen in den vergangenen Monaten habe ihr Amt „um jeden Euro“ gekämpft. Inzwischen hat das Ratsbündnis aus Grünen, SPD, Linken und Volt den Doppelhaushalt einschließlich der Zuschüsse an die freien Träger für 2023 und 2024 längst beschlossen – da rührt sich also vorerst nichts mehr. Der Etat liegt der Bezirksregierung Köln zur Genehmigung vor.

Dem Kooperationsvertrag zwischen Helmich und dem Jungen Theater stimmte der Kulturausschuss am Dienstag mit breiter Mehrheit bei Enthaltung des Bürger Bundes zu. Dabei gehe es um mehr als nur Geld, betonte der Generalintendant. „Das künstlerische und strukturelle Zusammenwachsen ist ein Prozess, der gerade erst begonnen hat.“ Was das Marabu angehe, laute der Ratsbeschluss, die Theatermacher aus der Brotfabrik „in angemessener Weise einzubeziehen“.

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